Anamnese
Eine 42-jährige Patientin bemerkte vor 4 Jahren subkutane Knoten gluteal beidseits,
nachdem sie hier im Rahmen einer Fertilitätsbehandlung hormonhaltige Präparate appliziert
hatte. Nun treten neue, größenprogrediente, schmerzhafte Knoten auf, ohne erneute
Injektionen.
Klinischer Befund
Gluteal beidseits: einzelne Indurationen, multiple, subkutane, schlecht verschiebliche,
druckdolente Knoten.
Sonografie
Mindestens 40 scharf begrenzte, überwiegend echoarme Raumforderungen. In der direkten
Umgebung Hyperperfusion, die Knoten selber weisen keine Perfusion auf.
Histologischer Befund
Im subkutanen Fettgewebe Darstellung zahlreicher zystischer Strukturen, in der Umgebung
sowie in den Bereichen, in denen die Läsionen rupturiert sind, kommt ein dichtes Infiltrat
zur Darstellung.
Abb. 1 a Sonografie: echoarme Raumforderung; b Histologie: zystische Strukturen mit dichtem Infiltrat.
Abb. 2 a Histologie HE: Fremdkörperriesenzellen um Fremdmaterial; b Fremdmaterial in bindegewebig begrenzten Pseudozysten (ohne echte Zystenwand).
Wie lautet die Diagnose?
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Auflösung
Diagnose: Pseudozystische Fremdkörperreaktion (Lipogranulom) nach oberflächlicher Autoinjektion
ölhaltiger Hormonpräparate mit dem Wirkstoff Progesteron.
Kommentar: Sogenannte Lipogranulome (oder nach injizierter Substanz benannt als Oleome, Paraffinome
etc.) treten gehäuft bei Patienten aus der Bodybuilderszene (Muskelaugmentation) oder
bei genitalkosmetischen Laienanwendern (Penisparaffinome) auf [1]
[2]. Neben diesen sind jedoch auch Patienten betroffen, die selbsttätig ölhaltige Medikamente
applizieren. Im vorliegenden Fall wurde Progesteron gelöst in Öl verwendet, das aufgrund
der starken Schmerzhaftigkeit subkutan statt intramuskulär appliziert wurde.
Treten Lipogranulome auf, kommt es unmittelbar bis 6 Monate nach Injektion zur „initial
inflammatorischen Phase“ (histologisch: Fremdkörperriesenzellen). Nach einer bis zu
Jahre dauernden Latenzphase kommt es in der Spätphase zur Pseudozystenbildung, histologisch
charakterisiert durch bindegewebig begrenzte Hohlräume sowie häufig ein umgebendes
Infiltrat aus Makrophagen und Fremdkörperriesenzellen. Dies erklärt, warum die Beschwerden
so spät auftraten. Der eventuell sehr lange Zeitraum zwischen Injektion und klinischen
Beschwerden muss bei der Anamnese und der Suche nach dem Auslöser berücksichtigt werden
[3].