Z Orthop Unfall 2012; 150(01): 13
DOI: 10.1055/s-0032-1305963
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Skaphoidfrakturen – Operieren – ja oder nein?

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Publication History

Publication Date:
16 February 2012 (online)

 
 

Ob bei akuten Skaphoidfrakturen die konservative oder operative Therapie bessere Ergebnisse bringt, das wollten Symes et al. herausfinden.
A systematic review of the treatment of acute fractures of the scaphoid. J Hand Surg E 2011; 36: 802–810

Studiendesign

Die Autoren entwickelten ein sensitives Instrument zur Suche randomisierter Kontrollstudien in der medizinischen Literatur und durchsuchten MEDLINE, EMBASE, die Cochrane Library und TRIP mit dem Schlüssselwort "Skaphoid". Eingeschlossen wurden randomisierte oder quasi- randomisierte Studien zu Patienten mit akuten Skaphoidfrakturen, die entweder die operative Therapie mit konservativer Therapie verglichen oder verschiedene Castkonfigurationen und verschiedene Ruhigstellungsdauern miteinander verglichen. Ausgeschlossen wurden nicht- randomisierte Studien oder Behandlungen von Skaphoidpseudarthrosen. Die Daten wurden mit einem erprobten Bewertungsinstrument in ihrer Wertigkeit bemessen und in einem systematischen Review zusammengefasst.


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Ergebnisse

Das Review der bewerteten Studien ergibt eine Evidenz dafür, dass die operative Therapie von Skaphoidfrakturen das Risiko für die Entwicklung einer Pseudarthrose im Vergleich zur reinen Castruhigstellung vermindern kann. Die Metaanalyse produziert ein statistisch signifikantes Resultat, das nahelegt, dass die operative Therapie ein dreimal niedrigeres Risiko für die Entwicklung einer Non-Union birgt als die konservative Therapie.

In der Mehrzahl der Studien wird jedoch nicht über einen signifikanten Unterschied zwischen beiden Behandlungsarmen berichtet. Eine einzige Studie mit großer Fallzahl beeinflusst das Rechenergebnis zu Gunsten der operativen Stabilisierung. Die Autoren schreiben dort aber selbst einschränkend, dass die hohen Pseudarthroseraten im konservativen Behandlungsarm als zu hoch eingeschätzt sein mögen. Einige der Frakturen hätte man sicher durch eine längere Ruhigstellungsdauer zur Ausheilung bringen können.

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Weder die postoperativen Schmerzen noch Griffkraft, Kosten, erreichtes Bewegungsausmaß und Patientenzufriedenheit lassen sich langfristig durch die operative Versorgung verbessern. Lediglich mittelfristig (nach 8 Wochen) sind die Werte für Kraft, Beweglichkeit und Funktion bei den operativ versorgten Patienten besser und sie scheinen schneller ihre Funktion wieder aufzunehmen als nach konservativer Therapie. Nach einem Jahr sind diese Unterschiede nicht mehr nachweisbar. Dafür gibt es aber eine signifikant höhere Komplikationsrate in der operativ versorgten Gruppe. Vermutlich entwickelt auch ein höherer Prozentsatz eine skaphotrapeziale Arthrose in der operativen Gruppe.

Unterschiede bezüglich avaskulärer Knochennekrose und DISI wurden nicht statistisch signifikant, zumal die Kriterien zur Beurteilung der DISI-Fehlstellung sehr uneinheitlich waren.

Es ergibt sich keine überzeugende Evidenz dafür, dass ein Einschluss des Ellenbogengelenkes oder des Daumengrundgelenkes in den Castverband zu verbesserten Heilungsraten führt. Ob das Handgelenk in leichter Extension oder Flexion eingegipst wird, beeinflusst die Ergebnisse für die Beweglichkeit des Handgelenkes 6 Monate nach Unfall nicht.

Eine Aussage zur Behandlung proximaler Polfrakturen kann nicht getroffen werden, da die meisten Studien diesen Frakturtyp aus der Studie ausschlossen.

Die Autoren empfehlen als Schlussfolgerung, Frakturen der Skaphoidtaille und des distalen Pols konservativ zu behandeln, wenn sie weniger als einen Millimeter disloziert sind. Von einer operativen Versorgung undislozierter Skaphoidtaillenfrakturen mögen Menschen profitieren, die mit einem Colles-Cast nicht arbeiten können und bei denen die Möglichkeit zur geringfügig schnelleren Wiederaufnahme der Arbeitstätigkeit das Risiko der Komplikationen einer operativen Versorgung überwiegt.

Dr. D. Alice Wichelhaus
Chirurgische Universitätsklinik Rostock
Abteilung für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie
E-Mail:
alice.wichelhaus@med.uni-rostock.de


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