Im Rahmen der Behandlung der Arthrose des OSG kommen häufig einmalige oder wiederholte
intraartikuläre Injektionen von Hyaluronsäurepräparaten zur Anwendung. Die wissenschaftliche
Studienlage zur Wirksamkeit ist jedoch noch unzureichend. Es existieren keine Empfehlungen
zur optimalen Dosierung, Frequenz und Art des zu verwendenden Hyaluronsäurepräparates.
Die vorliegende Studie untersucht die Wirksamkeit eines Hyaluronsäurepräparates im
Vergleich zu Kochsalzlösung nach 6 und 12 Wochen.
Intra-Articular Injection of Hyaluronic Acid Is Not Superior to Saline Solution Injection
for Ankle Arthritis - A Randomized, Double-Blind, Placebo-Controlled Study. J Bone
Joint Surg Am. 2012; 94: 2–8
Studiendesign
Es handelt sich um eine randomisierte, prospektive Doppelblindstudie mit einem Stichprobenumfang
von 56 Patienten. Die 35 Patienten, welche der Verumgruppe zugeteilt wurden, erhielten
eine einmalige Injektion von 2,5 ml des niedermolekularen, nicht-vernetzten Hyaluronsäurepräparates
"Supartz" in das betroffene Sprunggelenk, während den 21 Patienten der Plazebogruppe
2,5 ml einer physiologischen Kochsalzlösung intraartikulär injiziert wurden. Als Endpunkte
wurde die Veränderung des American Orthopaedic Foot and Ankle Society (AOFAS) Scores
und des Ankle Osteoarthritis Scale (AOS) Scores, sowie der Visuellen Analogskala (VAS)
nach 6 und 12 Wochen im Vergleich zum prä-interventionellen Status erhoben.
Ergebnisse
Die Verum- und die Kontrollgruppe unterschieden sich zu Beginn der Studie hinsichtlich
Geschlecht, Seite, Body Mass Index, Arthrosestadium (nach Kellgren und Lawrence),
AOFAS-, AOS-Score und Schmerzstärke auf der VAS nicht signifikant. Hinsichtlich des
AOFAS-Scores zeigte sich nach 6 Wochen eine Verschlechterung um 0,4 Punkte in der
Kontrollgruppe und eine Verbesserung um 4,9 Punkte in der Verumgruppe. Nach 12 Wochen
zeigten beide Gruppen eine Verbesserung um 4,9 bzw. 5,4 Punkte (Verum- bzw. Plazebogruppe).
Der Effekt war im Falle der Verumgruppe nach 6 und 12 Wochen signifikant, nicht jedoch
bei der Plazebogruppe.
Die Unterschiede zwischen beiden Gruppen waren nicht signifikant. Im AOS-Score zeigte
sich nach 6 und 12 Wochen eine Verbesserung um 5,0 bzw. 5,3 Punkte in der Verumgruppe
und um 8,4 bzw. 14,8 Punkte in der Kontrollgruppe. Einzig signifikant war hier die
Verbesserung in der Plazebogruppe nach 12 Wochen, und auch hier zeigte sich zwischen
den Gruppen kein Unterschied. Gleiches galt für die Veränderung der Schmerzstärke
in der VAS, bei der sich nach 6 und 12 Wochen eine Verbesserung um 6,4 bzw. 4,1 Punkte
bei der Verumgruppe und um 3,0 bzw. 11,1 Punkte in der Kontrollgruppe zeigte.
Kommentar
Die Studie besitzt aufgrund ihres Designs einen hohen Evidenzgrad (Level 1) und kommt
zu einem eindeutigen Ergebnis: Die einmalige intraartikuläre Injektion des getesteten
Hyaluronsäurepräparates am Sprunggelenk erbringt gegenüber der Injektion von Kochsalzlösung
keinen Vorteil. Dabei dürfen jedoch zwei entscheidende Aspekte nicht außer Acht gelassen
werden: Zum Einen ließe sich der fehlende Unterschied zwischen Verum- und Plazebogruppe
nicht ausschließlich durch einen zu geringen Behandlungseffekt erklären, sondern auch
durch einen ausgeprägten Plazeboeffekt, wie er bei der verwendeten Applikationsform
im übrigen häufig beschrieben wird. Für beide Behandlungsgruppen konnte schließlich
jeweils in zumindest einem der erhobenen Outcome Scores eine signifikante Verbesserung
gezeigt werden – die Gruppen unterschieden sich lediglich untereinander nicht signifikant.
Zum Anderen wurde ein einzelnes (niedermolekulares, nicht-vernetztes) Hyaluronsäurepräparat
in einer einzigen Dosierung (2,5 ml) und mit einer einzigen Behandlungs"frequenz"
(einmalige Anwendung) geprüft. Auch wenn zwei weitere randomisierte Kontrollstudien
existieren [
1
], [
2
], die bei 5 wöchentlichen Injektionen am Sprunggelenk zu einem ähnlichen Ergebnis
kommen, darf keine pauschale Bewertung der Hyaluronsäuretherapie am Sprunggelenk erfolgen.
Vielmehr sollte die Einordnung der Ergebnisse differenziert erfolgen, bis weitere
Studien mit Berücksichtigung anderer Produkte und Dosierungen vorliegen. Schon jetzt
stellt sich jedoch die schwierige Frage, wie mit solchen Studienergebnissen umgegangen
werden sollte, gerade wenn man selbst im klinischen Alltag vielleicht diskrepante
Erfahrungen gesammelt hat. Der Schlüssel liegt dabei in der Einbeziehung der aktuellen
Datenlage in die Aufklärung des Patienten.
Dr. med. Stefan Budde
Orthopädische Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover
E-Mail: stefan.budde@ddh-gruppe.de