Z Orthop Unfall 2012; 150(01): 12
DOI: 10.1055/s-0032-1305962
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Sprunggelenksarthrose – Hyaluronsäure ist nicht besser als Kochsalzlösung

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Publication Date:
16 February 2012 (online)

 
 

Im Rahmen der Behandlung der Arthrose des OSG kommen häufig einmalige oder wiederholte intraartikuläre Injektionen von Hyaluronsäurepräparaten zur Anwendung. Die wissenschaftliche Studienlage zur Wirksamkeit ist jedoch noch unzureichend. Es existieren keine Empfehlungen zur optimalen Dosierung, Frequenz und Art des zu verwendenden Hyaluronsäurepräparates. Die vorliegende Studie untersucht die Wirksamkeit eines Hyaluronsäurepräparates im Vergleich zu Kochsalzlösung nach 6 und 12 Wochen.
Intra-Articular Injection of Hyaluronic Acid Is Not Superior to Saline Solution Injection for Ankle Arthritis - A Randomized, Double-Blind, Placebo-Controlled Study. J Bone Joint Surg Am. 2012; 94: 2–8

Studiendesign

Es handelt sich um eine randomisierte, prospektive Doppelblindstudie mit einem Stichprobenumfang von 56 Patienten. Die 35 Patienten, welche der Verumgruppe zugeteilt wurden, erhielten eine einmalige Injektion von 2,5 ml des niedermolekularen, nicht-vernetzten Hyaluronsäurepräparates "Supartz" in das betroffene Sprunggelenk, während den 21 Patienten der Plazebogruppe 2,5 ml einer physiologischen Kochsalzlösung intraartikulär injiziert wurden. Als Endpunkte wurde die Veränderung des American Orthopaedic Foot and Ankle Society (AOFAS) Scores und des Ankle Osteoarthritis Scale (AOS) Scores, sowie der Visuellen Analogskala (VAS) nach 6 und 12 Wochen im Vergleich zum prä-interventionellen Status erhoben.


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Ergebnisse

Die Verum- und die Kontrollgruppe unterschieden sich zu Beginn der Studie hinsichtlich Geschlecht, Seite, Body Mass Index, Arthrosestadium (nach Kellgren und Lawrence), AOFAS-, AOS-Score und Schmerzstärke auf der VAS nicht signifikant. Hinsichtlich des AOFAS-Scores zeigte sich nach 6 Wochen eine Verschlechterung um 0,4 Punkte in der Kontrollgruppe und eine Verbesserung um 4,9 Punkte in der Verumgruppe. Nach 12 Wochen zeigten beide Gruppen eine Verbesserung um 4,9 bzw. 5,4 Punkte (Verum- bzw. Plazebogruppe). Der Effekt war im Falle der Verumgruppe nach 6 und 12 Wochen signifikant, nicht jedoch bei der Plazebogruppe.

Die Unterschiede zwischen beiden Gruppen waren nicht signifikant. Im AOS-Score zeigte sich nach 6 und 12 Wochen eine Verbesserung um 5,0 bzw. 5,3 Punkte in der Verumgruppe und um 8,4 bzw. 14,8 Punkte in der Kontrollgruppe. Einzig signifikant war hier die Verbesserung in der Plazebogruppe nach 12 Wochen, und auch hier zeigte sich zwischen den Gruppen kein Unterschied. Gleiches galt für die Veränderung der Schmerzstärke in der VAS, bei der sich nach 6 und 12 Wochen eine Verbesserung um 6,4 bzw. 4,1 Punkte bei der Verumgruppe und um 3,0 bzw. 11,1 Punkte in der Kontrollgruppe zeigte.


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Kommentar

Die Studie besitzt aufgrund ihres Designs einen hohen Evidenzgrad (Level 1) und kommt zu einem eindeutigen Ergebnis: Die einmalige intraartikuläre Injektion des getesteten Hyaluronsäurepräparates am Sprunggelenk erbringt gegenüber der Injektion von Kochsalzlösung keinen Vorteil. Dabei dürfen jedoch zwei entscheidende Aspekte nicht außer Acht gelassen werden: Zum Einen ließe sich der fehlende Unterschied zwischen Verum- und Plazebogruppe nicht ausschließlich durch einen zu geringen Behandlungseffekt erklären, sondern auch durch einen ausgeprägten Plazeboeffekt, wie er bei der verwendeten Applikationsform im übrigen häufig beschrieben wird. Für beide Behandlungsgruppen konnte schließlich jeweils in zumindest einem der erhobenen Outcome Scores eine signifikante Verbesserung gezeigt werden – die Gruppen unterschieden sich lediglich untereinander nicht signifikant.

Zum Anderen wurde ein einzelnes (niedermolekulares, nicht-vernetztes) Hyaluronsäurepräparat in einer einzigen Dosierung (2,5 ml) und mit einer einzigen Behandlungs"frequenz" (einmalige Anwendung) geprüft. Auch wenn zwei weitere randomisierte Kontrollstudien existieren [ 1 ], [ 2 ], die bei 5 wöchentlichen Injektionen am Sprunggelenk zu einem ähnlichen Ergebnis kommen, darf keine pauschale Bewertung der Hyaluronsäuretherapie am Sprunggelenk erfolgen. Vielmehr sollte die Einordnung der Ergebnisse differenziert erfolgen, bis weitere Studien mit Berücksichtigung anderer Produkte und Dosierungen vorliegen. Schon jetzt stellt sich jedoch die schwierige Frage, wie mit solchen Studienergebnissen umgegangen werden sollte, gerade wenn man selbst im klinischen Alltag vielleicht diskrepante Erfahrungen gesammelt hat. Der Schlüssel liegt dabei in der Einbeziehung der aktuellen Datenlage in die Aufklärung des Patienten.

Dr. med. Stefan Budde
Orthopädische Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover
E-Mail:
stefan.budde@ddh-gruppe.de


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  • Literatur

  • 1 Salk RS, Chang TJ, D’Costa WF, Soomekh DJ, Grogan KA. Sodium hyaluronate inthe treatment of osteoarthritis of the ankle: a controlled, randomized, double-blind pilot study. J Bone Joint Surg Am 2006; 88: 295-302
  • 2 Cohen MM, Altman RD, Hollstrom R, Hollstrom C, Sun C, Gipson B. Safety andefficacy of intra-articular sodium hyaluronate (Hyalgan) in a randomized, double-blind study for osteoarthritis of the ankle. Foot Ankle Int 2008; 29: 657-63

  • Literatur

  • 1 Salk RS, Chang TJ, D’Costa WF, Soomekh DJ, Grogan KA. Sodium hyaluronate inthe treatment of osteoarthritis of the ankle: a controlled, randomized, double-blind pilot study. J Bone Joint Surg Am 2006; 88: 295-302
  • 2 Cohen MM, Altman RD, Hollstrom R, Hollstrom C, Sun C, Gipson B. Safety andefficacy of intra-articular sodium hyaluronate (Hyalgan) in a randomized, double-blind study for osteoarthritis of the ankle. Foot Ankle Int 2008; 29: 657-63