Klinische Neurophysiologie 2012; 43(01): 33
DOI: 10.1055/s-0032-1304599
Nachruf
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Nachruf Prof. Dr. med. Gert Jacobi (1933–2011)

Obituary Prof. Dr. med. Gert Jacobi (1933–2011)
M. Kieslich
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Publication Date:
05 March 2012 (online)

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Prof. Dr. med. Gert Jacobi

Das letzte Jahr ist mit einem sehr traurigen Ereignis zu Ende gegangen. Herr Prof. Dr. med. Gert Jacobi ist am 22.12.2011 in Aschaffenburg im Kreise seiner Familie verstorben.

Prof. Jacobi wurde am 10. Februar 1933 in Giessen an der Lahn als Sohn des Internisten und Kinderarztes Dr. Werner Jacobi und seiner Frau Irmhild, geb. Lange, geboren und verbrachte seine Jugend und Schulzeit während der Kriegszeit in Aschaffenburg. Ab 1951 studierte er in Mainz, Frankfurt am Main, München und Düsseldorf und nach Beendigung seiner Medizinalassistentenzeit folgte eine eineinhalb jährige Ausbildung bei Herrn Prof. Dr. Georges Schaltenbrand in der Universitätsneurologie in Würzburg, anschließend die Ausbildung zum Kinderarzt bei Herrn Prof. Dr. Adolf Windorfer an der Universitätskinderklinik Erlangen.

Nach einer kurzen Chefarzttätigkeit an der Kinderklinik Aschaffenburg im Jahre 1966 folgte ein einjähriges Stipendium des British Council in London am National Hospital for Neurological Diseases, Queens Square und der Neuropädiatrischen Abteilung des Great Ormond Street Hospital for Sick Children.

Diese Zeit in London war für Prof. Jacobi’s Vorstellung von einer modernen Kinderneurologie prägend. Mit dieser Motivation kam er 1968 an die Universitätskinderklinik nach Frankfurt am Main zu Herrn Prof. Dr. Otto Hoevels, wo er die Abteilung für Pädiatrische Neurologie gründete und von 1973 bis 1998 als Universitätsprofessor, davon 16 Jahre als stellvertretender Klinikdirektor, leitete.

Seine Herausforderung war es, die Grundlagen der klassischen Neurologie, insbesondere anatomisches Denken und die neurophysiologischen und bildgebenden Diagnostikmöglichkeiten auf die speziellen Voraussetzungen und Bedürfnisse des Kindes in seinen unterschiedlichen Entwicklungsstufen zu übertragen.

Schwerpunkte seiner Arbeit waren die frühkindlichen Epilepsien, die Diagnostik und Behandlung kindlicher Hirntumore sowie Koma, Schädel-Hirnverletzungen und Kindesmisshandlung, ein Thema, das Ihn noch weit über seine Emeritierung im Jahre 1998 intensiv beschäftigt hat und 2008 in der Publikation seines Lehrbuchs „Kindesmisshandlung und Vernachlässigung“ (Hans Huber-Verlag, Bern) mündete.

Prof. Jacobi hat die Deutsche und Europäische Kinder- und Jugendneurologie und Epileptologie mit seiner Akribie und seinem Engagement über Jahrzehnte geprägt und viele Kolleginnen und Kollegen in diesesem Fach ausgebildet. Wir haben Herrn Prof. Jacobi als hervorragenden, scharfäugigen Diagnostiker, bedachten Therapeuten, ruhigen, sachlichen und urteilssicheren Chef erlebt, der stets darum bemüht war, das gesamte Spektrum der Kinder-und Jugendneurologie und Epileptologie zu lehren und zu vertreten.

Ich erinnere Ihn als fürsorglichen Doktorvater, Mentor, klinischen Lehrer, bedachten Abteilungsleiter, aber auch als vorbildlichen Sportler, der bis über das 60. Lebensjahr als Triathlet aktiv war, als Musiker, der über Jahrzehnte im Deutschen Kinderärzteorchester und Hessischen Ärzte-Orchester Geige spielte, als auf seine 3 Töchter stolzen Familienvater und als breit gebildeten, weltoffenen Menschen mit vielen Interessen und Kentnissen in Kunst und Kultur. Bewundert habe sich seine kompromisslose, hundertprozentig am Kind orientierte Handlungsweise, sein immenses neurologisches Detailwissen und seine intensive Präsenz in der Klinik und am Krankenbett.

Univ.-Prof. Dr. Matthias Kieslich
Frankfurt am Main, den 10.1.2012