Bei vielen Erkrankungen haben "Scheinmedikamente" oftmals erstaunlich guten Erfolg.
M. E. Wechsler et al. haben nun die subjektive und objektive Wirkung einer Behandlung
mit Placebo, einer Nichtbehandlung und einer Behandlung mit dem Bronchodilatator Salbutamol
bei Asthma bronchiale verglichen.
N Engl J Med 2011; 365: 119-126
Laut Studie empfanden Patienten mit Asthma Scheinbehandlungen wie Scheinakupunkturen
als ähnlich effektiv wie eine Behandlung mit Salbutamol, obwohl objektiv ein größerer
Effekt durch das Medikament erzielt wurde.
(Bild: Thieme Verlagsgruppe/Thomas Möller)
Die Studie zeigte, dass sich die Spirometrie aufgrund der einfachen Durchführbarkeit,
geringer Kosten und rascher Wiederholbarkeit zum Nachweis eines Therapieeffekts bei
Patienten mit Asthma eignet. Der inhalative Bronchodilatator Salbutamol, nicht aber
Placebo oder die Nicht-Behandlung, führte zu einer erheblich gesteigerten forcierten
Vitalkapazität (FEV1). Die subjektive Wahrnehmung der Patienten war dagegen anders: Nur die Nichtbehandlung
zeigte keinen Erfolg, die übrigen Interventionen halfen alle, und zwar in ähnlichem
Ausmaß.
In der doppelblinden Crossover-Studie erhielten die Patienten in zufälliger Reihenfolge
12 Anwendungen: Salbutamol oder Placebo inhalativ, eine Scheinakupunktur oder keine
Anwendung. Eine respiratorische Besserung bestand ab einer Zunahme der FEV1 über 12 %. Die Patienten beurteilten ihr Befinden jeweils auf einer 10-Punkte-Skala
von der Empfindung "keine Besserung" bis "vollständige Besserung".
Bronchodilatation objektiv besser
Mit Salbutamol nahm die FEV1 bei allen Patienten um mehr als 12 % und durchschnittlich um 21,9 % zu. Die Werte
für Placebo, Scheinakupunktur und Nicht-Intervention betrugen 7,5 , 7,3 und 7,1 %.
Sie blieben damit unter dem Schwellenwert für eine objektive Atemwegserweiterung.
Der Unterschied zwischen dem Medikament und den Alternativen war statistisch signifikant
(p < 0,001) und ausgeprägt.
Im Gegensatz dazu standen die subjektiven Bewertungen der Patienten. Für die Nichtbehandlung
gaben 21 % und für Salbutamol 50 % der Patienten eine Beschwerdebesserung an. Auch
45 bzw. 46 % der Patienten mit Placebo und der Scheinakupunktur-Behandlung empfanden
eine bedeutsame Linderung. Die Unterschiede zur Medikamentenwirkung waren nicht statistisch
signifikant. Die meisten Patienten glaubten, eine aktive Therapie erhalten zu haben.
Wenngleich objektiv ein dreimal so großer Effekt durch Salbutamol erzielt wurde, empfanden
Asthma-Patienten die Scheinbehandlungen als ähnlich effektiv, so die Autoren. Diese
Diskrepanz könne durch verschiedene Mechanismen beeinflusst sein. So hätten die Fragebögen
beispielsweise keine Punkte zu einer möglichen Verschlechterung enthalten. Die Autoren
raten zur Vorsicht bei Patientenangaben, die möglicherweise in deutlichem Gegensatz
zur tatsächlichen Lungenfunktion stehen könnten.
Was ist wichtiger: die Wahrnehmung des Patienten oder die des Arztes? D. E. Moerman
sieht die Lage entspannt. Die Untersuchung bestätige wieder einmal, dass es auf die
"Bedeutung" der Anwendung ebenso ankomme wie auf die objektiven pharmakologischen
Effekte. Wenn der Patient sich besser fühle, gelte allein die alte Regel: "do no harm".
N Engl J Med 2011; 365: 171-172
Dr. Susanne Krome, Melle