Am 1. September 2011 hat Erlotinib (Tarceva®) die europaweite Zulassung zur Erstlinientherapie
beim fortgeschrittenen nicht-kleinzelligen Lungenkrebs (NSCLC) erhalten. Diese Zulassungserweiterung
ist relevant für Patienten mit aktivierenden Mutationen im epidermalen Wachstumsfaktorrezeptor
(EGFR). Die Ergebnisse der zulassungsrelevanten EURTAC-Studie (European Tarceva Versus
Chemotherapy Phase III Study) zeigten, dass diese Patienten first-line signifikant
stärker von einer Monotherapie mit Erlotinib als von einer platinbasierten Chemotherapie
profitieren [
1
]. Nach Platin hingegen wirkt Erlotinib unabhängig vom EGFR-Mutationsstatus sowohl
in der Erhaltungs- als auch in der Zweit- und Drittlinientherapie [
2
]–[
4
].
"Patienten mit aktivierenden EGFR-Mutationen zeigen unter Erlotinib ein signifikant
längeres progressionsfreies Überleben (PFS) als unter einer platinbasierten Chemotherapie",
berichtete Dr. Martin Reck, Großhansdorf. In der EURTAC-Studie erreichten die 77 Patienten
im Erlotinib-Arm mit 9,7 Monaten ein fast doppelt so hohes medianes PFS wie die 76
Patienten im Chemotherapie-Arm (5,2 Monate; HR 0,37; 95 %-KI 0,25 – 0,54; p < 0,0001).
Das Risiko für eine Krankheitsprogression verringerte sich damit um 63 % [
1
]. Dementsprechend sei in diesem Setting die Monotherapie mit Erlotinib der Chemotherapie
vorzuziehen, folgerte Reck. Ein vergleichbares Ergebnis wurde zuvor bereits in der
OPTIMAL-Studie an asiatischen Patienten mit EGFR-Mutation gezeigt. Hier zeigte sich
nahezu eine Verdreifachung des PFS von 4,6 im Chemotherapie-Arm auf 13,7 Monate unter
Erlotinib (HR 0,164; 95 %-KI 0,105–0,256; p <0,0001) [
6
], [
7
].
Die Phase-III-Studie EURTAC untersuchte erstmalig an einem randomisierten westlichen
Patientenkollektiv mit aktivierenden EGFR-Mutationen den Erstlinieneinsatz von Erlotinib.
Sie erreichte ihren primären Endpunkt (medianes PFS) schon in einer vorab geplanten
Interimsanalyse. "Ein ausschlaggebendes Argument für den Erstlinien-Einsatz von Erlotinib
ist für den behandelnden Arzt sicher auch das hohe Therapieansprechen, welches in
der EURTAC-Studie beobachtet wurde", merkte Reck an. Zum Zeitpunkt der aktualisierten
Zwischenanalyse lag die Gesamtansprechrate (ORR) unter Erlotinib bei 58 %, im Chemotherapie-Arm
hingegen bei 15 % (p < 0,0001) [
1
].
Erlotinib auf ganzer Linie – vor oder nach platinhaltiger Chemotherapie
"Für den Arzt stellt sich nun die Frage, zu welchem Zeitpunkt Erlotinib eingesetzt
werden sollte" fasste Prof. Frank Griesinger, Oldenburg die Situation zusammen. Nach
einer platinhaltigen Chemotherapie wirkt Erlotinib unabhängig vom EGFR-Mutationsstatus.
Das haben die SATURN-Studie für die Erhaltungsphase sowie die Zulassungsstudie BR.21
für die Zweit- und Drittlinie gezeigt [
2
]–[
4
]. Der Head-to-head-Vergleich in der TITAN-Studie bestätigte darüber hinaus die Gleichwertigkeit
von Erlotinib und Chemotherapie in der Zweitlinie [
5
]. "Wobei der EGFR-Inhibitor hier mit einer besseren Verträglichkeit punkten kann",
konstatierte Griesinger. "Zukünftig werden wir uns also während der gesamten Behandlung
wiederholt die Frage zu stellen haben, ob wir dem Patienten eine Chemotherapie oder
einen Tyrosinkinase-Inhibitor verordnen."
EGFR-Testung wird immer wichtiger
"Zumindest in der Erstlinie können wir Pathologen nun für eine eindeutige Entscheidung
sorgen", stellte Dr. Markus Tiemann, Hamburg, fest. "Wir wissen, dass Lungenkrebspatienten
heute auf ein schnelles und exaktes Testergebnis angewiesen sind, da die Wahl der
geeigneten Therapie davon abhängt."
Quelle: Pressemeldung Roche Pharma AG, Grenzach-Wyhlen