Psychiatrie und Psychotherapie up2date 2012; 6(3): 129
DOI: 10.1055/s-0031-1298963
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Rezept für Bewegung

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Publication Date:
02 May 2012 (online)

Im psychiatrischen Fachbereich tätige Ärzte sollen ihre Patienten individuell und multimodal behandeln. Dazu gehören neben medikamentöser Therapie u. a. auch Entspannungsverfahren, Physiotherapie und Sport.

Die positiven Effekte von Sport und regelmäßiger Bewegung auf Gesundheit und Wohlbefinden sind gut bekannt. Dies gilt besonders auch für psychische Störungen. Sport hat antidepressive Effekte [1] und kann das Risiko einer zukünftigen Alzheimerdemenz senken [2]. Das Hippokampusvolumen depressiver oder schizophrener Patienten kann durch sportliche Betätigung zunehmen [3]. Das heute viel diskutierte Burnout-Syndrom tritt unter regelmäßiger sportlicher Betätigung weniger häufig auf [4]. Auch Gewichtsreduktion lässt sich einfacher und nachhaltiger durch Kombination von Diät und Bewegung erreichen [5]. Positive Effekte zeigen sich ebenfalls in präklinischen Studien, mit denen die physiologischen und molekularen Grundlagen der Auswirkungen von Sport zunehmend besser verstanden werden. Bewegung führt zu vermehrter Bildung von Nervenwachstumsfaktoren im Hippokampus [6], zur Neubildung hippokampaler Zellen [7] und zur Senkung der Beta-Amyloid-Belastung des Gehirns [8].

Seit Kurzem können Ärzte ihren Patienten ein „Rezept für Bewegung“ ausstellen. Damit haben Ärzte eine neue Möglichkeit, Sport und Bewegung in ihren multimodalen Therapiekonzepten auszubauen, um den „Lifestyle“ ihrer Patienten positiv zu beeinflussen. Dieses Rezept hat einen größeren Aufforderungscharakter und wirkt verbindlicher als eine mündliche Beratung. Auf dem Rezeptvordruck kann ein Training mit besonderen Schwerpunkten empfohlen werden. Gleichzeitig kann der Patient dem Rezept Hinweise zur Suche nach wohnortnahen qualitätsgesicherten Angeboten entnehmen.

Das „Rezept auf Bewegung“ basiert auf einer gemeinsamen Initiative der Bundesärztekammer, der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP) sowie dem Deutschen Olympischen Sportbund (SOSB). Im Internet gibt es Informationen für Ärzte und Patienten (z. B.: www.aerzteblatt.de/nachrichten/48855; www.rezeptfuerbewegung.de/). Rezeptvordrucke sind über die Landesärztekammern erhältlich.

Aus meiner Sicht ist es sinnvoll, wenn Ärzte dieses Rezept verstärkt einsetzen und damit glaubhafter auf Bewegung hinweisen.

Johannes Kornhuber

Literatur

  • 1 Mead G E, Morley W, Campbell P et al. Exercise for depression.  Cochrane Database of Systematic Reviews. 2009;  3 1-61
  • 2 Weih M, Degirmenci Ü, Kreil S et al. Physical activity and Alzheimer's disease: a meta-analysis of cohort studies.  GeroPsych. 2010;  23 17-20
  • 3 Pajonk F G, Wobrock T, Gruber O et al. Hippocampal plasticity in response to exercise in schizophrenia.  Arch Gen Psychiatry. 2010;  67 133-143
  • 4 Jonsdottir I H, Rodjer L, Hadzibajramovic E et al. A prospective study of leisure-time physical activity and mental health in Swedish health care workers and social insurance officers.  Prev Med. 2010;  51 373-377
  • 5 Luley C, Blaik A, Westphal S. Nachhaltige Gewichtsreduktion.  Dtsch Ärztebl. 2011;  108 A1642
  • 6 Hunsberger J G, Newton S S, Bennett A H et al. Antidepressant actions of the exercise-regulated gene VGF.  Nat Med. 2007;  13 1476-1482
  • 7 van Praag H, Kempermann G, Gage F H. Running increases cell proliferation and neurogenesis in the adult mouse dentate gyrus.  Nat Neurosci. 1999;  2 266-270
  • 8 Lazarov O, Robinson J, Tang Y P et al. Environmental enrichment reduces Abeta levels and amyloid deposition in transgenic mice.  Cell. 2005;  120 701-713
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