Geburtshilfe Frauenheilkd 2012; 72(2): 99-100
DOI: 10.1055/s-0031-1298152
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Plastische Chirurgie. Brustvergrößerung – wann kann und darf operiert werden?

Carolin Nestle-Krämling
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Publication Date:
05 March 2012 (online)

In der Mehrzahl der Fälle entscheiden sich Frauen für eine Brustvergrößerung erst aufgrund eines gewissen Leidensdrucks und nach gründlicher Information und Abwägung für einen ästhetisch-plastischen Eingriff. Die Deutsche Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie beschreibt die Ergebnisse aus deren eigener regelmäßiger Patientinnenbefragung in ihrem Magazin zu „Zahlen, Fakten und Trends in der Ästhetisch-Plastischen Chirurgie 2010/2011“: die „typische“ Patientin sei „zwischen 18 und 30 Jahre alt, in einer Partnerschaft lebend und lässt eine Brustvergrößerung vornehmen. In Vorbereitung auf einen ästhetisch-plastischen Eingriff lässt sie sich von mindestens einem Facharzt beraten. Vom ersten Gedanken bis zur OP lässt sie sich mehrere Jahre Zeit. Über den geplanten Eingriff informiert sie sich überwiegend im Internet oder berät sich mit der Familie und Freunden.“ Es handelt sich also in der Regel nicht um eine Kurzschlusshandlung.

Entscheidend ist daher die sorgfältige Anamnese zum Ausschluss seltener Kontraindikationen, eine umfassende und realistische ärztliche Beratung und besonders in der ästhetisch-plastischen Chirurgie die „schonungslose“ Aufklärung – auch über seltene Komplikationen. Auch wenn die beidseitige Brustvergrößerung mit Implantaten bei einer gesunden jungen Frau heute als komplikationsarmer Eingriff angesehen werden kann, so ist sie doch mit einer bis zu einem gewissen Grad auch irreversiblen Veränderung des Körperbilds verbunden. Nach subglandulärer Augmentation kann z. B. – wohl aufgrund der Durchtrennung von Perforatorgefäßen und einer Druckatrophie – im Verlauf das ursprüngliche Brustdrüsenvolumen dauerhaft abnehmen, sodass selbst nach Entfernung von Brustimplantaten eine kleinere Brust und eine veränderte Brustform resultiert. Mittel- und langfristige Komplikationen sind Kapselfibrose, Implantatrotation oder Malposition, die zu Reoperationen führen werden ([Abb. 1]).

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Abb. 1 Kapselfibrose vom Baker-Grad 4 nach Augmentation vor 18 Jahren.

Individuelles Mammakarzinom-Risiko muss angesprochen werden

Grundsätzlich muss im Rahmen der Erstberatung zur Mammaaugmentation auch das individuelle Mammakarzinom-Risiko einer Patientin eruiert und in der Beratung berücksichtigt werden. Auch wenn liegende Brustimplantate nicht karzinogen und in Studien bisher keine ungünstigen Effekte auf die Prognose einer Mammakarzinom-Erkrankung bei Implantatträgerinnen nachgewiesen werden konnte, sollte auf die eingeschränkte mammografische Diagnostik und auf die Wertigkeit anderer diagnostischer Verfahren wie Mammasonografie und Mamma-MRT hingewiesen werden, ebenso wie auf die Sinnhaftigkeit des Mammografiescreenings auch bei liegenden Brustimplantaten. Die sehr seltene Tumorentwicklung eines anaplastischen großzelligen Lymphoms nach Implantateinlage sollte ggf. angesprochen werden. Immer wieder wünschen Patientinnen nach brusterhaltender Therapie eines Mammakarzinoms eine beidseitige Brustvergrößerung, nicht selten zusätzlich unter dem Aspekt der Angleichung bei Asymmetrie nach Radiatio. Unter Einbeziehung der entsprechenden Diagnostikverfahren wie MRT und Sonografie in der Nachsorge und nach Aufklärung über die deutlich höhere Kapselfibroserate auf der bestrahlten Seite erscheint der für die Patientin häufig psychologisch bedeutsame Schritt medizinisch vertretbar.


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