Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2011; 18(06): 294
DOI: 10.1055/s-0031-1297237
DFR-Mitteilungen
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

G 35: Arbeitsaufenthalte im Ausland – Die DFR-Antwort auf eine arbeitsmedizinische Regelungslücke

Further Information

Publication History

Publication Date:
12 December 2011 (online)

 

    Regelungen haben stets 2 Seiten: Sie fördern das Funktionieren der Gesellschaft, aber um den Preis der Freiheitseinschränkung. Jahrelang mussten Arbeitsmediziner, die die Tauglichkeit von ins Ausland entsandten Mitarbeitern im Rahmen der Untersuchung nach Grundsatz 35 (G 35) beurteilen sollten, die Berechtigung dazu aufwendig erwerben. Mit einem bestandenen Kursus und nachgewiesenen Kenntnissen in der Beurteilung von Arbeitsplätzen in den Tropen und Subtropen konnte man die Ermächtigung beantragen. Das war Qualitätssicherung, auch wenn es oft als Relativierung der Kompetenz erlebt wurde, die man sich durch die Weiterbildung erworben hatte.

    Die zum 01.01.2009 in Kraft getretene Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) räumte mit diesem Verfahren überraschend auf. Nun waren plötzlich alle Arbeitsmediziner im Grundsatz berechtigt, alle Vorsorge-untersuchungen einschließlich der nach G 35 durchzuführen. Aus der Ermächtigung wurde eine wesentlich unverbindlichere im § 7 niedergelegte Formulierung, nach der ein Arzt, der über die "erforderlichen Fachkenntnisse oder die speziellen Anerkennungen" nicht verfügt, einen Kollegen hinzuziehen muss. Die formalisierten Voraussetzungen aber waren ja gerade entfallen. War denn mehr als der Facharzt "erforderlich"? Und auch andersherum kamen Kollegen, die bislang mit Arbeitsplätzen im Ausland nichts zu tun hatten, unter Druck, von dort zurückgekehrte Mitarbeiter auf Zeichen einer Berufskrankheit hin zu untersuchen, da die Firma dies von ihnen verlangte.

    Klare Position der DFR
    Zoom Image

    Die DFR hat sich dazu bereits frühzeitig klar positioniert. Zusätzlich zur arbeitsmedizinischen Kompetenz ist eine reisemedizinische Qualifikation erforderlich, deren Zuschnitt sich an den zu erwartenden Fragestellungen orientiert:

    • Ist ein Arbeitnehmer für einen Auslandsposten geeignet?

    • Wie wirkt sich eine Vorerkrankung dort aus?

    • Von welcher Infrastruktur kann oder muss ich ausgehen?

    • Wenn im Rahmen der Nachuntersuchung Krankheitszeichen angegeben werden – woran ist zu denken?


    Für die Abbildung dieser Fragestellung kam uns das modulare Konzept sehr entgegen, mit dem wir die Inhalte der Reisemedizin in einzelne inhaltliche Blöcke zusammengefasst haben. Daher wurde der Beschluss gefasst, die Kombina-tion aus

    • Basiszertifikat Reisemedizin (32-h-Kurs),

    • Aufbaumodul 6 "Internationale Arbeitseinsätze u. Langzeitaufenthalte"
      (8 h) und

    • Aufbaumodul 12 "Gesundheitsstörungen bei Reiserückkehrern" als separate Qualifikation unter dem Namen "Arbeitsaufenthalt im Ausland unter besonderen klimatischen und gesundheitlichen Belastungen" anzubieten. Die inhaltliche Ausrichtung ist über unsere neue Homepage, www.fachgesellschaft-reisemedizin.de, für jeden, auch jeden potenziellen Kursveranstalter, abrufbar.


    Die DFR veranstaltet ja keine eigenen Kurse, sondern normiert und zertifiziert – dies ist eine bewusste Vermeidung des Konflikts zwischen inhaltlicher und wirtschaftlicher Arbeit, die sich sehr bewährt hat. Inzwischen haben die ersten Kollegen dieses Zertifikat erhalten – ein wichtiger Schritt zu besserer Vorsorge für Auslandsmitarbeiter, aber auch im Konfliktfall eine Argumentationshilfe, wenn Kollegen die "erforderlichen Fachkenntnisse" nachweisen müssen.


    Dr. Burkhard Rieke, Düsseldorf


    #

    Zoom Image