Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2011; 18(06): 269
DOI: 10.1055/s-0031-1297232
Journal-Club
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Erste Zwischenergebnisse der Phase-3-Studie zur Malariaimpfung – Weniger Malaria bei geimpften afrikanischen Kindern

Further Information

Publication History

Publication Date:
12 December 2011 (online)

 

    First Results of Phase 3 Trial of RTS,S/AS01 Malaria Vaccine in African Children. N Engl J Med 2011 Oct 18 [Epub ahead of print]

    Zoom Image
    (Foto: Fotolia, Fotograf: drubig-photo)

    Thema: Zurzeit läuft in 7 afrikanischen Ländern eine Studie zur Effizienz, Sicherheit und Immunogenität einer zukünftigen Malariavakzine RTS,S/AS01, unterstützt von der Malaria Vaccine Initiative von PATH (Program for Appropiate Technology in Health), der Bill and Melinda Gates Foundation sowie GlaxoSmithKline Biologicals (GSK).

    Vor Kurzem wurden erste Zwischenergebnisse veröffentlicht.

    Projekt: Von März 2009 bis Januar 2011 wurden 15 460 Kinder in 2 Alterskategorien – 6–12 Wochen sowie 5–17 Monate – geimpft: Entweder 3 Impfungen mit dem Malariaimpfstoff oder einem anderen Impfstoff (Tollwut oder Meningokokken). Eine dritte Gruppe erhält 18 Monate nach den ersten 3 Malariaimpfungen noch eine Booster-Dosis.

    Primärer Endpunkt ist die Effizienz der Impfung hinsichtlich klinischer Malaria während der ersten 12 Monate nach Impfung von 6000 Kindern im Alter von 5–17 Monaten, die protokollgemäß alle 3 Impfungen erhalten hatten. Nachdem 250 Kinder eine schwere Malaria entwickelt hatten, wurde die Effizienz der Vakzine in beiden Altersgruppen evaluiert.

    Ergebnisse: In den ersten 14 Monaten nach der ersten Impfdosis kam es in der Gruppe der 6000 älteren Kinder zu einer klinischen Malaria mit einer Inzidenz von 0,32 Episoden pro Person/Jahr in der Studiengruppe und zu 0,55 Episoden in der Kontrollgruppe. Hieraus ergibt sich eine Effizienz von 50,4 % (95 %-Konfidenzintervall (CI) 45,8–54,6) in der Intention-to-treat-Analyse und von 55,8 % in der Per-Protocol-Analyse (97,5 %-CI 50,6–60,4).

    Die Effizienz der Vakzine hinsichtlich schwerer Malaria war 45,1 % (95 %-CI 23,8–60) in der Intention-to-treat-Analyse und 47,3 % (95 %-CI 22,4–64,2) in der Per-Protocol-Analyse.

    In der kombinierten Altersgruppe war die Effizienz gegenüber schwerer Malaria 34,8 % (95 %-CI 16,2–49,2) in der Per-Protocol-Analyse für die Erhebung der Daten nach 11 Monaten.

    In der Studien- und in der Kontrollgruppe gab es die gleiche Anzahl von schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen. In der Altersgruppe 5–17 Monate kam es mit einer Häufigkeit von 1,04 pro 1000 Dosen Impfstoff zu generalisierten Krampfanfällen (95 %-CI 0,62–1,64). In der Gruppe der mit RTS,S/AS01 geimpften Kinder war eine Meningitis häufiger: 11 von 5949 älteren Kindern versus 1 von 2974 und 8 von 4358 Kindern versus 1 von 2179 jüngeren Geimpften entwickelten eine laborchemisch im Liquor in der Hälfte der Fälle bestätigte Meningitis.

    Gestorben sind 151 Kinder. Sie verteilen sich proportional gleichmäßig in den Impf- und Altersgruppen. Nur 7 Kinder starben mit einer nachgewiesenen Malaria.

    Fazit: Die Vakzine führte zu einem Schutz sowohl vor klinischer als auch schwerer Malaria.

    Kommentar

    Malariaimpfstoffe beschäftigen uns schon seit Jahrzehnten und waren seit Patarroyos Kampagnen immer wieder in der Presse. Die jetzt entwickelte Impfung soll laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO), wenn alles gut geht, bereits im Jahr 2015 in den ersten afrikanischen Ländern zur breiten Anwendung kommen. Der Impfstoff beruht auf einer -hybridartigen Konstruktion, die ein Hepatitis-B-Oberflächenantigen mit einem rekombinant hergestellten Sporozoitenprotein verbindet.

    Nicolas J. White, Universität Mahidol, Bangkok, kommentiert in der gleichen Ausgabe des New England Journal of Medicine diese Studiendaten. Er macht darauf aufmerksam, dass es eigentlich unüblich ist, von solch großen Studien Interimsdaten zu publizieren – der Grund bleibt auch unklar. Letztlich sind erst etwa 50 % der notwendigen Daten erhoben und erst 250 Fälle von klinischer Malaria in den beiden Altersgruppen aufgetreten. Dennoch bestätigen die Daten die schon in den Phase-2-Studien erhobenen Fakten: Die Anzahl aller Malariaepisoden reduziert sich um 55 %. Das ist eine etwas höhere Effizienz als vorher erwartet. Weiterhin treten 35 % weniger Fälle von schwerer Malaria auf.

    Die Nebenwirkungen waren akzeptabel: Kinder mit dem Malariaimpfstoff hatten häufiger Krampfanfälle und Meningitis. Die Ursache dafür bleibt unklar. Weitere Untersuchungen zu diesem Punkt müssen sicher folgen. Darüber hinaus waren Fieberepisoden und deutliche Reaktionen an der Impfstelle häufiger als bei den Kindern in der Kontrollgruppe.

    Neben dem noch unklaren Preis sind weitere Fragen offen: Zu welcher Effizienzsteigerung führt die Booster-Dosis nach 18 Monaten? Und wie lange wird der protektive Effekt anhalten? White stellt auch die Frage, ob die Effizienz mit der Intensität der Transmission wechselt. Nach seiner Auffassung kann die Rolle des Impfstoffs bei diesen Daten "nur" die eines weiteren Bausteins im globalen Kampf gegen die Malaria sein – neben dem Einsatz von mit Insektizid behandelten Moskitonetzen, der breiteren Anwendung von Artemisin(kombinationen) und Präventionskonzepten wird ein sicherer und effektiver Impfstoff aber sicher seinen Platz haben. White sagt im Editorial sinngemäß "Allen Forschern, die lange und hart gearbeitet haben, ist zur Entwicklung und Erprobung dieses Impfstoffs, zu gratulieren. Dieser Impfstoff ist eine großartige Leistung und ein wichtiger Fortschritt."

    Dem ist nicht viel hinzuzufügen.

    Dr. Hinrich Sudeck, Hamburg


    #

    Zoom Image
    (Foto: Fotolia, Fotograf: drubig-photo)