Arzneimittelforschung 2008; 58(9): 480
DOI: 10.1055/s-0031-1296543
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Editio Cantor Verlag Aulendorf (Germany)

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Publication Date:
19 December 2011 (online)

Der lange Weg zum Menschen

G. J. Sawyer und V. Deak. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg (2008). ISBN 978-3-8274-1915-6. 216. S. Zahlreiche farbige Abb., geb. Preis: € 39,95.

Die Autoren legen unter der Mitarbeit von zahlreichen Mitautoren und Beratern ein wirklich interessantes Buch vor. Sie schicken den Leser auf eine Reise, die rund 7 Millionen Jahre in die Vergangenheit zurückführt und stellen anschließend auf dem Weg zur Gegenwart 22 ausgestorbene Arten der Vorfahren des modernen Menschen vor. Unter diesen gehören 12 der Gattung Homo an, beziehen sich also auf die unmittelbaren Vorfahren und Vettern des modernen Homo sapiens, der heute einzigen (über) lebenden Menschenart. Alle heutigen Menschen gehören der Art Homo sapiens an, obwohl allein aufgrund von Variationen in der Schädelstruktur beim modernen Menschen 5 verschiedene Gruppierungen unterschieden werden können. Homo sapiens lebt erst seit rund 200 000 Jahren auf dieser Erde und außerhalb von Afrika erst seit weniger als rund 100 000 Jahren.

Jeder Vorläuferart des modernen Menschen ist ein eigenes Kapitel gewidmet, in dem umfassende Erkenntnisse über die jeweilige Art klar gegliedert und verständlich präsentiert werden; sogar neu entdeckte Arten wie Sahelanthropus tchadensis aus dem Jahr 2002 und Homo floresiensis aus dem Jahr 2004 sind vertreten. Außerdem werden Informationen über Lebensräume, Ernährung, Werkzeuge, kultureller Stand und vieles mehr vermittelt. Bemerkenswert sind schließlich Abschnitte, in denen das angenommene Alltagsleben mitsamt der möglichen Sorgen und Ängste der Mitglieder dieser einzelnen Menschenarten erzählerisch dargestellt werden. Der Leser erfährt dadurch nicht nur wissenschaftliche Fakten, sondern auch Hinweise auf denkbare individuelle Schicksalsverläufe. Der Höhepunkt jedes einzelnen Kapitels ist die Rekonstruktion des Aussehens der besprochenen Menschenart. Insbesondere die Gerichtsmedizin kennt Verfahren, um etwa bei unidentiflzierbaren Schädelfunden das mögliche Aussehen eines verschwundenen Menschens zu rekonstruieren. Diese Techniken werden im dem Buch auch bei den Schädelfunden der ausgestorbenen Menschenarten angewandt. Dabei entstehen faszinierende Bilder, die zwar hypothetisch sind, der Menschenart aber dennoch ein Gesicht geben. Gerade diese Bilder können dem Leser weit mehr als nur wissenschaftliche Fakten vermitteln. Vorher leblose Fossilien werden plötzlich mit Leben erfüllt. Der Leser kann nun Geschichten erfinden – etwa darüber, was passierte, wenn sich Vertreter verschiedener Menschenarten begegneten oder wenn Menschen keine Mitglieder ihrer Art mehr trafen, weil sie alle am Abgrund des Aussterbens standen.

Den Abschluß des Buches bilden Informationen über den modernen Homo sapiens. Er ist heute mit rund 6,5 Milliarden Individuen allein auf der Erde und sieht sich gleichzeitig als der Herr des Planeten. Zahlreiche Hinweise unterstreichen, dass er erst seit rund 200 000 Jahre existiert – „nichts”, wenn man auf die etwa 7 Millionen Jahre bis zu seinem Erscheinen zurückblickt. Wie lange es Homo sapiens allerdings noch geben wird, wird allein die Zukunft klären.

Das Buch ist allgemein zu empfehlen und auch vorzüglich als Geschenk geeignet.

Manfred Reitz, Jena