Der Klinikarzt 2011; 40(10): 477
DOI: 10.1055/s-0031-1295353
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Beatmungspatienten – Pflege gibt neuem Sedativum gute Noten

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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
08. November 2011 (online)

 

Voraussichtlich im Laufe des Oktobers wird in Deutschland der in den USA schon seit über 10 Jahren erhältliche alfa2-Agonist Dexmedetomidin für die Sedierung bis zur RASS-Stufe-3 zugelassen. Die Substanz erlaubt kurze Beatmungszeiten und eine rasche Extubation und ermöglicht eine gute Interaktion mit dem Patienten trotz Sedierung.

Im Vergleich zu dem alfa2-Agonisten Clonidin greift Dexmedetomidin (dexdor®) selektiver am alfa2-Rezeptor an und hat eine kürzere Halbwertszeit. Es erlaube deswegen eine tiefere Sedierung als Clonidin und sei deutlich besser steuerbar, betonte Prof. Peter Tonner, Bremen. Im Vergleich zu anderen Basissedativa wie Propofol oder Midazolam führe die Substanz zu einer anderen Qualität der Sedierung, so Tonner. Die Patienten seien genauso effektiv sedierbar wie etwa mit Midazolam, dabei aber kooperativer und besser ansprechbar.

Leichte Vorteile bei den Beatmungsparametern

Um die Zulassung in Europa zu erhalten, wurden 2 Studien durchgeführt, in denen das Sedativum mit den beiden Therapiestandards Midazolam und Propofol verglichen wurde. In beide randomisierte, doppelt verblindete Studien wurden jeweils rund 500 mechanisch beatmete Patienten aufgenommen. Ziel war eine leichte bis moderate Sedierung bis maximal RASS-3. Primärer Endpunkt waren in beiden Studien die Nicht-Unterlegenheit gegenüber der Kontrollsubstanz im Hinblick auf das Erreichen der Zielsedierung sowie die Dauer der mechanischen Beatmung.

In beiden Studien gab es teilweise signifikante Vorteile für Dexmedetomidin. Beim Sedierungsziel waren die Sedativa jeweils ähnlich gut. Der Anteil der Patienten, die ohne Rescue-Medikation das individuelle Sedierungsziel erreichten, lag in allen Gruppen bei etwas über 60 %. Bei einer Sedierung mit Dexmedetomidin wurden die Patienten jeweils kürzer beatmet und früher extubiert. Dabei gab es im Vergleich zu Midazolam einen signifikanten Vorteil bei der durchschnittlichen Beatmungsdauer (123 gegenüber 164 Stunden, p = 0,03) und im Vergleich zu Propofol einen signifikanten Vorteil bei der Zeit bis zur Extubation (69 gegenüber 93 Stunden, p = 0,04).


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Patienten kooperativer und besser erweckbar

Für den sekundären Endpunkt bewertete das Pflegepersonal jeweils Kooperation, Ansprechbarkeit und Erweckbarkeit. In allen 3 Dimensionen wurde Dexmedetomidin signifikant besser bewertet als der jeweilige Komparator. Aus Sicht der internistischen Intensivmedizin sei das Sedativum vor allem bei Patienten mit nicht-invasiver Maskenbeatmung sowie bei multimorbiden, agitierten Patienten eine Bereicherung, betonte Dr. Ingrid Pretsch, Salzburg. Dr. Ulf Günther, Bonn, sieht interessante Einsatzszenarien aus anästhesiologischer Sicht unter anderem bei schwer zu entwöhnenden Patienten, ECMO-Patienten und Patienten mit Langzeitbeatmung. Beachtet werden müssten bei einem Einsatz von alfa2-Agonisten mögliche Kreislaufreaktionen, so Tonner. Vorsicht geboten sei bei Patienten mit Hypovolämie, Hypotonie und bradykarden Herzrhythmusstörungen.

Philipp Grätzel von Grätz

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(Bild: CD 73 Healthcare)

Quelle: Symposium "Die Zukunft in ICU Sedierung und Delirium Prävention", im Rahmen des Hauptstadtkongresses Anästhesiologie und Intensivmedizin (HAI 2011), 12. September 2011. Veranstalter: Orion Pharma


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(Bild: CD 73 Healthcare)