Einführung
Das Thema "Kooperationen zwischen Krankenhäusern und Ärzten" ist heute wegen diverser
nicht eindeutig geklärter Rechtsfragen so aktuell wie zu Beginn der intensiven Diskussion
vor einigen Jahren. Im Laufe der Zeit haben sich die Diskussionsschwerpunkte verlagert,
wobei sich derzeit, jedenfalls bei bestimmten Formen der Kooperation, die Diskussion
vorrangig um die Frage dreht, ob und unter welchen Voraussetzungen für den Arzt ein
sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt. Bekannt geworden
ist, dass die Deutsche Rentenversicherung Bund wohl umfassende Prüfungsverfahren eingeleitet
hat [
1
]. Wirtschaftliche Gründe zwingen über alle Fachgebiete hinweg Krankenhäuser und Ärzte
Kooperationen einzugehen, weil darin ein erhebliches Einsparpotenzial gesehen wird.
Für das Fachgebiet der Radiologie gilt dies in besonderer Weise, weil dieses einem
enormen technologischen Fortschritt bei der Weiterentwicklung medizintechnischer Geräte
(Röntgen, MRT, CT) unterworfen ist, was die Überlebensdauer der Geräte sinken und
die Investitionskosten für Krankenhäuser und Praxen steigen lässt. Radiologische Kooperationen
sind daher für beide Seiten existenziell. Krankenhäuser benötigen, um wirtschaftlich
zu arbeiten, eine maximale Auslastung ihrer Infrastruktur, wozu neben Betten insbesondere
die vorgehaltenen Geräte zählen. Gleichzeitig beklagen viele Krankenhäuser einen Ärztemangel,
den sie versuchen durch den Einsatz externer Ärzte zu überbrücken und hierdurch möglichst
Einsparungen vorzunehmen.
Die vertragliche Gestaltung von Kooperationsverträgen muss insbesondere den gesetzlichen
Vorgaben des Vertragsarzt-, Krankenhaus-, Berufs-, Zivil-, Arbeits- und Sozialversicherungsrechts
genügen. Eine Befassung mit sämtlichen Rechtsfragen würde den Umfang dieses Beitrages
sprengen, sodass primär die sozialversicherungsrechtliche Seite sowie die Abrechnungsfähigkeit
von Krankenhausleistungen beim Einsatz von Ärzten, die nicht im Krankenhaus angestellt
sind, erläutert wird. Aus rechtlicher Perspektive kann die rechtssichere Gestaltung
und Praktizierung von Kooperationen bei bestimmten Kooperationsformen schwierig sein,
da die Rechtslage teilweise, auf Grund fehlender oder schwammiger gesetzlicher Regelungen
in den genannten Rechtsgebieten, nicht eindeutig ist. Der Gesetzgeber sieht sich offenbar
nach wie vor nicht in der Pflicht, klare Rahmenbedingungen zu schaffen, obwohl er
sich immerhin seit dem Gesundheitsstrukturgesetz 1992 [
2
] auf die Fahnen geschrieben hat, die Grenzen zwischen ambulanter und stationärer
Versorgung zu überwinden. Dementsprechend sind die Rechtspositionen von Gerichten,
Juristen, Ärztekammern, Kassenärztlichen Vereinigungen und Verbänden alles andere
als einheitlich. Das Ziel kann daher bei der Umsetzung und Gestaltung von Kooperationen
häufig nur darin bestehen, rechtliche Risiken so weit wie möglich zu reduzieren.
Kooperationsformen
Kooperationen zwischen Krankenhäusern und Radiologen sind vielfältig. Der vom Krankenhaus
für die Erbringung von Krankenhausleistungen hinzugezogene Arzt tritt unter Begrifflichkeiten
wie z.B. "Honorararzt", "Konsiliararzt", "Vertretungsarzt" oder auch "Kooperationsarzt"
auf. Zu beachten ist, dass die Begrifflichkeiten mangels gesetzlicher Vorgaben uneinheitlich
verwendet werden, sodass sich hinter gleichen Bezeichnungen durchaus unterschiedliche
Kooperationsarten verbergen können und umgekehrt.
In Anlehnung an die Stellungnahme der BÄK und der KBV soll nachfolgend zur Einordnung
der denkbaren Kooperationsmöglichkeiten, die mit unterschiedlichen Rechtsproblemen
belegt sind, eine begriffliche Systematisierung erfolgen. Angemerkt sei dabei, dass
die Bezeichnung in einem Vertrag für die juristische Einordnung der Kooperationsform
nicht aus-schlaggebend ist: Es kommt stets darauf an, wie die Verträge von den Kooperationspartnern
tatsächlich gelebt werden.
Die BÄK und die KBV gehen bei der begrifflichen Systematisierung der verschiedenen
Kooperationsformen davon aus, dass die honorarärztliche Tätigkeit unterschiedliche
Ausübungsformen kennt. Sie führen im Anschluss an diese Ausführungen den "Konsiliararzt",
"Vertretungsarzt", "Kooperationsarzt" und den "Honorar-Belegarzt" [
6
] auf.
Radiologischer Konsiliararzt
Der Begriff des Konsiliararztes ist gesetzlich nicht definiert. In Anlehnung an den
lateinischen Begriff "Consilium" [
7
] ist der radiologische Konsiliararzt nach diesseitiger Auffassung jemand, der beratend
und unterstützend zu einer Untersuchung oder Diagnostik, also lediglich ergänzend,
hinzugezogen wird. Die Hauptverantwortung liegt bei einem anderen Arzt, der das radiologische
Konsil Fallweise zur eigenen Beratung anfordert. Der Konsiliararzt rechnet seine Vergütung
für die von ihm erbrachten Konsile mit dem Krankenhaus nach Maßgabe des Konsiliararztvertrages
ab, während das Krankenhaus sämtliche Leistungen gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung
bzw. – bei Privatleistungen – unmittelbar gegenüber den Patienten abrechnet.
Die genannte Definition des Konsiliararztes deckt sich mit den Definitionen der KBV
und der BÄK sowie der DKG in den beiden zitierten Stellungnahmen, die auch in der
juristischen Literatur und Rechtsprechung recht unbestritten ist.
In der Stellungnahme der KBV und der BÄK heißt es auf Seite 17:
"Konsiliararzt
Diese honorarärztliche Tätigkeit basiert auf der Einzelanforderung von Leistungen.
In der Regel zieht ein Krankenhaus den Konsiliararzt zwecks ergänzender Klärung einer
medizinischen Fragestellung hinzu. Er unterstützt seinen ärztlichen Kollegen, indem
er ihn nach entsprechender Untersuchung des Patienten berät."
Die DKG führt dazu in ihrer Stellungnahme aus:
"1. Konsiliararzt
Die konsiliarärztliche – beratende – Tätigkeit niedergelassener Vertragsärzte für
Krankenhäuser ist – ähnlich der belegärztlichen Tätigkeit – in der Praxis ebenfalls
seit langem etabliert. Sie betrifft in der Regel Fachgebiete, die am Krankenhaus nicht
vertreten sind, oder bei denen der Konsiliararzt in einem von Krankenhausseite vorgehaltenen
Fachgebiet als Spezialist eingesetzt wird." (…)
Obwohl unter Juristen weitgehende Einigkeit über den Begriff des "Konsiliararztes"
zu bestehen scheint, sind zwischen Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten häufig
Kooperationsverträge anzutreffen, die als "Konsiliararztverträge" bezeichnet sind,
dem niedergelassenen Radiologen jedoch über reine Unterstützungsleistungen hinaus
weitergehende radiologische Leistungsbefugnisse einräumen. Bestünde z. B. zwischen
einem Krankenhaus und einem niedergelassenen Radiologen bzw. einer radiologischen
Praxis eine Vereinbarung über die Erbringung von konventionellen Röntgenleistungen
gegenüber den stationären Patienten durch die Praxis, läge kein Konsiliararztvertrag
vor, und zwar auch dann nicht, wenn dieser als solcher bezeichnet sein sollte. Die
Rede ist in solchen Fällen häufig von "schwarzen Konsiliararztverträgen" oder auch
"unechten Konsiliararztverträgen", weil sich dahinter eine andere Kooperationsform
als die der konsiliarärztlichen Tätigkeit verbirgt.
Konsiliararztverträge in dem hier verstandenen Sinne sind aus juristischer Sicht unproblematisch.
Zu rechtlichen Implikationen können sie allerdings dann führen, wenn ihre Prüfung
ergibt, dass der niedergelassene Radiologe bzw. die radiologische Praxis nicht rein
konsiliarisch tätig ist, sondern in die radiologische Untersuchung und Befundung von
Patienten in einem darüber hinaus gehenden Umfang eingebunden ist. Eine wesentliche
juristische Aufgabe besteht daher regelmäßig in der Überprüfung der Verträge auf ihren
konsiliarärztlichen Gehalt und ihrer Einordnung unter die passende Kooperationsform.
Die Art der Kooperationsform entscheidet über die (Neu-)Gestaltung des Vertrages und
die Selektion der aufzunehmenden Regelungen.
Radiologischer Vertretungsarzt
Wie bereits erläutert, gehen die BÄK und die KBV davon aus, dass die honorarärztliche
Tätigkeit unterschiedliche Ausübungsformen kennt. Jedoch wird der sog. Vertretungsarzt
als die typische und gängigste Erscheinungsform des Honorararztes angesehen. Zum Vertretungsarzt
führen die BÄK und die KBV auf Seite 16 aus:
"Honorarärzte sind zu Beginn des neuen Jahrzehnts schwerpunktmäßig als Vertretungsärzte
tätig. Das zeigten 2010 geführte Gespräche mit Institutionen, Verbänden und Einrichtungen.
Für diese Einschätzung spricht auch die Verteilung der Mitglieder im Berufsverband
der Honorarärzte sowie die erhobenen Studiendaten (s. 2. Kapitel "Zahlen, Daten, Fakten").
60,5 % der Studienteilnehmer arbeiten auf honorarärztlicher Basis in der stationären
Versorgung, 29,4 % in der Notdienstversorgung und 17,8 % in Praxisvertretungen. (...)."
Weiter heißt es in der Zusammenfassung auf Seite 17:
"(...) Honorarärzte sind Fachärztinnen und Fachärzte, die in medizinischen Einrichtungen
zeitlich befristet und auf Honorarbasis freiberuflich tätig sind. Diese Begriffsbestimmung
trifft insbesondere auf den derzeit überwiegenden Typus des Vertretungsarztes zu.
Weitere Typologien sind der Ko-operationsarzt, der "Honorar-Belegarzt" und der Konsiliararzt."
Es handelt sich demnach um Fachärzte, die zeitlich befristet und freiberuflich tätig
sind. Das Tätigkeitsfeld des Vertretungsarztes beschränkt sich auf dieses, er arbeitet
also als "Springer" jeweils für einen begrenzten Zeitraum in verschiedenen Krankenhäusern
und/oder in Praxen. Der Vertretungsarzt ist parallel nicht in eigener Praxis oder
in dauerhafter Anstellung tätig. Sein Honorar wird mit dem Krankenhausträger individuell,
z.B. nach Stunden- oder Tagessatz, vereinbart. Ein festes Gehalt wird gerade nicht
bezahlt.
Der radiologische Vertretungsarzt wird ggf. in die Arbeitsabläufe des Krankenhausträgers
in zumindest ähnlicher Weise wie seine angestellten Ärzte eingebunden sein. Die eingangs
erwähnte Diskussion um die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen für den Arzt
ein sozialver-sicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt, ist daher beim
radiologischen Vertretungsarzt von besonderer Relevanz. Die Vertragsgestaltung und
die tatsächlichen Verhältnisse müssen dieser Problematik Rechnung tragen und das Risiko
der Annahme eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses minimieren.
Ob ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis oder eine selbstständige freiberufliche
Tätigkeit gegeben ist, beurteilt sich nach dem konkreten Einzelfall über eine Gesamtbetrachtung
von Merkmalen, die als kennzeichnend für die eine bzw. die andere Tätigkeitsform angesehen
werden. Entscheidend ist, welche Merkmale überwiegen. Als "Beschäftigung" und damit
als sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis wird nach § 7 Abs. 1 Satz
1 SGB IV die "nichtselbstständige Arbeit" angesehen, wobei insbesondere das Vorliegen
eines "Arbeitsverhältnisses" genannt wird. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB V sieht Anhaltspunkte
für eine Beschäftigung bei einer Ausführung der Tätigkeit nach Weisung und bei einer
Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Der radiologische Vertretungsarzt
sollte daher so selbstbestimmt wie möglich agieren können. Weitere Merkmale für eine
selbstständige Tätigkeit ist das Tragen eines Unternehmerrisikos, die Nutzung eigener
Räume und Arbeitsmittel.
Rechtsfolgen der Scheinselbstständigkeit
Wird die Tätigkeit des radiologischen Vertretungsarztes als "Scheinselbstständigkeit"
angesehen, so können sich daraus für ihn und den Krankenhausträger eine Reihe unangenehmer
Rechtsfolgen ergeben. Bei einer "Beschäftigung" ist der Beschäftigte in allen Sozialversicherungszweigen
sozialversicherungspflichtig (Kranken-, Pflege-, Renten-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung).
Für die Nachentrichtung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge haftet der Krankenhausträger
für den Arbeitgeber- und den Arbeitnehmeranteil alleine. Ein Anspruch des Krankenhausträgers
gegen den radiologischen Vertretungsarzt auf Erstattung der Arbeitnehmeranteile ist
durch die Regelung in § 28g SGB IV stark begrenzt, da der Krankenhausträger den Anteil
nur durch Gehaltsabzug bei den nächsten drei Gehaltszahlungen realisieren kann. Grundsätzlich
verjähren rückständige Beiträge innerhalb von vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres,
in dem sie fällig geworden sind. Überdies ist mit einer Lohnsteuernachzahlung zu rechnen,
für die ebenfalls eine vierjährige Verjährungsfrist gilt. Neben den sozialversicherungs-
und steuerrechtlichen Folgen ist ferner für den Krankenhausträger mit arbeitsrechtlichen
Konsequenzen zu rechnen. Der radiologische Vertretungsarzt könnte sich rückwirkend
als Arbeitnehmer einklagen, wobei für ihn dann der Kündigungsschutz gelten würde.
Der Krankenhausträger kann sich möglicherweise, je nach Umfang des Kündigungsschutzes,
nur unter einigen Schwierigkeiten von seinem neuen Arbeitnehmer trennen. Treten die
geschilderten Rechtsfolgen bei einer Vielzahl von Vertretungsärzten auf, hätten diese
insbesondere für den Krankenhausträger massive wirtschaftliche Auswirkungen.
Abrechnung selbstständiger Dritter
Darüber hinaus stellt sich in krankenversicherungsrechtlicher Hinsicht die Frage,
ob und wenn ja welche Krankenhausleistungen durch Ärzte erbracht werden können, die
nicht vom Krankenhausträger angestellt worden sind. Dies ist nach wie vor nicht vollständig
geklärt. Bekanntermaßen hat das Landessozialgericht Sachsen [
8
] in einer viel beachteten Entscheidung die Rechtsauffassung vertreten, dass Leistungen
des Krankenhauses nur die Leistungen sind, die dieses durch eigenes Personal erbringt,
nicht aber die Leistungen selbstständiger Dritter. Die Entscheidung betraf das ambulante
Operieren nach § 115b SGB V, sie wurde jedoch seitens des Gerichts ausdrücklich auf
sämtliche Leistungsbereiche des § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB V und somit auch auf vollstationäre
Leistungen, teilstationäre Leistungen sowie vor- und nachstationäre Leistungen (§
115a SGB V) ausgedehnt. Diese Rechtsauffassung hat zur Konsequenz, dass die durch
selbstständige Dritte erbrachten Leistungen vom Krankenhausträger nicht gegenüber
den gesetzlichen Krankenkassen abgerechnet werden können. Bereits bezahlte Leistungen
könnten von den Krankenhäusern innerhalb von vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres,
in dem der Anspruch entstanden ist, zurückgefordert werden. Der Einsatz von Honorarärzten
wäre daher für die Krankenhäuser mit einem entsprechenden Risiko verbunden. Die Entscheidung
des Landessozialgerichts Sachsen ist wegen der Rücknahme der Klage in letzter Instanz
vor dem Bundessozialgericht rechtlich nicht mehr existent, gleichwohl hat sie die
Diskussion um den Einsatz selbstständiger Dritter in die Erbringung von Krankenhausleistungen
mehr als entfacht. Dabei sei angemerkt, dass in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung,
zuständig für die Krankenhausplanung, oder auch in Entscheidungen von Schiedsstellen
im Bereich der Krankenhausvergütung, gegenteilige Rechtsauffassungen vertreten werden.
Dies verdeutlich die unklare Rechtslage und den Handlungsbedarf auf Seiten des Gesetzgebers.
In diesem Jahr hat schließlich das Bundessozialgericht [
9
] doch noch die Gelegenheit bekommen, sich zu dem Einsatz von "freien Mitarbeitern"
im Krankenhaus zu äußern. Die Entscheidung betraf ausschließlich das ambulante Operieren
nach § 115b SGB V, sodass nach wie vor keine die Diskussion beendende höchstrichterliche
Entscheidung zu den übrigen Krankenhausleistungen (vollstationär, teilstationär, vor-
und nachstationär) vorliegt. In dem der Entscheidung des Bundessozialgerichts zugrunde
liegenden Fall waren ambulante Operationen von Vertragsärzten erbracht und über die
Kassenärztliche Vereinigung als vertragsärztliche Leistungen abgerechnet worden, während
vom Krankenhaus die Leistungen der Anästhesie unmittelbar mit den gesetzlichen Krankenkassen
als Krankenhausleistungen abgerechnet worden waren. Gegenstand des Rechtsstreits war
daher zunächst die Frage, ob die beiden einheitlichen Leistungen bei der Abrechnung
aufteilbar waren, was das Bundessozialgericht verneinte. In diesem Zusammenhang äußerte
sich das Gericht zu dem vom AOP-Vertrag vorgegebenen rechtlichen Rahmen, der bei Kooperationen
über die Erbringung von ambulanten Operationsleistungen zu beachten sei. Unter die
Formulierung "Operateur des Krankenhauses" seien nur solche Ärzte zu fassen, die beim
Krankenhaus als Angestellte oder Beamte fest angestellt seien, sodass die "freie Mitarbeit"
eines Vertragsarztes von der Formulierung nicht erfasst sei. Als Argument verwies
das Bundessozialgericht darauf, dass eigenes Personal, welches in die Organisations-
und Weisungsstruktur des Krankenhauses eingebunden sei, am ehesten nach dem Maßstab
höchstmöglicher Qualifikation ausgewählt, angeleitet und überwacht werden würde. Das
Gericht argumentierte ferner nicht nur mit dem rechtlichen Rahmen des AOP-Vertrages,
der sich durch die Vertragspartner ändern ließe, sondern auch mit der gesetzlichen
Formulierung in § 107 Abs. 1 Nr. 3 SGB V "jederzeit verfügbares" Personal, wozu nach
Meinung des Bundessozialgerichts ein Vertragsarzt, der vorrangig seiner Praxistätigkeit
verpflichtet sei, "nicht ohne Weiteres" zähle. Zu der Frage, ob dies für den Vertretungsarzt
anders zu beurteilen ist, weil dieser parallel nicht in eigener Praxis tätig ist,
musste sich das Gericht nicht äußern.
Für den radiologischen Vertretungsarzt und die ihn einsetzenden Krankenhäuser bringt
die Entscheidung des Bundessozialgerichts keine Rechtssicherheit, weil die Rechtslage,
etwa bei der Erbringung stationärer Leistungen, nach wie vor ungeklärt ist. Darüber
hinaus ist – worauf bereits die BÄK und die KBV in ihrer Stellungnahme hingewiesen
haben – am derzeitigen Rechtszustand zu kritisieren, dass zur Minimierung der sozialversicherungs-,
arbeits-, und steuerrechtlichen Risiken die Eingliederung des Honorararztes in die
Arbeitsorganisation des Krankenhaus möglichst klein gehalten werden sollte, während
im Gegensatz dazu aus krankenversicherungsrechtlicher Perspektive die Eingliederung
in die Arbeitsorganisation forciert werden sollte, um möglichst die Abrechnungsfähigkeit
der Krankenhausleistung zu erreichen.
Kooperationsarzt
Unter Kooperationsärzten verstehen die BÄK und die KBV in ihrer Stellungnahme niedergelassene
Ärzte, die gegen Honorar für Krankenhäuser Krankenhausleistungen erbringen.
In der Stellungnahme heißt es auf Seite 16:
"Kooperationsärzte sind in der Regel niedergelassene Ärzte, die gegen Honorar in medizinischen
Einrichtungen arbeiten und z.B. für Kliniken die Hauptbehandlungs- bzw. wesentlichen
Leistungen erbringen. (...)"
Im Bereich der Radiologie ist diese Kooperationsform, wenn sie auf die vollständige
oder teilweise Ausgliederung von radiologischen Leistungen gerichtet ist, aus wirtschaftlichen
Gründen wegen der teuren Medizintechnik (Röntgen, MRT, CT) von besonderer Bedeutung.
Wird die radiologische Krankenhausabteilung vollständig ausgelagert, werden die stationären
Patienten von der, in der Regel in den Räumlichkeiten des Krankenhauses betriebenen,
radiologischen Praxis versorgt. Über die Räumlichkeiten schließen die radiologische
Praxis und der Krankenhausträger daher in der Regel einen Mietvertrag ab. Neben dem
vollständigen Outsourcing ist auch denkbar, dass nur einzelne Leistungen ausgelagert
werden, wobei die Details der Kooperation vielfältig sein können. So kann z.B. die
radiologische Praxis auf bestimmte Leistungsbereiche der Radiologie (z.B. konventionelles
Röntgen) gegenüber stationären Patienten (GKV-Patienten und/oder Wahlleistungspatienten)
begrenzt sein, weil das Krankenhaus nach wie vor mit den MRT- und CT-Leistungen betraut
ist. Die Kooperationspartner müssten sich in einer entsprechenden Vereinbarung auf
die Aufteilung der Leistungsbereiche und die Vergütung für die Erbringung der Krankenhausleistungen
durch die Praxis (in der Regel nach GOÄ) verständigen. Erfolgt die Erbringung der
MRT- und CT-Leistungen mit den Geräten der Praxis, überlässt die radiologische Praxis
dem Krankenhaus die Geräte gegen entgeltliche Nutzung, sodass ein entsprechender Nutzungsüberlassungsvertrag
geschlossen werden müsste. Denkbar ist natürlich auch, dass die radiologischen Geräte
dem Krankenhausträger gehören oder vom Krankenhausträger und der Praxis gemeinsam
angeschafft worden sind. Darüber hinaus können Regelungen zur Überlassung des Personals
des Krankenhauses bzw. der radiologischen Praxis vereinbart werden.
Ob ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis oder eine selbstständige freiberufliche
Tätigkeit gegeben ist, beurteilt sich auch für den Kooperationsarzt über eine Gesamtbetrachtung
oben genannter Merkmale, wobei es stets auf den Einzelfall ankommt. Die soeben beispielhaft
beschriebene Kooperationsform ist nach diesseitiger Auffassung nicht mit dem rechtlichen
Risiko verbunden, als abhängiges Beschäftigungsverhältnis qualifiziert zu werden.
Denn die Radiologen agieren hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung ihrer
Tätigkeit selbstbestimmt. Sie führen die Untersuchungen und Befundungen der stationären
Patienten in eigener Praxis aus, verfügen also über eine eigene Betriebsstätte und
tragen ein eigenes Unternehmerrisiko.
Wie bereits unter dem Punkt "Radiologischer Vertretungsarzt" erläutert, ist die Frage
der Abrechnungsfähigkeit stationärer Leistungen als Krankenhausleistung durch den
Krankenhausträger gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen ungeklärt, wenn sie durch
nicht am Krankenhaus angestellte Ärzte erbracht werden.
Anders als für ambulante Leistungen gilt für voll- und teilstationäre Leistungen die
Regelung in § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 KHEntgG, wonach zu den allgemeinen Krankenhausleistungen
auch die vom Krankenhaus veranlassten Leistungen Dritter zählen. Mit dieser Vorschrift
ist zunächst klargestellt, dass das Krankenhaus die notwendigen Versorgungsleistungen
nicht selbst erbringen muss, sondern auch eine Leistungsbeschaffung auf eigene Kosten
bei Dritten rechtlich möglich ist [
10
]. Dass eine Leistungserbringung durch Dritte allerdings nicht uneingeschränkt eingeräumt
wird, zeigt die oben zitierte Entscheidung des Landessozialgerichts Sachsen, welches
seine Entscheidung über ambulante Operationen hinaus ausdrücklich auch auf voll- und
teilstationäre Leistungen erstreckt hat, die wiederum unter den Anwendungsbereich
von § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 KHEntgG fallen.
"Drittleistungen" nach der Rechtsprechung des BSG
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts [
11
] können Leistungen als derartige "Drittleistungen" und damit als Krankenhausleistungen
nur dann angesehen werden, wenn die "Gesamtverantwortung" für die Behandlung nicht
bei dem Dritten liegt. Im Verhältnis zur Hauptbehandlungsleistung des Krankenhauses
muss der Dritte eine Leistung erbringen, die ergänzende oder unterstützende Funktion
hat. Ob radiologische Leistungen als solche Drittleistungen im Sinne von § 2 Abs.
2 Satz 2 Nr. 2 KHEntgG angesehen werden können, ist in der Rechtsprechung nicht explizit
geklärt. Insofern sollte die aktuelle Diskussion um die Erbringung von Krankenhausleistungen
durch nicht am Krankenhaus angestellte Ärzte weiter verfolgt werden. Nach diesseitiger
Auffassung können radiologische Leistungen unterstützende und ergänzende Funktion
im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 KHEntgG haben, wenn mit ihnen die Diagnostik
und Therapie von Patienten aus sämtlichen Fachgebieten vorbereitet, unterstützt und
kontrolliert wird. Die Gesamtverantwortung für den stationären Patienten liegt bei
der für ihn zuständigen Fachabteilung.
Kooperationen bei Großgeräten
Prognostisch steht zu vermuten, dass die Sozialgerichtsbarkeit sich schwer tun dürfte,
für eine radiologische Kooperationsform der beschriebenen Art, Restriktionen vorzunehmen
wie es das Bundessozialgericht für ambulante Operationen bereits getan hat. Denn es
war stets gesundheitspolitisch erklärtes Ziel, im Großgerätebereich Kooperationen
zwischen Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten zur wirtschaftlichen Ausnutzung
der Geräte zu ermöglichen. Dies vor dem Hintergrund, dass ohne Kooperationen die radiologische
Versorgung in Deutschland kaum finanzierbar sein dürfte. Auf die Notwendigkeit von
Kooperationen hat das Bundessozialgericht bereits in einer Entscheidung aus dem Jahr
1995 [
12
], die die zulassungsrechtliche Beurteilung der Privatisierung einer radiologischen
Krankenhausabteilung betraf, explizit verwiesen. Ferner zitierte das Gericht die damals
existierende Regelung in § 122 Abs. 1 SGB V, wonach der Gesetzgeber im Großgerätebereich
Kooperationen forderte. Sollte sich die Sozialgerichtsbarkeit zukünftig auf den Standpunkt
stellen, dass Kooperationen zwischen Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten auch
jenseits der ambulanten Operationsleistungen nach § 115b SGB V mit lediglich angestellten
Krankenhausärzten möglich sind, wäre genau zu prüfen, ob sich entsprechende Entscheidungen
auf radiologische Leistungen übertragen ließen. Nach diesseitiger Auffassung hätte
die Radiologie eine gut begründbare Sonderstellung, die auch bei den Sozialgerichten
Gehör finden könnte, da sie dem dort stets bemühtem Argument der Sicherstellung der
finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung entgegen kommt.