Pneumologie 2012; 66(03): 184-187
DOI: 10.1055/s-0031-1291634
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Erfassung der Tagesschläfrigkeit mittels Epworth-Schläfrigkeits-Skala und einem 3-Item-Fragebogen bei obstruktiver Schlafapnoe

Detection of Daytime Sleepiness Using Epworth Sleepiness Scale and a 3-Item Questionnaire in Obstructive Sleep Apnea
K. H. Rühle
1   Klinik für Pneumologie, HELIOS-Klinik Ambrock Hagen
3   Universität Witten-Herdecke
,
O. Kuhtin
2   HELIOS Klinik Krefeld, Thoraxchirurgie
,
U. Domanski
1   Klinik für Pneumologie, HELIOS-Klinik Ambrock Hagen
,
K. J. Franke
1   Klinik für Pneumologie, HELIOS-Klinik Ambrock Hagen
3   Universität Witten-Herdecke
,
G. Nilius
1   Klinik für Pneumologie, HELIOS-Klinik Ambrock Hagen
3   Universität Witten-Herdecke
› Author Affiliations
Further Information

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Karl-Heinz Rühle
HELIOS-Klinik Ambrock
Klinik für Pneumologie
Ambrockerweg 60
58091 Hagen

Publication History

eingereicht 30 November 2011

akzeptiert nach Revision 21 December 2011

Publication Date:
27 January 2012 (online)

 

Zusammenfassung

Einleitung: In der Epworth-Schläfrigkeits-Skala (ESS) wird nach der Wahrscheinlichkeit des Einschlafens in 8 spezifischen Situationen gefragt. Pathologische Schläfrigkeit (TS) von Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe (OSA) wird am häufigsten bei einem ESS-Score ≥ 11 diagnostiziert (TS-ESS). In einer epidemiologischen Studie zur Prävalenz des Schlafapnoe-Syndroms (OSAS) wurden zur Charakterisierung pathologischer Tagesschläfrigkeit (TS-Young) lediglich 3 Fragen mit Ja-Nein-Antworten verwandt: Aufgrund der unterschiedlichen Fragenkonstruktion der ESS und des Young-Fragebogens fragten wir, ob im Vergleich zur ESS eine größere Anzahl von Patienten mit OSA und TS mit der Kombination beider Fragebögen identifiziert wird. Zusätzlich überprüften wir die Schläfrigkeitsfragebögen (FB) an mittels objektivem Vigilanztest definierten Gruppen von OSA-Patienten.

Methodik: Mittels PSG wurden 328 OSA-Patienten mit einem AHI ≥ 5 identifiziert. Die Vigilanz wurde mit dem Computerprogramm CARDA untersucht.

Ergebnisse: Mit beiden FB fand sich mit 48 % derselbe Prozentsatz von Patienten mit AHI > 5 mit pathologischer Schläfrigkeit. Durch Kombination beider FB (TS-Komb) erhöhte sich die Anzahl der Patienten von 158 (48,2 %) auf 195 (59,5 %) signifikant. Die Kombination ergab damit eine signifikant höhere Trefferquote mit zusätzlich 37 (11,3%) Patienten im Vergleich zur TS-ESS allein. Kombiniert man bei Patienten mit unterdurchschnittlicher Fehlerzahl (n = 192) im Vigilanztest beide FB, resultiert eine Zunahme von TS von 23,2 % auf 31,4 % dieser Fälle p < 0,001.

Schlussfolgerungen: Als Einzeltest können beide Fragebögen mit gleicher Trefferquote für Tagesschläfrigkeit verwendet werden. Durch die Kombination beider Fragebögen findet man im Vergleich zur ESS allein besonders bei Patienten ohne Einschränkung der Vigilanz einen höheren Prozentsatz von Tagesschläfrigkeit.


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Abstract

Introduction: The Epworth Sleepiness Scale (ESS) describes the likelihood of falling asleep in 8 specific situations. Pathological sleepiness (TS) of patients with obstructive sleep apnea (OSA) is most often diagnosed with an ESS score ≥ 11 (TS-ESS). In an epidemiological study on the prevalence of sleep apnea syndrome (OSAS), only three questions with yes-no answers were used for the characterization of pathological daytime sleepiness (TS-Young): Due to the different construction of the ESS and the Young's questionnaire, we asked whether with the combination of the two questionnaires a larger number of patients with OSA and TS compared to the ESS can be identified. In addition, we examined the sleepiness questionnaires (FB) using objective vigilance in defined groups of OSA patients.

Methods: Using PSG 328 OSA patients with an AHI ≥ 5 were identified. Vigilance was examined using the computer program CARDA.

Results: With both FB the same percentage of patients with AHI > 5 with pathological sleepiness was found (48 %). By combining both FB (TS-comb), the number of patients increased from 158 (48.2 %) to 195 (59.5 %) significantly. The combination showed a significantly higher percentage with additional 37 (11.3 %) patients in comparison to the TS-ESS alone. Combining both FB, an increase of TS resulted in patients with below-average number of errors in the vigilance test (n = 192) from 23.2 % to 31.4 % of these cases (p < 0.001).

Conclusions: As a single test both questionnaires can be used to detect daytime sleepiness with equal incidence. Combining both questionnaires a higher percentage of daytime sleepiness can be found in comparison to the ESS-questionnaire alone especially in patients without disturbance of vigilance.


#

Einleitung

Eines der wichtigsten Symptome bei schlafbezogenen Atmungsstörungen insbesondere beim obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom (OSAS) stellt die Tagesschläfrigkeit (TS) dar. Ihre Wertigkeit wird u. a. dadurch offensichtlich, dass viele Verkehrsunfälle durch Schläfrigkeit am Steuer ausgelöst werden [1]. Die berichtete, subjektive Schläfrigkeit der Patienten kann mit verschiedenen Fragebögen charakterisiert werden. Am häufigsten wird die Epworth-Sleepiness-Scale (ESS) verwendet, welche die Schlafneigung bei acht spezifischen Situationen mit unterschiedlichem Wachdruck beschreibt [2] [3] [4] [5] [6]. Pathologische TS besteht bei einem ESS-Score ≥ 11 (TS-ESS) [7]. Eine Studie im deutschen Sprachraum bestätigte diesen Grenzwert [8].

In einer früheren epidemiologischen Studie zur Prävalenz des Schlafapnoe-Syndroms wurden zur Charakterisierung der Tagesschläfrigkeit die 3 folgenden Beschwerden verwandt [9]: Mehr als an 2 Tagen in der Woche auftretende

  • Tagesschläfrigkeit,

  • unerfrischtes Aufwachen,

  • unkontrollierbare Schläfrigkeit, die im Tagesablauf stört.

Zur Definition von Hypersomnolenz (TS) wurde die positive Beantwortung aller 3 Fragen verwandt (TS-Young). Bei einem AHI > 5 /h und TS-Young wurde bei Männern eine Prävalenz von 4 % und bei Frauen von 2 % gefunden.

Da die Fragen der ESS nach Wahrscheinlichkeiten von manchen Patienten nicht valide ausgefüllt werden können, untersuchten wir, ob die Fragenkombination nach Young mit einfacher, dichotomer Skalierung und Beantwortung der Fragen mit Ja oder Nein im Vergleich zur ESS einen höheren Prozentsatz von Patienten mit OSA und TS erfasst. Vergleichende Untersuchungen zur Tagesschläfrigkeit mit der ESS und dem von uns verwendeten Fragebogen mit den Fragen nach T. Young wurden bisher nicht durchgeführt.

In einem ersten Schritt verglichen wir die beiden Tests an einer OSA-Patienten-Gruppe, die wir mittels AHI > 5 definierten.

Allerdings wird bei diesem Vorgehen kein objektives Kriterium zur Charakterisierung des Schweregrades der Schläfrigkeit benutzt.

In einer Untersuchung von Adams [10] konnte gezeigt werden, dass eine negative Assoziation zwischen Schläfrigkeit und Vigilanz besteht.

Zum Nachweis einer verminderten Vigilanz stand uns ein Vigilanztest (Carda) [11], ähnlich dem häufig eingesetzten Vigilanztest (Steer Clear), zur Verfügung [12].

Damit war es möglich, in einem zweiten Schritt die Schläfrigkeitsfragebögen an verschiedenen Gruppen von OSA-Patienten, definiert mit einem objektiven Testverfahren, zu vergleichen.


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Methodik

Ausgewertet wurden retrospektiv die Daten von 350 konsekutiven Patienten, die im ersten Halbjahr 2009 stationär im Schlaflabor der Klinik zur Diagnostik bei Verdacht auf obstruktive Schlafapnoe aufgenommen wurden. Am Tag der Aufnahme beantwortete der Patient sowohl den ESS-Fragebogen als auch einen Fragebogen mit den 3 Fragen nach Young. Als Tagesschläfrigkeit wurde gewertet, wenn der ESS-Score ≥ 11 betrug und dann als TS-ESS bezeichnet. Weiterhin wurde als Tagesschläfrigkeit gewertet, wenn alle 3 Fragen nach Young positiv beantwortet wurden, und dann als TS-Young bezeichnet. Die diagnostische Polysomnografie erfolgte in der ersten Nacht nach Aufnahme. Am 2. Tag nach Aufnahme wurde jeweils der Vigilanztest durchgeführt. Die Auswertung der PSG erfolgte nach den Kriterien von Rechtschaffen und Kales (R&K).

Bei dem Vigilanztest Carda handelt es sich um ein Turbo-Pascal-Programm, bei dem auf einem Bildschirm mit dunklem Hintergrund eine Straße mit einem Mittel- und Seitenstreifen dargestellt wird. Intermittierend und zufällig werden auf der Straße für die Dauer von 20 ms mit einer Häufigkeit von 100 Ereignissen pro 10 min rechteckige Hindernisse gezeigt. Der Patient wurde gebeten, auf ein Hindernis mit dem Tippen der Leertaste zu reagieren. Als Fehler wurde gewertet, wenn innerhalb einer Sekunde keine Reaktion erfolgte. Die Testdauer betrug für alle Patienten 30 min. Die prozentuale Fehlerrate wurde aus der Anzahl der Fehler, bezogen auf die Gesamtzahl der präsentierten Hindernisse berechnet. Die mittlere Fehlerzahl bei einer Gruppe von 51 Probanden lag bei 4,7 ± 4,3 % [11].

Auswertung: Zur Untersuchung der Frage, ob die Vigilanz bei Kombination beider FB die Quote für Tageschläfrigkeit beeinflusst, bildeten wir anhand des Mittelwertes der Fehler im Vigilanztest 2 Gruppen mit unterdurchschnittlicher (≥ 5 % Fehler) bzw. überdurchschnittlicher Vigilanz (< 5 % Fehler ) bezogen auf die gesamten OSA-Gruppe (n = 328). Schließlich untersuchten wir die Kombination beider FB bei einer Gruppe mit eingeschränkter Vigilanz, die wir anhand einer Fehlerrate oberhalb des Mittelwertes plus Standardabweichung (> 9 % Fehlerrate) definierten.

Ergebnisse: Bei 22 Fällen mit einem AHI < 5 wurde die Diagnose einer OSA ausgeschlossen. Unter den 328 verbleibenden Patienten befanden sich 273 (83,2 %) Männer und 55 (16,8 %) Frauen. Das Alter lag bei 53,5 ± 11,6 Jahren (19 bis 79 Jahren). Das auf die Körpergröße bezogene Gewicht aller Patienten (Body Mass Index, BMI) lag im Mittel bei 32,0 ± 6,2 (siehe [Tab. 1]).

Tab. 1

Anthropometrische und polysomnografische Daten der untersuchten Patienten.

Gesamtes Patientenkollektiv

Männer

Frauen

Patientenzahl

328

273 (83,2 %)

55 (16,8 %)

Alter

53,5 ± 11,6

53,4 ± 11,7

54,3 ± 12,6

Größe (cm)

175,7 ± 8,7

177,7 ± 7,9

165,9 ± 6,6

Gewicht (kg)

98,9 ± 21,4

100,3 ± 20,6

91,5 ± 23,4

BMI

32,0 ± 6,2

31,7 ± 5,9

33,1 ± 7,6

AHI

36,0 ± 25,6

37,8 ± 25,5

27,3 ± 24,8

SO2 min (%)

76,9 ± 10,7

76,9 ± 10,8

77,3 ± 10,2

SO2 mittl. NREM (%)

91,9 ± 3,1

91,9 ± 3,1

92,1 ± 2,8

SO2 mittl. REM (%)

87,9 ± 17,2

87,6 ± 17,9

89,2 ± 13,2

Vigilanztest (Fehler %)

7,3 ± 9,8

6,7 ± 9,8

10,2 ± 9,3

ESS-Score

10,4 ± 5,3

10,4 ± 5,3

10,5 ± 5,4

Zwischen der Zahl der Patienten mit TS-ESS n = 158 /273 (48,2 %) und TS-Young, n = 156 /273 (47,6 %), besteht im Chi²-Test kein signifikanter Unterschied (p = 0,909) (siehe  [Tab.2]).

Tab. 2

Anzahl und Prozentsatz der Patienten mit und ohne Hypersomnolenz, definiert anhand des Grenzwertes der ESS (TS-ESS) bzw. des Young-Fragebogens (TS-Young).

Patientenkollektiv (n = 328) AHI > 5

TS-Young-positiv (n = 156, 47,6 %)

TS-Young-negativ (n = 172, 52,4 %)

TS-ESS-positiv (n = 158, 48,2 %)

133 (40,5 %)

 39 (11,9 %)

TS-ESS-negativ (n = 170, 51,8 %)

 37 (11,3 %)

119 (36,3 %)

Berücksichtigt man von jedem Patienten einen pathologischen ESS-Score und/oder einen pathologischen Young-Score, erhöht sich die Anzahl der Patienten von 158 (48,2 %) auf 195 (59,5 %) signifikant.

Eine Kombination aus den beiden Fragebögen mit TS-ESS und TS-Young zeigt damit eine signifikant höhere Trefferquote mit zusätzlich 37 (11,3 %) Patienten im Vergleich zur TS-ESS allein. Der Unterschied ist auf dem Niveau p < 0,01 (McNemar Test) signifikant.

Die Anzahl der Fälle, bei denen das Ergebnis bzgl. Tagesschläfrigkeit übereinstimmt bzw. divergiert, ist aus der [Tab. 2] ersichtlich.

Wir fanden eine Übereinstimmung von TS-ESS und TS-Young in 133 Fällen (40,5 %) und keine TS-ESS und TS-Young bei 119 Fällen (36,3 %).

Eine Divergenz der Ergebnisse sehen wir in 76 (39 und 37) Fällen(23,2 %).

Der Prozentsatz an Patienten mit Schläfrigkeit bei unterdurchschnittlicher Fehlerzahl ≤ 5 % im Vigilanztest war mit TS-ESS 23,2 % bzw. TS-Young 23,5 % nicht signifikant different. Das Gleiche gilt für die Gruppe mit überdurchschnittlicher Fehlerzahl > 5 %. Die Kombination beider FB bei unterdurchschnittlicher Fehlerzahl ergab eine signifikante Zunahme von Patienten mit TS von 23,2 % auf 31,4 % aller Fälle (p < 0,001). Eine geringere, aber ebenfalls signifikante Zunahme der Fälle von 25 % auf 28,1 % ergab sich in der Gruppe mit überdurchschnittlicher Fehlerzahl im Vigilanztest.

In der Gruppe mit pathologischer Vigilanzstörung (Fehlerzahl > 9 %) lag die Anzahl der Patienten mit TS-ESS mit 50 (15,2 %) signifikant über derjenigen mit TS-Young mit 42 (12,8 %). Eine Kombination beider FB ergab gegenüber der ESS allein keinen weiteren prozentualen Zuwachs an TS ([Tab. 3]).

Tab. 3

Anzahl der Patienten mit unterdurchschnittlicher ( < 4,7 %), überdurchschnittlicher ( > 4,7 %) und signifikant erhöhter ( > 9 % ) Fehlerzahl im Vigilanztest (CARDA) mit der ermittelten Zahl von Patienten mit pathologischer Tagesschläfrigkeit anhand der eingesetzten Fragebögen (ESS und Young), Prozentsatz in Klammern. Signifikante Differenz, wenn p < 0,05 (Chi²-Test).

Vigilanz-Test
Fehlende Reaktion
(%)

Patientenzahl
n (%)

TS-ESS
n (%)

TS-Young
n (%)

Chi²-Test
TS-ESS vs TS-Young
p

TS-ESS und/oder TS-Young vs TS-ESS
n (%)

Chi²-Test
TS-ESS vs Kombination
p

≤ 5

192 (58,5 %)

76 (23,2 %)

77 (23,5 %)

1,0

103 (31,4 %)

< 0,001

 > 5

136 (41,5 %)

82 (25 %)

79 (24,09 %)

0,68

 92 (28,05 %)

0,002

 > 9

 70 (21,3 %)

50 (15,2 %)

42 (12,8 %)

0,008

 50 (15,2 %)

1,000


#

Diskussion

Häufig wird die Einschätzung der TS durch Patienten infolge verschiedener äußerer Faktoren und der Formulierung der Fragen in den Fragebögen beeinflusst. Die Antworten auf Fragen nach Wahrscheinlichkeiten des Einschlafens bei verschiedenen Situationen sind u. a. von dem Verstehen der Frage abhängig. Genauere Untersuchungen zur ESS bzgl. Verständnisschwierigkeiten bei jüngeren OSA-Patienten liegen nicht vor. Ältere Patienten konnten in 28 % aller Fälle nicht alle Fragen der ESS beantworten [13]. Eine sehr viel konkretere Formulierung mit offensichtlicher „face validity“ wurde in der häufig zitierten epidemiologischen Studie von T. Young [9] verwendet. Hier werden gut fassbare und leicht zu beantwortende konkrete Fragen mit möglichen Ja-Nein Antworten gestellt.

Wir stellten bei dem Vergleich der beiden FB fest, dass sowohl mittels ESS als auch des 3 Fragen enthaltenden Fragebogens zur Schläfrigkeit bei knapp 50 Prozent aller Patienten mit OSA und einem AHI > 5 pathologische Schläfrigkeit gefunden wurde. Wir fragten uns weiter, ob durch eine Kombination der ESS mit dem Young-Fragebogen zusätzlich Patienten mit Verständnisschwierigkeiten bei der Beantwortung der ESS-Fragen erfasst werden. In dem Young-FB wird nicht wie in der ESS nach der Wahrscheinlichkeit, während des normalen Alltagsleben in der letzten Zeit einzuschlafen, sondern nach Häufigkeiten in einem definierten Zeitraum gefragt, sodass damit andere, differente Informationen geliefert werden.

Nachdem die ESS mit dem FB nach Young kombiniert wurde, konnte ein signifikant höherer Prozentsatz mit TS-Komb in der Patientengruppe mit einem AHI > 5 identifiziert werden. Es stellt sich deshalb die Frage, ob nicht zur Erhöhung der Sensitivität bei der Erfassung der subjektiven Schläfrigkeit zusätzlich der Young-FB zum Einsatz kommen sollte. Der zeitliche Aufwand für Arzt und Patient ist gering.

Wir fragten uns, ob die Patienten genauer charakterisiert werden können, deren Tagesschläfrigkeit nicht durch die TS-ESS, sondern erst durch die TS-Young-Kriterien erfasst werden.

Dazu bot sich der bei allen Patienten durchgeführte Vigilanztest zur Bildung von Untergruppen von OSA-Patienten an. Die Gruppeneinteilung erfolgte anhand des Referenz-Mittelwertes. Wir bildeten OSA-Gruppen mit geringerer und höherer Fehlerzahl im Vergleich zu diesem Mittelwert. In der Gruppe ohne Vigilanzstörung fanden wir durch die Kombination der FB im Vergleich mit der ESS allein den größten Zuwachs von 24,09 % auf 31,4 % der Patienten mit TS. Eventuell erfasst in dieser Gruppe die Frage nach unerfrischtem Aufwachen einen weiteren, weniger ausgeprägten Aspekt der Schläfrigkeit, der in der ESS nicht berücksichtigt wird.

Bemerkenswert ist, dass in der Gruppe mit eingeschränkter Vigilanz, d. h. mit einer Fehlerzahl > 9 gegenüber TS-ESS, durch den zusätzlichen Young-FB keine weiteren Fälle mit TS hinzukommen.

Auffallend ist mit 21,3 % der geringe Prozentsatz aller OSA-Patienten mit eingeschränkter Vigilanz in dem von uns verwendeten CARDA-Vigilanztest. Wahrscheinlich ist ein einzelner Test nicht ausreichend, um das gesamte Spektrum der Leistungseinschränkung zu erfassen. Erst durch den Einsatz mehrerer Tests zur selektiven und geteilten Aufmerksamkeit konnte gezeigt werden, dass 95 % der untersuchten OSA-Patienten Vigilanz- oder Aufmerksamkeitsdefizite aufwiesen [14].

Allerdings ist ein solcher Aufwand mit mehreren Tests in der Routine in Zeiten der Verknappung der personellen Ressourcen nicht realisierbar. Aufgrund der geringen Sensitivität eines einzelnen Vigilanztests bzgl. der Erfassung von Defiziten könnte mit geringem Aufwand ein zusätzlicher Fragebogen zur subjektiven Tagesschläfrigkeit (TS-Young) mit der ESS kombiniert werden. Dies würde vor allem bei fehlender Vigilanzstörung die Quote der Patienten mit Tagesschläfrigkeit erhöhen.

Ein weiterer Aspekt unseres Vergleichs des ESS-FB mit dem 3-Item-FB nach Young ist die Tatsache, dass mit beiden Fragebögen der gleiche Prozentsatz von Patienten mit TS gefunden wurde. Selbst wenn die damalige epidemiologische Wisconsin-Studie mit dem heute am meisten benutzten ESS-FB durchgeführt worden wäre, würde dies an den Berechnungen zur Prävalenz von OSAS nichts ändern. Bei zusätzlicher Befragung mittels ESS hätte sich allerdings nach unseren Ergebnissen die Zahl der OSA-Patienten mit dem Symptom Schläfrigkeit um 11,9 % erhöht.

Schlussfolgerungen

Als einzelner Fragebogen zur Diagnostik der TS eignen sich sowohl die ESS als auch der Fragebogen nach Young mit gleicher Häufigkeit von Tagesschläfrigkeit. Kombiniert man die beiden Fragebögen, findet man in einem signifikant höheren Prozentsatz Hypersomnolenz, jeweils definiert anhand der angegebenen Grenzwerte. Vor allem bei Patienten mit geringer oder fehlender Vigilanzstörung findet man durch die Addition von 3 Fragen, die in der Wisconsin-Studie zur Frage der Prävalenz des OSAS verwandt wurden, einen im Vergleich zur ESS höheren Prozentsatz von OSA-Patienten mit Tagesschläfrigkeit.


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Interessenkonflikt

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

  • Literatur

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Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Karl-Heinz Rühle
HELIOS-Klinik Ambrock
Klinik für Pneumologie
Ambrockerweg 60
58091 Hagen

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