ZWR - Das Deutsche Zahnärzteblatt 2011; 120(07/08): 345
DOI: 10.1055/s-0031-1286624
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Nachhaltigkeit in der Gerodontolgie

Cornelia Gins
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Publication Date:
23 August 2011 (online)

Die zahnmedizinische Versorgung im Alter war diesjähriges Tagungsthema sowohl bei der DGZ/DGEndo in Düsseldorf als auch bei der DGPro in Hamburg. Keine Frage also, dass wir mit der vorliegenden Ausgabe ”Gerodontologie“ voll im Trend liegen. Alle demografischen Statistiken bestätigen, dass die Gruppe der Generationen 60+, 70+ und sogar 80+ immer größer werden wird. Geistig und körperlich fit – das strebt jeder an. Eine stabile Mundsituation gehört dazu. Das bedeutet für den Zahnarzt bei seiner Planung und Behandlung eine besondere Herausforderung, denn die Therapieansätze beispielsweise bei den Patienten der Generation 70+ sehen heutzutage anders aus als noch vor 20 Jahren. Lag damals bereits schon Zahnlosigkeit oder ein reduziertes Restgebiss vor, sind die Patienten dieser Altersklasse nun noch mit einem festsitzenden Zahnersatz versorgt. Aus Erfahrung können Sie sicher bestätigen, dass jetzt die Probleme beginnen. Oft fanden keine regelmäßigen Zahnarztbesuche mehr statt, da die Patienten durch Krankheit verhindert waren oder Angst davor hatten, dass etwas verändert werden muss, mit dem man doch so gut zurechtgekommen ist. Mit den Folgen des gesamten zahnärztlichen Spektrums. Eine Neuplanung gestaltet sich nun um einiges schwieriger als vor den schon erwähnten 20 Jahren. Erst einmal hat sich das Therapiespektrum vergrößert, und vor dem Hintergrund der Festzuschüsse mit den sich ergebenden Alternativen wird die Planung und Beratung sehr komplex. Zum anderen sind die zu behandelnden Zähne oft nicht mehr wirklich gut, aber auch nicht wirklich schlecht.

Um das aktuelle Schlagwort ”Nachhaltigkeit“ zu bemühen, muss ich oft entscheiden, sind die Zähne noch zu belassen und wenn ja, wie lang wird das gut gehen. Mal abgesehen von der Gewährleistungspflicht müssen bei der Planung auch die eventuellen Risiken bedacht werden, die das zunehmende Alter des Patienten mit sich bringen können. So schön es ja wäre, wenn durch regelmäßige Prophylaxe all dem vorgebeugt werden könnte. Ich bezweifle aber, dass das flächendeckende Realität wird, zumal die PZR eine Privatleistung ist.

All das muss bedacht werden. Im Rausch der fast unbegrenzten Möglichkeiten, Zähne zu versorgen und Lücken zu füllen, wird zu leicht vergessen, dass der natürliche körperliche Alterungsprozess trotzdem nicht aufzuhalten ist. In der Tat ist es möglich, in der Zahnmedizin so zu tun, als wenn die Patienten alterslos sind. In den anderen Disziplinen der Medizin ist das nur bedingt möglich. Um dem Rechnung zu tragen, sind die Beiträge ausgewählt. Kollegen, die schon länger in der Praxis sind und ihre Patienten über die Jahre begleitet haben, werden die Inhalte bestätigen können. Für die jüngeren ist es hoffentlich eine Anregung bei der Versorgung der Generationen +++ daran zu denken, dass in der Zahnheilkunde inzwischen zwar fast alles machbar ist, aber es trotzdem natürliche Grenzen zu beachten gilt.

Ihre

Cornelia Gins