Abb. 3 Verschiedene Pilzgattungen der Gruppe der Mucoromycotina verursachen die sehr seltene Pilzinfektion Mucormykose. Die Abbildung zeigt einen der möglichen Erreger, ein reifes Sporangium von Mucor sp., auch Köpfchenschimmel genannt.
(Quelle: Centers for Disease Control and Prevention (CDC)/Dr. Lucille K. Georg)
Ende Mai 2011 wurden weite Teile der Stadt Joplin im Südwesten des US-amerikanischen Bundesstaats Missouri von -einem der verheerendsten Tornados der amerikanischen Geschichte verwüstet. Die Stadt hat 50 000 Einwohner. Es gab fast 1000 Verletzte und 155 Menschen starben. Von den Gebäuden wurden etwa 75 % beschädigt. Ein Viertel der Stadt war nach der Naturkatastrophe vollständig zerstört.
Einige Verstorbene hätten ihre Wunden vermutlich überlebt, wenn sie nicht an Mucormykose erkrankt wären. Nach dem Tornado wurde eine ungewöhnliche Häufung der Pilzinfektion, die eigentlich sehr selten auftritt, beobachtet. Acht durch den Tornado verletzte Menschen erkrankten daran. Drei von ihnen überlebten die Infektion nicht.
Die Mucormykose ist eine oft lebensbedrohliche Erkrankung. Sie befällt vor allem Personen, deren Immunsystem geschwächt ist. Dazu gehören insbesondere Menschen mit Diabetes, Krebs, Neutropenie oder immunsupprimierte Patienten nach Organtransplantationen. Diese infizieren sich durch Inhalation der Pilzsporen. Die Pilze befallen zunächst die Lunge, die Nasennebenhöhlen, die Augen oder das Gesicht. Auch das Zentrale Nervensystem kann in Mitleidenschaft gezogen werden. Unbehandelt kann sich die Infektion innerhalb kurzer Zeit über den ganzen Körper ausbreiten. Die Mortalitätsrate ist hoch.
Die Tornado-Opfer erkrankten an der noch selteneren kutanen Form der Mucormykose. Alle hatten während des Sturms schwere, multiple Verletzungen erlitten, bei denen sich später sekundäre Wundinfektionen bildeten. Es waren also vermutlich Erde, Pflanzenteile oder andere Fremdkörper durch offene Wunden unter die Haut gelangt – und mit ihnen die Pilzsporen.
Zunächst wuchs bei infizierten Verletzten eine weiße, weiche Schicht auf den Wunden. Auch nach Entfernen der betroffenen Hautpartien weiteten sich die Infektionen aus. In einigen Fällen mussten Extremitäten amputiert werden, um die Ausbreitung zu stoppen. Befanden sich infizierte Wunden in Kopfnähe, war es nicht immer möglich, die Patienten zu retten. Ähnliche Häufungen von Mucormykosefällen waren auch schon an der indonesischen Küste 2004 nach dem Tsunami und anderen, großen Naturkatastrophen aufgetreten.
Pilze der Gruppe Mucoromycotina verursachen die Infektion. Früher war die Erkrankung unter dem Namen Zygomykose bekannt, allerdings wurde das namensgebende, paraphyletische Taxon der Zygomycota (Jochpilze) aufgelöst. Die Kerngruppen der ursprünglichen Jochpilze blieben jedoch in der Gruppe der Mucoromycotina erhalten.
Neben der chirurgischen Entfernung der abgestorbenen Hautpartien wird Mucormykose mit einem Antimykotikum behandelt: entweder der Wirkstoff Amphotericin B intravenös oder Posaconazol in oraler Form. Die Behandlung sollte unverzüglich nach den ersten Symptomen beginnen, wenn möglich innerhalb von 24 Stunden, da sich der Pilz sehr rasch im Körper ausbreiten kann.
Dr. Raymund Lösch und Dipl. Biol. Unn Klare, Bad Doberan
Quellen: promed; Centers for Disease Control and Prevention (CDC)