Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2011; 18(04): 161
DOI: 10.1055/s-0031-1285946
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

China – Neues, durch Zecken übertragenes Bunyavirus

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Publikationsdatum:
15. August 2011 (online)

 
 

    Im Frühjahr 2009 traten in Zentralchina vermehrt Fälle einer unbekannten, schwer verlaufenden Fiebererkrankung auf. Die Betroffenen litten unter gastro-intestinalen Beschwerden, Thrombo- und Leucozytopenie und schließlich Multi-organversagen. Die Mortalitätsrate lag anfänglich bei 30 %.

    Die anfängliche Vermutung, dass es sich um Fälle humaner Anaplasmose handelt, konnte bei der Mehrheit der Patienten nicht bestätigt werden. Im März 2010 begann die Zahl der Erkrankungen erneut anzusteigen und eine daraufhin eingeleitete Untersuchung wies ein bisher unbekanntes Phlebovirus im Blut der Erkrankten nach. Dieses zu den Bunyaviren gehörende Virus erhielt den Namen SFTS-Virus (Severe Fever with Thrombocytopenia Syndrome).

    Bisher konnte das neue Virus bei über 280 Erkrankungen nachgewiesen werden. Mehr als 30 Personen verstarben seit März 2009 an den Folgen der Infektion. Die Mortalitätsrate ist mittlerweile auf etwa 12 % gesunken. Noch ist nicht bekannt, wie genau das Virus zum Tode führt.

    Die Untersuchung wies den Erreger bei Patienten der zentral- und nordostchinesischen Provinzen Henan, Hubei, Shandong, Anhui, Jiangsu und Liaoning nach. Bisher lassen sich keine Aussagen treffen, wie weit der Erreger tatsächlich auf dem chinesischen Festland oder darüber hinaus verbreitet ist.

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    Abb. 1 Als möglicher Vektor des neu entdeckten SFTS-Bunyvirus konnte bisher ausschließlich die Zeckenart Haemophysalis longicornis identifiziert werden. Sie ist im gesamten asiatisch-pazifischen Raum einschließlich Australien und Neuseeland verbreitet. (Quelle: Wikimedia Commons)

    Bei den bisher Erkrankten handelt es sich zu 97 % um Bauern, die in der Zeit vor dem Auftreten der ersten Symptome in hügeligen, bewaldeten Regionen ihre Felder bestellt hatten. Drei Viertel von ihnen waren älter als 50 Jahre. Der jüngste Erkrankte war 39 Jahre alt. Männer und Frauen waren etwa gleich oft betroffen.

    Relativ ungewöhnlich für Phleboviren ist, dass das SFTS-Virus anscheinend durch Zecken der Gattung Haemaphysalis übertragen wird. Gewöhnlich handelt es sich bei den Vektoren der Phleboviren um Sandfliegen oder – wie beim Rift-Valley-Fieber – um Aedes-Mücken. Lediglich bei dem nicht humanpathogenen Uukuniemivirus wurden Zecken als Überträger belegt. Die Zeckenart H. longicornis, bei der das SFTS-Virus nachgewiesen werden konnte, ist im asiatisch-pazifischen Raum weit verbreitet und befällt die meisten Säugetierarten, darunter auch viele Haustiere. Ihr zeitliches Vorkommen deckt sich mit dem Auftreten der Krankheitsfälle: Die meisten Fälle werden zwischen Ende März und Mitte Juli gemeldet.

    Dr. Raymund Lösch und Dipl. Biol. Unn Klare, Bad Doberan

    Quellen: promed; Yu XJ, Liang MF, Zhang SY et al. Fever with thrombocytopenia associated with a novel bunyavirus in China. N Engl J Med 2011; 364: 1523–32




     
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    Abb. 1 Als möglicher Vektor des neu entdeckten SFTS-Bunyvirus konnte bisher ausschließlich die Zeckenart Haemophysalis longicornis identifiziert werden. Sie ist im gesamten asiatisch-pazifischen Raum einschließlich Australien und Neuseeland verbreitet. (Quelle: Wikimedia Commons)