Schlüsselwörter interventionelle Endosonografie (EUS) - Gastrointestinal(GI)-Trakt - Gallengang -
Papilla Vateri - EUS-geführte Cholangiodränage (EUCD) - ERCP / PTCD
Key words interventional endoscopic ultrasonography (EUS) - gastrointestinal(GI) tract - bile
duct - papilla of Vater - EUS-guided cholangiodrainage (EUCD) - ERCP / PTCD
Einleitung
Die transluminale Cholangiodränage (Synonym: EUS-gestützte [transluminale] Cholangiodränage
[EUCD]) stellt eine neue, alternative Herangehensweise der suffizienten, interventionell-
endoskopischen und damit minimalinvasiven Versorgung der Obstruktion von Gallenwegen
dar. Die Methode kann bei erfolglosem Versuch der endoskopischen Dränage via ERC oder
bei Problemen bzw. Kontraindikationen zur PTCD zum Einsatz kommen [1 ]
[2 ]
[3 ]
[4 ]
[5 ]
[6 ]
[7 ]
. Grundlage für den erfolgreichen Einsatz dieser neuen Dränagetechnik ist neben einem
hohen Level der klinischen Erfahrung, die eine adäquate Indikationsstellung einschließt,
v. a. eine außerordentliche Expertise im interventionell-endoskopischen und -endosonografischen
Handling.
Neben der differenzialtherapeutischen, endoskopisch / -sonografisch basierten Therapie
von Pankreaspseudozysten, -abszessen und -nekrosen [8 ]
[9 ] sowie der EUS-gestützten, teils mit ERP kombinierten Pankreasgangdränage (EUPD)
[2 ]
[3 ]
[10 ]
[11 ]
[12 ]
[13 ] beginnt sich damit ein weiterer Meilenstein der durchaus als NOTES zu betrachtenden
interventionellen Endoskopie und -sonografie im klinischen Alltag zu etablieren.
Das Ziel der vorliegenden kompakten Kurzübersicht ist es, die technischen Möglichkeiten
in Korrelation zu den spezifischen klinischen Konstellationen darzustellen und unter
den Gesichtspunkten
technische Machbarkeit,
klinische Erfolgsrate,
Komplikationsrate sowie
Limitationen und Grenzen
der EUS-gestützten Cholangiodränage ihre Relevanz für den klinischen Alltag bei entsprechender
Expertise eines Zentrums zu charakterisieren sowie unter Einbeziehung aktueller Literaturdaten
kritisch zu würdigen [14 ].
Pathoanatomischer / -physiologischer Hintergrund – Indikationen
Pathoanatomischer / -physiologischer Hintergrund – Indikationen
Die endoskopische retrograde Cholangiodränage (ERC) oder alternativ bei Unmöglichkeit
des transpapillären Zuganges die perkutane transhepatische Cholangiodränage (PTCD)
gelten als etablierte Methoden der Wahl und als Goldstandard bei maligner biliärer
Obstruktion [15 ]
[16 ]
[17 ]
[18 ]
[19 ]
[20 ] zur Anlage einer Cholangiodränage.
Es gibt nicht selten klinische Konstellationen und fallabhängige Umstände, in denen
beide Methoden (nach sequenziellem Vorgehen) versagen, nicht angezeigt sind oder aber
auch abgelehnt werden. Insbesondere die PTCD mit der psychologischen Schwelle einer
zu akzeptierenden extrakorporalen Dauerdränage der Gallenwege mit dem immanenten Komplikationspotenzial
(Lokalinfektion, Leckage, Galle-/Flüssigkeits-/Elektrolytverlust etc.) sind für ein
palliatives Behandlungskonzept mit dem Anspruch „Primum nihil nocere“ eher ungeeignet.
Im Falle
wird die PTCD als alternative Therapieoption bei Cholestase anstelle der nicht erfolg-
bzw. aussichtsreichen therapeutischen ERCP angesehen [18 ]
[19 ]
[20 ]
[21 ]
[22 ]
[23 ]
[24 ]
[25 ].
Die PTCD ist im Vergleich mit der ERC mit einer höheren Komplikationsrate belastet
und zudem mit den Problemen
der existenten, wenn auch niedrigen Rate an Fehlpunktionen mit Hämobilie, Bilhämie,
einer nicht immer erreichbaren extern-internen Dränage bei Unmöglichkeit der Überwindung
der Tumorstenose mit der Folge einer alleinigen externen Dränage mit Galleverlustsyndrom
und
eines für manche Patienten immens bedeutsamen psychologischen Aspekts einer nach extrakorporal
erfolgenden Katheterableitung des Galleabflusses
behaftet [18 ]
[19 ]
[20 ].
Vorbetrachtungen
Die endoskopische Sonografie (EUS) hat sich durch ihre Kombination der Endoskopie
mit der hochauflösenden transmuralen Sonografie von ihrem bis in die Mitte der 90er-Jahre
dominierenden alleinigen diagnostischen Stellenwert gelöst und sich hin zu einer therapeutischen
Methode entwickelt, deren Potenzial derzeit weiter erforscht und vervollkommnet wird
[1 ]
[2 ]
[3 ]
[4 ]
[5 ]
[6 ]
[7 ]
[14 ]
[26 ].
Das Profil EUS-gestützter Therapieansätze ist dabei während der letzten Dekade einem
enormen Wandel hinsichtlich der Erweiterung bzw. Modifizierung des endoskopisch-interventionellen
Spektrums unterworfen worden [14 ].
Diese interventionell-endoskopischen Therapieerweiterungen können die alternativen
operativen Interventionen mit der traumatischen Invasivität mit allen Komplikationen
deutlich limitieren und damit eine Risiko-Nutzen-Relation gerade für das risikoträchtige
Patientenklientel unter palliativer Intention eines malignen Grundleidens weit günstiger
und v. a. sicherer gestalten [14 ]
[27 ]
[28 ].
Rationale und Voraussetzungen
Rationale und Voraussetzungen
Die zunehmende Zahl von palliativ zu behandelnden Patienten induziert das Erfordernis,
auf die manigfaltigen klinischen Konstellationen, die mit einer Gallenwegsobstruktion
ob von endoluminal oder durch Obstruktion von außen einhergehen, flexibel und falladaptiert
zu reagieren.
Es muss der medizinische Anspruch sein, eine optimale und risikoarme Versorgung gerade
in der Situation einer limitierten Lebenserwartung für die Patienten mit malignem
Ikterus herbeizuführen, die den Vorgaben
der Ausführbarkeit,
der Gewährleistung der Vorteile einer (schonenden) minimalen Invasivität,
der Erreichung einer internen und permanenten Galleableitung,
des limitierten Komplikationspotenzials,
der endoskopischen Reinterventionsoption,
der ökonomischen Tragfähigkeit und
der Wahrung einer gebesserten Lebensqualität (trotz Palliation)
gerecht wird [29 ]
[30 ].
Als allgemeiner Vorteil der EUCD im Vergleich zur PTCD ist die Vermeidung einer dauerhaften
bzw. transienten (externen) Gallenwegsdränage aufzuführen. Neben den Komplikationen
einer Leckage mit konsekutiven Hautinfektionen kann v. a. das psychologische Moment
der Verletzung der körperlichen Integrität mit der sichtbaren Dränage als stetig erinnernder
Hinweis auf die Inkurabilität vermieden werden. Daneben wird es aufgrund des „internen“
Galleableitungsverfahrens durch die EUCD möglich, eine endoskopische Reintervention
im Falle von Stentobstruktionen oder anderen Problemen mit der Dränage ausführen zu
können. Der Eingriff ist in diesem Fall vergleichbar mit einer ERCP ohne die gefürchtete
Komplikation einer Pankreatitis [29 ].
Als Nachteile sind
der hohe technische Anspruch in der Ausführung (Kombination von Endoskopie und interventioneller
EUS sowie ERC, versiertes endoskopisches Komplikationsmanagement, hohe technische
Skills des Endoskopieteams, technische (teils kostenintensive) Ausstattung,
der notwendige Hintergrund eines interdisziplinären Zentrums (Viszeralchirurgie, interventionelle
Radiologie)
anzuführen [23 ].
Das hohe Problempotenzial im Falle einer unausweichlich notwendig werdenden Operation
bei endoskopisch nicht beherrschbaren Komplikationen (z. B. Stentmigration in die
Bauchhöhle) erfordert den ebenso erfahrenen und versierten viszeralchirurgischen Partner
des federführenden interventionell-endoskopisch tätigen Gastroenterologen, um die
dann verloren gehenden Vorteile des schonenden endoskopischen Vorgehens (s. o.) durch
die erforderlichen OP-Konsequenzen (Invasivität, Narkose- / OP-Trauma, OP-eigenes
Komplikationsprofil) durch ein gezieltes Vorgehen mit begrenzter Invasivität ausgleichen
zu helfen [21 ]
[22 ]
[23 ]
[24 ]
[25 ].
Technische Ausführung – eigenes Vorgehen [14 ]
Technische Ausführung – eigenes Vorgehen [14 ]
Nach einer eingehenden perkutanen Sonografie durch den Endosonografiker, bei der man
sich über die Lokalisation der Obstruktion und das Ausmaß der Cholestase als auch
über mögliche EUS-Zugangswege ein Bild verschafft, erfolgt die adäquate Aufklärung
des Patienten über den Eingriff inkl. Komplikationen, Alternativen und ggf. einer
notfallmäßigen PTCD oder OP-Konsequenz. Eine periinterventionelle Applikation von
gallenwegsgängigen Antibiotika (z. B. Cephalosporine der 3. Generation) wird in allen
Fällen durchgeführt. Dies dient v. a. der Abschirmung des Patienten vor einer Keiminvasion
während der Intervention an den gestauten Gallengängen, die in mehr als 50 % im eigenen
Patientenklientel in der obligatorischen mikrobiologischen Untersuchung ein pathologisches
Keimspektrum aufwiesen.
Der Patient wird einer EUS mit einem therapeutischen Longitudinalscanner (Hitachi
Medical Systems GmbH, Wiesbaden, Olympus Europa GmbH, Hamburg) auf einem Fluoroskopietisch
unterzogen, wenn eine konventionelle ERCP nicht gelungen war oder diese nicht möglich
ist. Nach Identifikation der gestauten Gallenwege und in Kenntnis der Obstruktionshöhe
und der Anatomie wird ein zentraler intrahepatischer Gallengang (geplante Hepatikoenterostomie)
oder der Ductus hepatocholedochus (geplante Choledocho-Enterostomie) mit einer 19-G-Nadel
(Wilson-Cook Deutschland, Mönchengladbach, Deutschland) punktiert, Gallenflüssigkeit
wird aspiriert (simultan initiierte mikrobiologische Kultur) und der Gang mittels
kontrastmittelverstärkter Fluoroskopie dargestellt. Ein 0,035-Inch-Führungsdraht (Boston
Scientific, Ratingen, Deutschland) wird soweit wie möglich in die Gallenwege eingeführt.
Über den Draht wird ein HF-Ringmesser (MTW-Endoskopie W. Haag KG, Wesel, Deutschland)
transluminal eingebracht und in Einzelfällen (derbes Leberparenchym, weiter Weg) eine
Ballondilatation ausgeführt. In Abhängigkeit von der fallspezifischen Anatomie und
der Art des Herangehens wird wahlweise ein „gecoverter“ Metallstent (Boston Scientific,
Ratingen, Deutschland) oder eine 8,5-French-Pigtail-Plastikprothese (Endoflex, Voerde,
Deutschland) oder eine 8,5- oder 10-French-gerade Amsterdamprothese (Medi-Globe, Achenmühle,
Deutschland) unter EUS- und Endoskopiesicht platziert. Eine obligatorische Kontrolle
der Lage und der Funktion des Stents erfolgt mit transabdomineller Sonografie am ersten
postinterventionellen Tag. Hier achtet man auf eine Aerobilie als Hinweis auf eine
regelrechte Funktion und auf die Länge des intraluminalen Stentanteils im Falle, dass
ein selbstexpandierender Metallstent platziert wurde. Letzteres ist wichtig, da sich
hieraus bereits präferentiell ableiten lässt, ob mit einer Stentmigration zu rechnen
ist.
In mehreren Arbeiten zur EUCD kristallisieren sich 4 Techniken der Dränage heraus,
die in Abhängigkeit von der Anatomie (Papille erreichbar, Z. n. Operation) und dem
Verschlusstyp (proximaler / distaler Verschluss) zum Einsatz kommen und im Weiteren
nach der Reihenfolge des empfohlenen Vorgehens aufgeführt sind:
1. EUCD in Rendezvoustechnik
Patienten mit Verschlussikterus, bei denen die Papille erreichbar, der Gallengang
aber infolge Tumorobturation oder Papillendeformation nicht zu intubieren ist, sind
ideale Kandidaten für eine EUS-gestützte Dränage in Rendezvoustechnik. Nach gezielter
transduodenaler, tangentialer Punktion des DHC oder bei hoher Obstruktion einer Punktion
des linken intrahepatischen Gallenwegssytems (Gallengang 3. Ordnung) mit einer 19-G-Nadel
wird ein 0,035-Inch-Draht eingebracht und dieser aus der Papille ausgeleitet ( [Abb.1 ] [2 ]).
Abb. 1 DHC in ERC nicht sondierbar, daher transduodenale Punktion des D. choledochus mit
19-G-Nadel.
Abb. 2 Ausleitung des Drahtes aus der Papille ins Duodenum und Gerätewechsel auf das Duodenoskop.
Nach Punktion des linken D. hepaticus muss vorher noch der Tumor passiert werden.
Dies gelingt nicht immer und sollte nicht forciert werden, da alternativ eine EUS-geführte
retrograde Dränage möglich ist. Gelingt die Überwindung der Tumorstenose und die Drahtausleitung
aus der Papille, erfolgt der Gerätewechsel auf ein therapeutisches Duodenoskop. Der
Draht wird aufgenommen und ausgeleitet und die ERC in klassischer Weise durchgeführt.
Die Vorteile einer EUS-gestützten Rendezvoustechnik im Vergleich zur alternativen
PTCD nach frustraner ERC liegen darin, dass unmittelbar nach der erfolglosen ERC mithilfe
der EUS eine gezielte Punktion der Gallenwege erfolgen kann und die ERC nach Drahtaufnahme
in konventioneller Technik zu beenden ist. Eine Zweituntersuchung kann dem Patienten
erspart werden, die interne orthograde Dränage gelingt in einer Sitzung. Die Komplikationsrate
ist niedrig, da nach Punktion der Gallenwege außer einer Drahteinführung keine weiteren
Manipulationen stattfinden [31 ].
2. EUCD transhepatisch mit antegrader interner Dränage
Patienten mit malignem Verschlussikterus, bei denen die Papille nicht erreichbar ist
durch:
Z. n. Operationen (B-II, Roux-en-Y-Rekonstruktion des oberen GI-Trakts, [sub-]totale
Gastrektomie, pankreato-duodenale Diversion, Hepatikojejunostomie) oder
maligne Magenausgangsstenosen (Magen-, Pankreas-, Cholangio- und Gallenblasenkarzinom),
können mit zwei verschiedenen Techniken behandelt werden. Bei den Patienten handelt
es sich meist um Obstruktionen der Gallenwege durch Tumorrezidive von gastrointestinalen
oder biliopankreatischen Tumoren, bei denen eine Reoperation in kurativer Absicht
nicht angezeigt ist, oder um Patienten mit primär inkurablen Befunden (Metastasierung,
Komorbidität, lokal fortgeschrittenes Tumorwachstum). Die Punktion des Gallenwegsystems
im linken Leberlappen erfolgt transhepatisch je nach anatomischer Situation über den
Ösophagus, den Magen oder das Jejunum (z. B. hochgezogene Jejunalschlinge) ([Abb. 3 ]). Gelingt die Überwindung der Tumorstenose mit einem 0,035-Inch-Draht, kann ggf.
nach HF-Diathermie oder Ballondehnung der Tumorstenose ein Metallstent tansluminal-transhepatisch
eingebracht werden, der die Tumorstenose intern im Gallenwegsystem überbrückt ([Abb. 4 ]). Gelingt keine Drahtpassage des Tumors, kann eine retrograde Ableitung des Gallenwegsystems
erfolgen (transhepatische, retrograde EUCD).
Abb. 4 Nach transhepatischer Einbringung eines gecoverten Metallstents – Aerobilie.
Abb. 3 Patientin mit obstruktivem Ikterus bei metastasiertem Mammakarzinom, EUS-Punktion
des linken D. hepaticus, Drahtausleitung aus der Papille.
Die Vorteile der transhepatischen antegraden internen Dränage im Vergleich zur PTCD
bei nicht erreichbarer Papille liegen darin, dass eine interne Galleableitung ohne
perkutane Intervention möglich ist. Die Punktion der Leber erfolgt von intestinal,
sodass dieses Vorgehen komplikationsärmer zu sein scheint. Die gefürchtete Stentdislokation
wie bei retrograden Galleableitungen ist mit dieser Technik auszuschließen [32 ].
Nachteil dieser Technik ist, dass die Intervention an der Tumorstenose in jedem Fall
eine Drahtpassage voraussetzt. Dies ist technisch nicht immer möglich – in diesen
Fällen muss auf eine retrograde Hepatico-Intestinostomie ausgewichen werden.
3. EUCD transhepatisch mit retrograder Galleableitung (permanente Hepatico-Enterostomie)
Indikationen für dieses endosonografische Dränageverfahren sind Patienten mit maligner
Obstruktion, bei denen die Papille nicht mehr erreichbar ist und der Tumor im Gallenwegsystem
nicht zu überwinden oder dieser per continuitatem in das intestinale Lumen eingebrochen
ist. In diesen Fällen sollte eine antegrade interne Dränage vermieden werden, da eine
Tumorobturation durch Einwachsen droht, wenn das untere Stentende im Tumor positioniert
wird. Die Intervention beginnt mit einer transhepatischen Punktion eines im Querschnitt
darzustellenden zentralen Gallenganges im linken Leberlappen. Nach Cholangiografie
und Drahtvorschub erfolgt je nach Anatomie der Gangsysteme die Einbringung eines gecoverten
Metallstents oder einer Pigtaildränage ([Abb. 5 ]
[6 ]). In Einzelfällen ist nach regelhafter Konditionierung des Zuganges mit HF-Ringmesser
eine Ballondilatation vor Stentplatzierung erforderlich. Die Einlage des gecoverten
Metallstents hat den Vorteil eines großen Lumens und – nach Freisetzung – einer sofortigen
Abdichtung des Enterostomieostiums. Nachteile sind die Okklusion intrahepatischer
Nebengänge und die hohe Dislokationsgefahr. Letzteres kann man durch endoskopische
Applikation von luminalen Clips vermeiden ([Abb. 7 ]). Eine endoskopische Reintervention ist im weiteren Verlauf bei Dränageproblemen
möglich [4 ]
[33 ].
Abb. 5 Obstruktion bei Lokalrezidiv nach Gastrektomie bei Magenkarzinom; transjejunale EUS,
Punktion des linken D. hepaticus.
Abb. 6 Freisetzung eines SEM.
Abb. 7 Fixation des SEM durch Metallclip.
4. EUCD extrahepatisch mit antegrader Galleableitung (permanente Choledocho-Enterostomie)
Bei Patienten mit malignem peripapillären Verschlussikterus (Metastasierung, Papillen-,
distales Pankreas- oder Cholangiokarzinom bzw. maligner Magenausgangs- oder Duodenalstenose),
bei denen eine extra- und intrahepatische Cholestase vorliegt, die Papille allerdings
nicht mehr erreichbar ist, kann eine extrahepatische antegrade EUS-gestützte Dränage
neben der besprochenen retrograden transhepatischen Dränage versucht werden. Hierbei
wird endosonografisch der Choledochus tangential eingestellt, wobei die Punktion entgegen
der Rendezvoustechnik in Richtung Leberhilus ausgeführt werden sollte ([Abb. 8 ]). Die Punktion erfolgt je nach anatomischer Situation aus dem Bulbus oder dem Antrum.
Nach Punktion mit der 19-G-Nadel und einer Cholangiografie wird ein 0,035-Inch-Draht
eingeführt. Die Choledocho-Enterostomie wird über ein HF-Ringmesser, in Einzelfällen
gefolgt von einer Ballondehnung, für die Stentinsertion vorbereitet. Präferenziell
sollten bei der extrahepatischen antegraden Dränage gecoverte SEM zum Einsatz kommen,
da neben einem sicheren Verschluss der Enterostomie eine stabile Lage der Dränage
bei weitem Lumen erreichbar ist ([Abb. 9 ]
[10 ]).
Abb. 8 – 10 Patient mit fortgeschrittenem Duodenalkarzinom mit Peritonealkarzinose, Z. n. Gastroenterostomie
– Papille im Tumor; transgastrische Punktion des D. choledochus mit 19-G-Nadel; Zugang
über Draht mit HF-Ringmesser, Einlage eines gecoverten SEM.
Um eine Dislokation zu vermeiden, ist die luminale Fixation des Stents mit Metallclips
sinnvoll. Vorteil der antegraden extrahepatischen Choledocho-Enterostomie ist die
Schaffung eines Neoostiums mit der Möglichkeit einer Reintervention am Gallengang,
eine fehlende Obturation von Seitenästen und einer geringeren Dislokationsgefahr [5 ].
Komplikationen
Die Komplikationsraten der EUS-gestützten Cholangiodränage werden in der Literatur
mit 0 – 25 % angegeben [4 ]
[7 ]
[30 ]
[33 ]
[34 ]
[35 ]
[36 ]
[37 ]
[38 ]
[39 ]
[40 ]
[41 ]
[42 ]
[43 ]
[44 ].
Eingriffsimmanent sind luminale Blutungen und Einblutungen in das Gallenwegsystem
sowie seltener Perforationen oder akute Stentdislokationen. Daneben sind Stentmigrationen / -occlusionen
als auch Cholangitiden im kurz- bis mittelfristigen postinterventionellen Verlauf
zu nennen. Ein leichter postinterventioneller Schmerz sowie ein temporäres Pneumoperitoneum
scheinen nach eigenem Erfahrungswert bei ca. 20 – 30 % der Patienten vorzukommen.
Im unmittelbaren postoperativen Verlauf verlieren sich sowohl der Schmerz als auch
die Spuren freier Luft. Der Schmerz ist durch Analgetika gut zu kopieren [1 ]
[4 ]
[5 ]
[6 ]
[10 ]
[34 ]
[35 ].
Die akute Stentmigration eines SEM in die freie Bauchhöhle nach Freisetzung ist ein
seltenes, aber dramatisches Ereignis. Die folgenden Interventionen sollten neben der
Stentbergung und dem sicheren Verschluss des Intestinums auch eine sichere externe
Ableitung der Gallenwege mit PTCD beinhalten. Eine späte Stentdislokation und -okklusion
sind weitere Probleme, die immer in erster Linie endoskopisch angegangen werden.
Interventionsassoziierte Todesfälle sind bei bisher mehr als 200 Anwendungen die Ausnahme
geblieben. Dies ist v. a. der verantwortungsvollen Indikationsstellung und der kompetenten
Expertise der Anwender zuzuschreiben. Trotzdem verloren auch wir schon einen Patienten
nach einer transduodenalen extrahepatischen antegraden Dränage bei peritoneal metastasierendem
Pankreaskarzinom mit Cholestase. Bei dem Patienten kam es am 4. postinterventionellen
Tag zu einer kompletten Stentmigration in die Peritonealhöhle mit Entwicklung einer
foudroyanten Peritonitis. Seit diesem Ereignis versuchen wir aufgrund der endoskopisch / röntgenologisch
ersichtlichen Stentlage nach Freisetzung und in der US-Kontrolle die Stentdislokationsgefahr
abzuschätzen. Bei Gefahr einer Stentdislokation (abgewinkelte Lage, kurzes endoluminals
SEM-Segment im Intestinum, tangentialer Verlauf des SEM zum Intestinum ohne Adaptation
von Intestinum und Leber resp. DHC) versuchen wir eine Dislokation durch Clipapplikation
am luminalen Stentdurchtritt zu vermeiden, seither mit Erfolg. In der Industrie werden
Anstrengungen in der Entwicklung moderner SEMs unternommen, um die Dislokationsgefahr
zu vermindern. Erste Ansätze hierfür zeichnen sich bereits duch den Axios-Stent der
Firma X-Luminal (Mountain View, CA, U.S.A.) ab.
Technischer Erfolg und Langzeitverlauf
Technischer Erfolg und Langzeitverlauf
Die in der Literatur bisher publizierten wenigen Langzeitdaten weisen klinische Erfolgsraten
zwischen 66 und 90 % auf [3 ]
[5 ]
[6 ]
[45 ].
Der technische Erfolg ist bereits während der Prozedur an der erreichten transluminalen
Cholangiografie und der sicheren Stentplatzierung zu messen und mittels Fluoroskopie
als auch endoskopisch-endoluminal mit Print oder Video zu dokumentieren. Daneben wird
der (mittel- bis) langfristige Dränageerfolg durch Besserung oder Verlust des Ikterus,
verbunden mit einem gebesserten subjektiven Befinden und einer durch die Therapie
der begleitenden Cholangitis verbesserten Lebensqualität, validiert.
Begleitende Bestimmungen der laborchemischen Cholestase- (Bilirubin, alkalische Phosphatase)
und Leberparameter (ALAT / ASAT, γ-GT, GLDH) sowie der Entzündungsparameter helfen
den klinischen EUCD-Erfolg zu objektivieren. Wurde unter palliativer Intention eine
EUS-gestützte Gallenwegsdränage erreicht, sollten im weiteren Verlauf Reinterventionen
nur bei klinischem oder laborchemischen Verdacht auf eine Reokklussion oder Progress
der Grunderkrankung mit erneuter Cholestase durchgeführt werden. Die Frage, inwieweit
eine erneute endoskopische oder -sonografische Intervention erforderlich ist und erfolgreich
sein kann, ist idealerweise durch eine perkutane sonografische Untersuchung der Patienten
zu klären, die großzügig, d. h. bei geringsten klinischen Verschlechterungen anberaumt
werden sollte. Dies ist für die Patienten wenig aufwändig, nicht invasiv und hilft
die Vertrauensbasis zwischen dem EUS-Therapeuten und dem Patienten zu festigen und
zudem können rechtzeitig Komplikationen oder Dränageprobleme erkannt werden.
Reintervention
Einer der entscheidenden Vorteile der EUCD ist die prinzipielle Option einer endoskopischen
Reintervention im Komplikations- bzw. Problemfall, die sich durch folgendes Profil
in eigener klinischer Erfahrung auszeichnet:
Replatzierung eines dislozierten Stents (Stentmigration),
Stentwechsel (z. B. bei Stentokklusion),
Stenttausch (Metall- gegen Plastikstent oder umgekehrt),
Steinextraktion durch den Stent,
Einlage weiterer Stents in den Gallengang durch den transhepatischen Zugang und
endoskopische / -sonografische Interventionserweiterung je nach Grunderkrankung (z. B.
Ileustherapie).
Im eigenen Patientenklientel von seinerzeit 52 systematisch interimsanalysierten Patienten
wurden im weiteren „Follow-up“ nur in 4 Fällen Reinterventionen erforderlich, bei
denen die Dränage erfolgreich korrigiert oder gewechselt wurde [45 ].
Dies spricht für die hohe Effizienz einer initial erfolgreichen EUCD und ihres Potenzials
in der palliativen Behandlung des malignen Ikterus, denn eines der vordergründigsten
Ziele in der Palliation ist es, nach Möglichkeit apparative interventionelle Reinterventionen
zu vermeiden.
Wissenschaftliche Bearbeitung
Wissenschaftliche Bearbeitung
Anhand jeweils zentrums- bzw. anwenderspezifischer klinisch-endoskopischer und -sonografischer
Therapieerfahrungen sowie eines einschlägigen Literaturvergleiches wird in systematisch-wissenschaftlicher
Weise im Rahmen von Einzelfallberichten, unizentrischen Fallserien oder multizentrisch
zusammengestellten Behandlungskohorten die neuartige EUS-gestützte Cholangiodränage
im therapeutischen Management konventionell-endoskopisch nicht therapierbarer Gallengangsstenosen
beschrieben.
Vorgehen
Es werden alle konsekutiven symptomatischen Patienten mit Cholestase (definiert als
Ikterus sowie 2-fach erhöhte Laborwerte Bilirubin und alkalische Phosphatase, ALT)
in eine (anwendungsbegleitende) prospektive (möglichst multi-) unizentrische (ggf.
sogar multinationale) systematische Beobachtungsstudie (Fallserie) über einen definierten
Zeitraum einbezogen. Patienten-, befund- und interventionsassoziierte Spezifika werden
dann in computerbasierten Fallregistern dokumentiert. Die Machbarkeit wird mit dem
technischen (erreichte Dränageplatzierung) und klinischen Erfolg (regressive Cholestase,
angezeigt durch rückläufige Cholestase- und Entzündungsparameter / abnehmende Schmerzen,
verbesserte Lebensqualität) charakterisiert. Das „Outcome“ wird bestimmt durch den
klinischen Langzeiterfolg sowie Komplikationsspektrum und -raten (Häufigkeit der postinterventionellen
Blutung, Perforation, Cholangitis, Schmerzen, Reintervention[srat]en, Notfalloperationen / -interventionen)
und die Letalität inkl. der Analyse interventionsunabhängiger Todesfälle.
Zur Verifizierung des optimalen technischen Vorgehens wird indikations- und anatomieadaptiert
ergebnisbeschreibend das Vorgehen und der Weg der Punktion bzw. der Dränageplatzierung:
transesophageal / -gastral / -jejunal [46 ],
Rendezvoustechnik,
transhepatisch intern antegrad,
antegrad extrahepatisch (Choledocho-Enterostomie),
retrograd intrahepatisch (Hepatiko-Enterostomie)
dargestellt, darunter v. a. jene in Rendezvoustechnik mit ERCP. Im Besonderen ist
die Indikation zur EUCD deskriptiv zu differenzieren, meist Cholestase, diese jedoch
durch
Tumorrezidiv (z. B. Magenkarzinom nach vorheriger Gastrektomie; periampulläres Karzinom
nach vorheriger pyloruserhaltender kephaler Pankreatoduodenektomie / OP nach Kausch-Whipple)
Klatskin-Tumor und
benigne Stenose oder Cholangiolithiasis bei Z. n. Hepaticojejunostomie oder B-II-Magenresektion
oder Roux-en-Y-Anastomose mit endoskopisch nicht erreichbarer Anastomose oder Papille
bedingt.
Nicht zuletzt wird die relative Häufigkeit der Insertion der verschiedenen Stentdesigns,
ob Metall- oder Plastikstent und ihre Größe (ca. 8,5-French, 10-French bzw. „double
pigtail“) erfasst. Dies wird im Langzeitverlauf mit der Okklusions- und Stentmigrations-
als auch Reinterventionsrate korreliert, um adaptiert für die jeweilige Indikation
und spezielle Anatomie das optimale Stentdesign anzupassen.
Die Ergebnisse bisheriger, insgesamt sehr heterogener Studien sind in den [Tab. 1 ]
[2 ] wiedergegeben. Eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse ist aufgrund erheblicher Unterschiede
im Patientenkollektiv (Einschluss benigner und maligner Obstruktionen) und im technischen
Vorgehen (Stentart, mit und ohne Bougierung) erheblich eingeschränkt.
Tab. 1
Publizierte Daten zur EUS-gestützten Cholangiodränage 2002 – 2008 (chronologische
Reihenfolge).
Autor
[n]
Stenttyp
techn. Erfolg
Komplikation
klin. Erfolg
Burmester et al. [7 ]
Gastrointest Endosc 2003; 57: 246 – 251
4
Plaststent
75 %
1 Peritonitis
k. A.
Püspök et al. [34 ]
Am J Gastroenterol 2005; 100: 1743 – 1747
6
5 Plaststent
1 SEMS
100 %
16 % (1 Cholezystitis)
k. A.
Kahaleh et al. [35 ]
Gastrointest Endosc 2006; 64: 52 – 59
23
11 Plaststent
10 SEMS
91 %
17 % (1 Blutung, 2 Pneumoperitoneum, 1 Galleleck)
78 %
Bories et al. [4 ]
Endoscopy 2007; 39: 287 – 291
11
7 Plaststent
3 SEMS
90 %
18 % (1 Biliom, 1 Cholangitis)
90 % (2 Reintervention)
Will et al. [33 ]
Endoscopy 2007; 39: 292 – 295
10
4 Plaststent
5 SEMS
90 %
12,5 % (1 Blutung, 1 Cholangitis)
80 %
Tarantino et al. [36 ]
Endoscopy 2008; 40: 336 – 339
8
7 Plaststent
1 Metall
100 %
0 %
100 % (1 Reintervention)
Yamao et al. [37 ]
Endoscopy 2008; 40: 340 – 342
5
Plaststent
100 % (5-CD)
1 Pneumoperitoneum
100 %
Itoi et al. [38 ]
World J Gastroenterol 2008; 14: 6078 – 6082
4
4 Plaststent
100 % (CD)
25 % (1 Blutung, Peritonitis)
75 %
Tab. 2
Publizierte Daten zur EUS-gestützten Cholangiodränage 2009 – 2012 (chronologische
Reihenfolge).
Autor
[n]
Stenttyp
techn. Erfolg
Komplikationen
klin. Erfolg
Brauer et al. [3 ]
Gastrointest Endosc 2009; 70: 471 – 479
12
Plaststent
92 %
(7 R, 4 CD)
1 Peritonitis → OP
1 Pneumoperitoneum
1 pulmonale Insuffizienz
75 % (n = 9 / 12)
Maranki et al. [6 ]
Endoscopy 2009; 41: 532 – 538
49
Metall
Plaststent
84 %
16 %
73 % intrahep.
78 % extrahep.
Horaguchi et al. [39 ]
Dig Endosc 2009; 21: 239 – 244
16
Plaststent
94 %
(8 CD, 7 HD)
12, %
(1 Peritonitis, 16 Stentmigration)
3 Operation
10 Patienten mit Stentwechsel
Park et al. [40 ]
Am J Gastrointerol 2009; 104: 2168 – 2174
14
Metallstent
100 %
2 Pneumoperitoneum
93 %
Hanada et al. [41 ]
Dig Endosc 2009; 21: S75 – S78
4
Plaststent
100 %
keine
100 %
Kim et al. [31 ]
Endoscopy 2010; 42: 496 – 502
15
Plaststent
80 %
Rendezvous
keine
80 %
Ramirez-Luna et al. [5 ]
Endoscopy 2011; 43(9): 826 – 830
11
Plaststent
91 %
(8 CD, 2 HD)
18 %
(1 Biliom, 1 Stentmigration)
90 % (1 Reintervent.)
Hara K et al. [43 ]
Am J Gastroent 2011; 106: 1239 – 1245
18 pcs
Plaststent
94 %
(17 / 18 CD)
2 Peritonitis
1 Hämoblie
100 % (12 Okklusionen; n = 8, 66 % Erfolg)
Siddiqui et al. [42 ]
Surg Endosc 2011; 25(2): 549 – 555
8
SEM
100 %
(8 CD)
1 Perforation → OP
1 Schmerzen
100 %
Komaki et al. [43 ]
Pancreatology 2011; 11: 47 – 51
15
Plaststent
93 %
(1 R, 13 CD)
2 Peritonitis
4 Cholangitis
1 Stentmigration
71 % (n = 10 / 14)
Will et al. [45 ]
Gastrointest Endosc 2011; 73: AB 257
52
28 SEMS
11 Plastst
75 %
3 Cholangitis
1 Hämobilie
1 Peritonitis
3 Stentdislokation(SEM)
90 % 4 Reintervent.
Eum et al. [44 ]
Gastrointest Endosc 2010; 6: 1279 – 1284
4
SEM
100 %
Pilotstudie
PDT, APC
keine
100 %
Park et al. [44 ]
Gastrointest Endosc 2011; 74: 1267 – 1284
55
SEM
Plaststent
96,5 %
28 %
(2 Peritonitis, 2 Blutung, 7 Pneumoperit., 7 Stentmigration)
89 %
Shah et al. [30 ]
Gastrointest Endosc 2012; 75: 56 – 64
66
SEM
Plaststent
50 Rendezv.
Erfolg: 74 %
16 HD: 81 %
10 %
(Leckage, Bakteriämie, Pankreatitis)
k. A.
Schlussfolgernd lässt sich aus der Analyse der Literaturdaten konstatieren, dass die
transmurale EUS-gestützte Cholangiodränage (EUCD) bei entsprechender Expertise für
ein selektioniertes Patientenklientel eine elegante und komplikationsarme Methode
darstellt, die den therapeutischen Handlungsspielraum des interventionellen Endoskopikers
suffizient erweitert. In klinischen Problemsituationen kann die EUCD eine alternative
Ausweglösung darstellen und somit weit invasivere operative Interventionen vermeiden.
Weiterführende systematische und prospektive Studien sind erforderlich, um generelle
Therapieempfehlungen zu Indikation und periinterventionellem klinischen Management
sowie zu einem differenzierten technischen Vorgehen ableiten zu können.
Nachsorge
Die postinterventionelle Betreuung wird entscheidend vom klinischen Zustand als auch
der Lebenserwartung bei den meist palliativen Behandlungen aufgrund eines fortgeschrittenen
oder metastasierten Tumorleidens bestimmt. Die transabdominelle Sonografiekontrolle
am 1. postinterventionellen Tag erscheint inzwischen verbindlich. Hierbei gilt es
bei entsprechender Klinik nach interventionsassoziierten intraabdominellen Flüssigkeitsansammlungen
(ursächlich Blutung, Galle, Inflammation) zu fahnden. Eine persistente Cholestase,
eine fehlende Aerobilie, ein nicht erkennbarer Stent als auch die Zunahme freier Flüssigkeit
im Vergleich zur Sonografie vor EUCD sind im Zusammenhang mit Schmerzen ein Warnsignal
und sollten umgehend weitere diagnostische und therapeutische Maßnahmen veranlassen
(diagnostische Punktion des Aszites [Galleleckage], CT, PTCD).
Periodische Untersuchungsintervalle und das dann zu empfehlende Spektrum (klinische
Untersuchung, Laborprofil, Bildgebung [transabdominale / endoskopische Sonografie,
Endoskopie]) sind Gegenstand des derzeitigen klinischen Erfahrungserwerbs (s. u. Kapitel
„Ausblick“). Eine umgehende klinische, laborchemische und bildgebende Kontrolle des
EUCD-ausführenden Zentrums im Falle von Problemen (AZ-Verschlechterung, Fieber, Schmerzen,
Zunahme des Ikterus etc.) ist dringend anzuraten.
Diskussion
Die erste erfolgreiche EUS-gestützte Cholangiodränage wurde von Giovannini im Jahr
2001 ausgeführt [47 ].
Die EUS-gestützte Intervention am Gallenwegsystem (EUCD) als auch am Pankreasgang
(EUPD) sind erstmals als Fallberichte 2001 und 2003 sowie nachfolgend in kleinen Fallserien
publiziert worden [1 ]
[2 ]
[10 ]
[11 ]
[47 ]
[48 ]
[49 ].
Damit reiht sich die EUCD in das neue Profil interventionell-endosonografischer Prozeduren
ein, die sich mittlerweile neben der transluminalen Angehbarkeit des Pankreasgangs
[2 ]
[11 ]
[30 ]
[48 ] z. B. auch auf (post-)inflammatorische Komplikationen des Pankreas wie Pseudozysten,
Abszesse und infizierte Nekrosen im Rahmen einer nekrotisierenden Pankreatitis (EUS-gestützte
Dränage, endoskopisches Debridement) erstrecken [14 ].
Im Gegensatz zur PTCD, die eine Morbidität von 5 – 20 % aufweist und die in 5 – 10 %
anstatt einer extern-internen lediglich nur eine externe Dränage erreicht, erlaubt
die EUS ein minimalinvasives Vorgehen mit einer primären internen biliären Dränage,
eine niedrige bis wägbare Komplikationsrate und die Möglichkeit einer endoskopischen / -sonografischen
Reintervention bei Dränageproblemen [5 ]
[19 ]
[20 ].
Als eine Voraussetzung für EUS-gestützte transluminale Interventionen gilt die etablierte
und weithin genutzte, EUS-gestützte Feinnadelpunktion [29 ]
[50 ]. Mit der ersten EUS-gestützten Cholangiografie wies Wiersema im Jahr 1996 auf die
Möglichkeit hin, dass auch das Gallenwegsystem für EUS-Interventionen angehbar ist
[51 ].
In einer ersten kleineren Serie an 4 Patienten konnte Burmester 2003 zeigen, dass
auch im Langzeitverlauf beeindruckende Ergebnisse zu erzielen sind [7 ].
Die Indikationen zur EUCD halten sich auch in Zentren der spezialisierten endoskopischen
Intervention mit hoher ERC-Expertise in Grenzen. Um die Häufigkeit zu charakterisieren,
sind die endoskopischen Zahlen beispielhaft im Verhältnis der verschiedenen Methoden
über einen 3-Jahres-Zeitraum in der anfänglichen klinischen Etablierungsphase (2002 – 2005)
der EUCD aufgeführt [33 ].
Ösophagogastroskopie
n = 17 857
EUS
n = 2 371
interventionelle EUS
n = 457
ERCP
n = 2 287
PTCD
n = 36
EUCD
n = 8
In den folgenden Jahren 2005 – 2010 wurden in unserer Abteilung weitere 44 Patienten
mit der EUS-gestützten Dränage behandelt [45 ]. Die Zunahme der EUCD ist in erster Linie in der Indikationsausweitung und unserer
Präferenz der EUCD vor PTCD als auch in der direkten Zuweisung aus anderen Kliniken
speziell zur EUCD bei Problemen mit der PTCD oder frustraner ERC zu sehen. Dennoch
nimmt sich eine derzeitige jährliche Untersuchungsfrequenz an unserem Zentrum von
20 Patienten, bei denen eine EUCD ausgeführt wird, sehr bescheiden aus und soll Hinweis
sein, dass selbst in einem Zentrum die Expertise nicht auf breiter Front aufzubauen
ist. Aufgrund der begrenzten Indikation, der erforderlichen hohen interventionellen
Expertise und der langen Lernkurve sollte die EUCD ausschließlich in hochspezialisierten
endoskopisch-endosonografischen Zentren vorgehalten werden.
Die Vorgehensweisen in den bisher beschriebenen Fallserien sind daneben nur partiell
vergleichbar. Das Methodenspektrum und die Techniken haben sich in den letzten 5 Jahren
außerdem erheblich erweitert. Neben einer Rendezvoustechnik werden die antegrade interne
Dränage und die antegrade Choledocho-Enterostomie sowie die retrograde Hepatico-Enterostomie
beschrieben. Die Techniken wurden an die anatomischen Variationen (Papille erreichbar,
Z. n. Operation) adaptiert [1 ]
[2 ]
[3 ]
[4 ]
[5 ]
[6 ]
[7 ]
[30 ]
[44 ].
Sollte man eine Wichtung bezüglich des empfohlenen Vorgehens durchführen, würde, diese
wie folgt, zu beschreiben sein:
Ist eine ERC indiziert, die aber aufgrund einer destruierten Papille oder eines nicht
zu sondierenden DHC frustran bleibt, sollte in gleicher Sitzung ein EUS-geführtes
Rendezvous versucht werden. Gelingt nach Punktion die Ausleitung des Drahtes, kann
nach Gerätewechsel eine konventionelle ERC durchgeführt werden.
Handelt es sich um einen Patienten mit nicht erreichbarer Papille, kann nach Punktion
und Cholangiografie eine antegrade interne Dränage versucht werden. Voraussetzung
hierfür sind eine Drahtpassage der Stenose und ein offenes intestinales Lumen „hinter“
dem Tumor. Gelingt die Passage des Tumors nicht, kann je nach initialer Punktion (D. hepaticus,
D. choledochus) eine retrograde transhepatische Hepatico-Intestinostomie oder eine
antegrade extrahepatische Choledocho-Intestinostomie versucht werden.
Die Untersuchung beginnt in den meisten Fallserien mit einer Punktion der gestauten
intra- oder extrahepatischen Gallenwege mit einer 19-G-Nadel. Nach Drahtvorschub werden
nunmehr alternativ Bougies von 5 – 7 French und nachfolgend 4-mm- oder 6-mm-Dilatationsballons
eingesetzt oder über den Draht ein HF-Ringmesser vorgeführt. Letztere Methode wurde
von uns inauguriert und wird im klinischen Alltag bevorzugt. Diese hat den Vorteil,
dass in den meisten Fällen auf lumenerweiternde Dilatationen verzichtet werden kann,
da 8,5-French-Pigtailprothesen oder ein gecoverter Metallstent den präformierten Entero-Biliostomie-Kanal
gut passieren. Durch die Applikation von HF-Koagulationsstrom wird zudem das Blutungsrisiko
minimiert.
In den fast 10 Jahren eigener Erfahrungen mit der EUCD stellt sich als eine deletäre
Komplikation der EUCD die peritoneale Galleleckage heraus. Da diese bei häufig infizierter
Galle als Hauptursache für eine Peritonitis und damit für die Morbidität und Letalität
der Methode verantwortlich ist, gilt es, die Leckage zu vermeiden, indem:
die Prozedur patientenadaptiert nach technischen Algorithmen erfolgt,
der transintestinale Wandverschluss nach EUS-Intervention garantiert wird und
durch Einsatz spezieller Stents und deren Sicherung dessen Dislokation oder Migration
verhindert wird.
In den bisher mehr als 200 publizierten Fällen wurde über Komplikationsraten von im
Mittel 15 (Streubreite: 0 – 25) % berichtet. Somit kann die Methode im Vergleich zur
PTCD als komplikationsärmer und relativ sicher eingeschätzt werden. Bisher existiert
nur eine prospektive Studie [38 ], die einen technischen Erfolg von 94 % bei Anlage einer Choledocho-Duodenostomie
erreichen konnte. Neben einer Hämobilie wird über 2 Patienten berichtet, die eine
Peritonitis entwickelten (Komplikation: 17 %). Im Langzeitverlauf traten bei 12 / 17 Patienten
Stentokklussionen der Plastikstents auf, die in 66 % erfolgreich behandelt wurden.
Die Studie zeigt eindrucksvoll, dass die EUCD zwar eine elegante Methode der alternativen
Cholangiodränage darstellt, deren technische Durchführung jedoch in weiteren Studien
evaluiert und verbessert werden muss, um die Komplikationsraten und Reinterventionsraten
zu minimieren.
Ausblick
Der gegenwärtig erreichte weltweite Stand von ca. 200 Fällen mit EUCD legt die Idee
nahe, mittels (inter-)nationalem Fallregister eine systematische Erfassung der versorgten
Fälle durch die Nestoren, Inauguratoren und Schrittmacher der Methode zu initiieren,
um durch Bündelung der erzielten Erfahrungen aus der klinischen Praxis eine kompetente
Indikationsstellung zu vermitteln und in der klinischen Praxis durchsetzen zu helfen.
Die multizentrische (/ -nationale) Falldokumentation im Rahmen einer prospektiven
klinischen systematischen Beobachtungsstudie (s. o. Kapitel „Wissenschaftliche Be- / Aufarbeitung“)
ist dazu ein suffizienter und kompetenter erster Schritt einer wissenschaftlichen
Aufarbeitung und kann durch ihre systematische Weiterverfolgung zu einer neuen Aussagequalität,
insbesondere mit größeren Fallzahlen gelangen.
Ob „Interventionelle EUS-(EUCD-)Kurse für Fortgeschrittene“ der Methode zu einer umsichtigen
Verbreitung verhelfen, muss abgewartet werden. Von großem Interesse werden in diesem
Zusammenhang die sich ergebende Lernkurve und ihre Konsequenzen sein. Derzeit kann
eine EUS-gestützte Dränage nur für Zentren mit hoher Expertise in der interventionellen
EUS unter Vorhaltung komplementärer Methoden zur Cholangiodränage (PTCD, viszerale
Chirurgie, interventionelle Radiologie) empfohlen werden.
Eine interessante Problemstellung betrifft den Umstand der Indikationsausweitung auf
selektive benigne Fallkonstellationen (Anastomosenstenose nach Hepaticojejunostomie,
Cholangiolithiasis nach BII-Magenresektion, Roux-en-Y-Anastomose), die bei verantwortungsvoller
Indikationsstellung in gemeinsamer Entscheidungsfindung mit dem Patienten bereits
heute Anwendung finden.
Da es bisher keine vergleichende Studie mit der PTCD als derzeitigen Goldstandard
nach erfolgloser ERC bei Cholestase gibt, bleibt abzuwarten, ob die EUS-gestützte
Cholangiodränage ihre derzeitige Präferenz als experimentielle Therapie in der Hand
des Spezialisten verlassen und in breiter Front als Therapie der ersten Wahl nach
erfolgloser ERC Anwendung finden kann. Hierzu bedarf es in den Curricula der Ausbildung
zum interventionellen Endoskopiker resp. Endosonografiker aus unserer Sicht erheblicher
Anstrengungen, um die komplikationsarme EUCD flächendeckend anbieten zu können. Ein
unkritischer Einsatz der Methode von in der EUS-gestützten Intervention wenig erfahrenen
Kollegen in Zentren mit eingeschränkter viszeralchirurgischer und interventionell-radiologischer
Kompetenz birgt die Gefahr in sich, den oft schwerkranken Patienten durch die EUS-basierte
Intervention weiteren Schaden zuzufügen. Dies muss im Interesse der uns anvertrauten
Patienten und der Methode dringend vermieden werden.
Fazit
Die EUS-gestützte transluminale (-gastrale, -jejunale, -ösophageale [52 ]) Cholangiodränage mit antegrader oder retrograder Galleableitung oder in Rendezvoustechnik
ist im ausgewählten Fall eine
dem Anspruch von NOTES durchaus genügende,
elegante,
sinnvolle,
in Bezug auf die erforderliche Expertise technisch machbare,
hinsichtlich der Komplikationsrate akzeptabel sichere,
klinisch noch experimentelle aber
ermutigende und
vielversprechende,
hinsichtlich des periinterventionellen Risikos kalkulierbare bzw. tolerable
neue Methode der interventionellen Endoskopie. Die EUCD sollte präferenziell bei maligner
Cholestase und frustraner ERC aufgrund von anatomischen Besonderheiten (postoperativ
veränderte Anatomie des oberen GI-Trakts), tumorbedingten Stenosierungen (nicht erreichbarer / sondierbarer
Papille) und Kontraindikationen oder Problemen der PTCD in Erwägung gezogen werden.
In erfahrenen Zentren der EUS-Intervention kann die Methode der EUCD eine primäre
PTCD nach erfolgloser ERC ersetzen.
Die Intervention sollte durch einen sehr erfahrenen interventionellen Endoskopiker / -sonografiker
eines Zentrums durchgeführt werden. Unabdingbar für die Durchführung der EUCD ist
die Kompetenz eines im chirurgisch-operativen Management endoskopischer Komplikationen
erfahrenen Chirurgen bzw. eines erfahrenen interventionellen Radiologen, um im Falle
von Komplikationen unmittelbar und adäquat intervenieren zu können.
Dies ist eine conditio sine qua non, um die Eingriffsmorbidität zu minimieren und
mögliche Komplikationen zielgerichtet und effektiv zu behandeln.
Als Vorteile der EUCD sind
die limitierte Invasivität (Vermeidung des erheblichen OP-Traumas),
die permanente interne Dränage,
die Erreichung eines zügigen klinischen Effekts der Gallenwegsentlastung, als auch
die weiterbestehende Option einer aussichtsreichen, meist recht unproblematischen,
d. h. nochmaligen endoskopisch / -sonografischen Reintervention und
die Erweiterung des therapeutischen Vorgehensspektrums
zu nennen.
Weiterführende systematische Untersuchungen, insbesondere hinsichtlich der klinischen
Alltagsanwendbarkeit nach Überwindung der singulären, fallspezifischen klinischen
Einführung im Sinne der klinisch-systematischen prospektiven Observationsstudie, ggf.
in simultaner fallunabhängiger methodischer Gegenüberstellung zu ERC und PTCD oder
historischem Vergleich zu diesen Methoden, insbesondere ausgerichtet auf ein engmaschiges
mittel- bis langfristiges Follow-up, erscheinen empfehlenswert.
Dies hilft den allgemeinen Erfahrungswert zu erhöhen, insbesondere im Hinblick auf
Komplikationen oder fatale Verläufe.
Eine entsprechende Analyse erlaubt es, Präventionsstrategien zu entwickeln, um Komplikationen
zu vermeiden. Eine akribische Aufarbeitung der Techniken und der Ergebnisse der EUCD
ist erforderlich, um die anspruchsvolle endoskopische Intervention perspektivisch
in Richt- oder Leitlinienrelevanz zu überführen.