Pneumologie 2011; 65(08): 453
DOI: 10.1055/s-0031-1283297
Pneumo-Fokus
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Mukoviszidose - Ionenkanal-Regulator verbessert Lungenfunktion

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Publication Date:
10 August 2011 (online)

 
 

    Bisherige Mukoviszidose-Therapien sind vorwiegend auf die Symptome ausgerichtet. Der Ionenkanal-Regulator Denufosol hingegen setzt bereits früher an und zielt auf einen pathophysiologischen Defekt ab: Der Wirkstoff soll einen alternativen Chloridkanal aktivieren und damit den Ionenkanal-Defekt korrigieren. F. J. Accurso et al. von der University of Colorado Denver/USA haben den Wirkstoff in einer Phase-III-Studie bei Kindern getestet. Am J Respir Crit Care Med 2011; 183: 627–634

    Bei Mukoviszidose ist durch Mutationen des CFTR-Gens (CFTR: Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator) die Funktion der Chloridkanäle gestört. Infolgedessen bildet sich in der Lunge ein zähflüssiger Mukus, und die mukoziliäre Clearance verschlechtert sich. Denufosol, ein P2Y2-Rezeptoragonist, soll den Ionenkanal-Defekt korrigieren, indem die Chloridsekretion erhöht und die Natriumabsorption gehemmt wird. Dadurch kann sich der dehydrierte Flüssigkeitsfilm normalisieren und die Zilienschlagfrequenz und damit die mukoziliäre Clearance erhöhen. Der Einsatz des Ionenkanal-Regulators in einem frühen Erkrankungsstadium soll die fortschreitenden Veränderungen der Lunge verhindern bzw. verzögern, die ansonsten zu irreversiblen Ventilationsstörungen führen.

    An der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-III-Studie nahmen 352 Kinder ab 5 Jahren teil. Jüngere Kinder wurden nicht zugelassen, da spirometrische Untersuchungen oft altersbedingt nicht möglich sind. Alle Studienteilnehmer befanden sich in einem frühen Erkrankungsstadium mit normaler bis leicht eingeschränkter Lungenfunktion (FEV1 ≥ 75 %). Die Probanden inhalierten 3-mal täglich 60 mg Denufosol (n = 178) oder Placebo (n = 174) über einen Zeitraum von 24 Wochen. Primäre Endpunkte der TIGER-1-Studie (TIGER: Transport of Ions to generate epithelial Rehydration) waren Veränderungen des FEV1- Werts und das Auftreten unerwünschter Nebenwirkungen. Nach 24 Wochen verbesserte sich der FEV1-Wert in der Denufosolgruppe um 0,048 l und in der Placebogruppe um 0,003 l. Das entspricht einem Vorteil von 0,045 l (p = 0,047) unter Denufosol gegenüber der Placebogruppe. Schwerwiegende unerwünschte Nebenwirkungen traten nicht auf. Bei den sekundären Endpunkten (pulmonale Exazerbationen, FVC und FEF25-50%) ließen sich keine deutlichen Unterschiede zwischen den Gruppen feststellen. Auch Wachstumsstörungen konnten die Autoren nicht beobachten. In einer anschließenden offenen Phase über weitere 24 Wochen, in der beide Gruppen mit Denufosol behandelt wurden, setzte sich die Tendenz zu einer besseren Lungenfunktion in der ausschließlich mit Denufosol behandelten Gruppe fort.

    Fazit

    Denufosol verbessert die Lungenfunktion (FEV1) gegenüber Placebo bei Mukoviszidosepatienten mit normaler bis leicht eingeschränkter Lungenfunktion im frühen Krankheitsstadium. Eine weitere Phase-III-Studie läuft, um den Nutzen von Denufosol bei Mukoviszidosepatienten ab 5 Jahren über einen längeren Zeitraum zu untersuchen. Die Autoren weisen darauf hin, dass in einem frühen Krankheitsstadium auftretende pulmonale Infektionen und Entzündungen bereits zur Verschlechterung der Lungenfunktion und einem Umbau von Lungengewebe führen können. Daher plädieren sie für Studien mit Denufosol bei Kindern unter 5 Jahren, auch wenn sie schwieriger durchzuführen sind.

    Andrea Stute, Stuttgart


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