Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2011; 18(03): 146-147
DOI: 10.1055/s-0031-1280988
DFR-Mitteilungen
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Bewährtes Konzept – Das Fachzertifikat "Reisemedizin (DFR)"

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Publication Date:
14 June 2011 (online)

 
 

    Die Reisemedizin ist ein relativ junges Querschnittsfach der Medizin. In den 90er Jahren kam angesichts stetig steigender Zahlen internationaler Reisen die Überlegung auf,

    • reiseassoziierte Gesundheitsgefahren zu beschreiben,

    • Strategien zu ihrer Verringerung aufzuzeigen und

    • darzustellen, wie sich Diagnostik und Therapie durch Exposition gegenüber reiseassoziierten Erkrankungen verändern.

    Aus diesen Aspekten entstand zunächst die Definition eines Basisbereichs, der nach einem Diskussionsprozess eher kompromisshaft dadurch festgelegt wurde, dass die Bundesärztekammer ein Curriculum "Reisemedizinische Gesundheitsberatung" verabschiedete. Diese Inhalte orientieren sich an den fachlichen Anforderungen für die häufigsten Beratungssituationen, wobei erhebliche Anteile infektiologischen Kenntnissen und Präventionsstrategien gewidmet sind, die für das Gesundheitsrisiko "einer Reise" gar nicht unbedingt typisch sind. Die auf diesen Inhalten basierenden Kurse sind inzwischen tausendfach von der Kollegenschaft besucht worden.

    "Die Reisemedizin" als solche erschien durch diese Inhalte, die sich im Basiszertifikat des DFR ja wiederfinden, jedoch nicht ausreichend definiert. So sind die gesundheitlichen Belange besonderer Personengruppen wie die von Kindern, Senioren oder Schwangeren dabei allenfalls am Rande berücksichtigt und der Bereich der Langzeitausreisen kann nicht ausreichend dargestellt werden. Im besten Fall bedeuten die 3 oben genannten Punkte ja eine Aufforderung an jede "systematische" Fachdisziplin der Medizin, sich über die spezifischen gesundheitlichen Aspekte einer Reise Gedanken zu machen, wenn diese Reise von den typischerweise versorgten Patienten dieses Faches unternommen werden. Gerade dieser Gedanke war und ist für manche Fachgesellschaft noch sehr fern. Es scheint, als könnten wir uns in der Medizin den Erkrankten nur zu Hause und – bestenfalls – an der Arbeitsstelle vorstellen. Die Realität aber sieht inzwischen sehr anders aus und Mallorca oder Antalya werden auch vom reisewilligen Patienten kaum noch als "Ausland" erlebt.

    In dieser Situation hat der DFR seinerzeit die Inhalte zusammengestellt, die eine umfassendere Interpretation der Reisemedizin konstituieren. Dies geschah unter anderem auf dem Boden von Stellungnahmen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der International Society of Travel Medicine (ISTM), erforderte aber Weiterentwicklungen. Das erklärte Ziel war, die Inhalte in einer auch nach außen verantwortbaren Detailliertheit darzustellen und eine Blaupause zu schaffen, die Kursanbieter für einen Fachkurs Reisemedizin würden nutzen können. Dieser Weg, so die Maxime, sollte berufsbegleitend möglich sein, also nicht etwa den zeitweisen Wechsel an eine quasi weiterbildungsermächtigte Stelle erfordern. Dazu waren Inhalte zu definieren und gleichzeitig so zu "portionieren", dass sich praktikable Kursstrukturen ergeben.

    2003 wurde dann das 120-h-Fachzertifikat eingeführt, dass seither mit eher geringfügigen Modifikationen Bestand hat und von mehreren Hundert Kollegen durchlaufen wurde. Inhaltlich (vgl. Tab. [1]) bauen die 12 Module auf dem Basiskurs auf, der dementsprechend zu Beginn bereits abgeschlossen sein sollte. Sie berücksichtigen dann aber aktivitätsabhängige Gesundheitsaspekte wie die Tauch- und die Höhenmedizin, berufliche und insbesondere Langzeitaufenthalte und ihre Implikationen und besonders die Bedürfnisse reisender Patienten. Hinzu kommen reiserechtliche und versicherungsmedizinische Aspekte sowie die Kenntnis von physikalischen und infrastrukturellen Gegebenheiten wichtiger Reisedestinationen. Jedes Aufbaumodul schließt mit einem Testat ab, was auch die Möglichkeit bietet, diese Einheit mit anderen zusammen für weitere Qualifikationen zu nutzen.

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    Tab. 1 Kursstruktur Fachzertifikat "Reisemedizin (DFR)".

    Die Rolle des DFR ist dabei klar definiert: Die Kursstruktur ist quasi "geistiges Eigentum" des Fachverbands (der ja jetzt eine Fachgesellschaft ist), steht aber Veranstaltern zur Verfügung, die Kollegen auf diesem Weg begleiten wollen. Der DFR übernimmt hier keine Veranstaltereigenschaft. Die abschließende Zertifizierung aber ist wieder Sache des DFR, der dann den eingangs genannten Qualifikationsnachweis "Reisemedizin (DFR)" verleiht, Ausweis einer umfassenden und in dieser Form einzigartigen reisemedizinischen Fortbildung, die im Rahmen der kammerrechtlichen Bestimmungen auch im Außenverhältnis genutzt werden kann. Eine "Eigenzertifizierung" durch den Kursveranstalter wäre natürlich ebenso unsinnig wie eine "Selbstauditierung" im Qualitätsmanagement – und würde nebenbei auch die Urheberschaft des zugrunde liegenden Konzepts verschleiern.

    Für Aufrechterhaltung dieses Kenntnisstands (Tab. [2]) steht dann wieder eine Auswahl an Möglichkeiten zur Verfügung, die nach Ablauf von jeweils 3 Jahren nachzuweisen sind. Auch hier gibt es die Option des Kursbesuchs, aber auch die Kombination von reisemedizinischem Kongressbesuch, fachbezogenen Exkursionen und der Freiheit, sich entsprechend dem eigenen Tätigkeitsschwerpunkt reisemedizinische Fachfortbildungen selbst zusammenzustellen oder auch die Qualitätszirkelmitarbeit anrechnen zu lassen. Details zu den Regelungen sind unter www.fachverband-reisemedizin.de nachzulesen.

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    Tab. 2 Optionen zur Verlängerung des Fachzertifikates.

    Insgesamt hat sich das vor nun 8 Jahren eingeführte Konzept durchaus bewährt. Es eröffnet auf pragmatischem Wege die Möglichkeit, spezielle Kenntnisse in der Reisemedizin in besonderer Detailliertheit zu erwerben und die eigene, bei vielen Absolventen ja bereits jahrelange Tätigkeit auf ein auch nach außen dokumentierbares Fundament zu stellen.

    Dr. Burkhard Rieke, Düsseldorf




     
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    Tab. 1 Kursstruktur Fachzertifikat "Reisemedizin (DFR)".
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    Tab. 2 Optionen zur Verlängerung des Fachzertifikates.