Zusammenfassung
Hintergrund: Der individuelle Gesundheitszustand wird nicht nur von den individuellen sozialen
Merkmalen der Person beeinflusst (Alter, Geschlecht, Einkommen usw.), sondern auch
von den Merkmalen der sozialräumlichen Umwelt, in der diese Person lebt. Dies gilt
auch für Lungen- und Darmkrebs, zwei in Deutschland besonders häufige Krebsarten.
Ein zusammenfassender Überblick über die sozialräumliche Verteilung des Lungen- und
Darmkrebsrisikos liegt u. W. im deutschsprachigen Raum noch nicht vor. Er ermöglicht
jedoch eine weitergehende Diskussion von Ansätzen zur Erklärung des Erkrankungsrisikos
und von möglichen Interventionsmaßnahmen.
Methodik: Lungen- und Darmkrebs wurden ausgewählt, da sie die beiden häufigsten geschlechts-unabhängigen
Krebsarten in Deutschland sind. Zur Erstellung dieses Überblicks wurde eine umfassende
Literatursuche in der Medline-Datenbank via PubMed durchgeführt. Dabei wurden zwei
Arten von sozial-regionalen Unterschieden einbezogen, zum einen nach den sozioökonomischen
Merkmalen einer Region (z. B. durchschnittliches Haushaltseinkommen) und zum anderen
nach urbanen und ländlichen Räumen. Die ausgewählten Publikationen wurden anschließend
detailliert analysiert und zusammenfassend bewertet.
Ergebnisse: Gefunden wurden 17 Publikationen, nur 2 stammen aus dem deutschsprachigen Raum (eine
aus Deutschland und eine aus der Schweiz). Die Ergebnisse zu Inzidenz und Mortalität
lassen sich so zusammenfassen: Beim Lungenkrebs steigt das Risiko mit abnehmendem
sozialen Status der Region deutlich an. Beim Darmkrebsrisiko zeigt sich dagegen keine
klare Assoziation mit dem sozialen Status der Region. In einigen Studien werden auch
Unterschiede zwischen urbanen und ländlichen Räumen untersucht. Die Ergebnisse zeigen
ein besonders hohes Lungenkrebsrisiko in den urbanen Räumen; bezogen auf das Darmkrebsrisiko
werden wiederum keine klaren Zusammenhänge gefunden.
Schlussfolgerung: Der Überblick zeigt, dass bereits vielfältige Analysen zu den sozialräumlichen Unterschieden
bei Krebsinzidenz und -mortalität vorliegen, und dass diese Zusammenhänge im deutschsprachigen
Raum bisher kaum thematisiert wurden. Noch ist weitgehend unklar, warum das Lungenkrebsrisiko
in den sozial benachteiligten Regionen besonders hoch ist, sogar nach Kontrolle des
individuellen Rauchverhaltens. Als Erklärung bieten sich Risiken wie Luftverschmutzung
an. Eine ausgewogene Strategie zur Verringerung der gesundheitlichen Ungleichheit
sollte daher nicht nur die Verbesserung des individuellen Gesundheitsverhaltens im
Blick haben, sondern auch die Reduzierung dieser regional-spezifischen Belastungen.
Abstract
Objectives: Individual health status is influenced by individual social characteristics (age,
gender, income usw.) and by the social characteristics of the regional environment
in which the person lives. This is true also for lung cancer and colon cancer, two
of the most common cancer sites in Germany. No systematic review about the social
and regional distribution of lung cancer and colon cancer has been published in German-speaking
countries yet. However, it could allow us to deepen the discussion regarding explanations
of cancer risks and potential interventions.
Methods: Lung cancer and colon cancer have been selected because they are the two most common
gender-independent cancer sites in Germany. A systematic literature search has been
conducted via the Medline database using PubMed. 2 groups of regional differences
have been distinguished, first by socio-economic characteristics (e. g., average household
income) and second by urban vs. rural characteristics. The publications have then
been analysed in a systematic way.
Results: 17 publications could be found, just 2 of them are from a German-speaking country
(one each from Germany and Switzerland). The results concerning incidence and mortality
can be summarised in the following way: The risks for lung cancer increase with decreasing
socio-economic status of the region, but no clear association could be found for colon
cancer. Some studies include information on urban-rural differences. They show that
the risks for lung cancer are higher in urban as compared to rural areas; for colon
cancer, again, no clear associations could be found.
Conclusion: The review shows that some studies have already looked at social and regional differences
in lung cancer and colon cancer, and that these associations have hardly been discussed
in German-speaking countries as yet. We still do not know why lung cancer risks are
especially high in low status regions, even if individual smoking is accounted for.
The answer could probably be provided by risks such as air pollution. Therefore, a
balanced strategy for reducing health inequalities should not just focus on improving
individual health behaviour, but also on reducing the regional risks factors.
Schlüsselwörter
gesundheitliche Ungleichheit - regionale Unterschiede - Lungenkrebs - Darmkrebs -
systematischer Review
Key words
health inequalities - regional differences - lung cancer - colorectal cancer - systematic
review