RSS-Feed abonnieren
DOI: 10.1055/s-0031-1279920
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York
3. Süddeutsches Peritonealdialyse-Seminar – Peritonealdialyse: vergleichbare Effizienz, viele Vorteile
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
10. Mai 2011 (online)
- Leitliniengerechtes Peritonitismanagement
- Der Patientenwille - ausschlaggebend für das Therapieergebnis
- "Qualitätsmonitoring" durch den PET
- Qualitätssteigerung durch die adaptierte APD
- Wasser- und Natriumhaushalt - "In must be out!"
- Präzise Erfassung des Flüssigkeitsstatus: ein wichtiger Qualitätsparameter
- Vorteil der PD: Längerer Erhalt der renalen Restfunktion
- Katheterfehlfunktion: Prävention und Management
- Management von Hernien - eine interdisziplinäre Aufgabe
- PD vor Nierentransplantation
- PD nach Nierentransplantation
- Literatur
Das Süddeutsche Peritonealdialyse-Seminar, das unter der Leitung von Prof. Vedat Schwenger, Heidelberg, und mit Unterstützung der Fresenius Medical Care GmbH 2-jährlich im Universitätsklinikum Heidelberg stattfindet, hat sich bereits zu einer der bedeutendsten Fortbildungsveranstaltungen im Bereich Peritonealdialyse (PD) in Deutschland entwickelt. Namhafte Referenten gaben am 12. Februar einen aktuellen Überblick über unterschiedliche Verfahrenstechniken, diagnostische Möglichkeiten und therapeutische Ansätze. Über 130 Nephrologen und Fachpflegekräfte folgten der Einladung nach Heidelberg und nutzen die Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch und regen Diskussion.
#Leitliniengerechtes Peritonitismanagement
Zum Thema Peritonitismanagement gab Dr. Martin Kimmel, Stuttgart, eine konzentrierte Zusammenfassung der 2010 publizierten Überarbeitung der Leitlinien der ISPD ("International Society for Peritoneal Dialysis") zu PD-assoziierten Infektionen [1]. Diese geben für alle Subtypen der Peritonitis praxisnahe Empfehlungen und aufbereitete Behandlungsschemata an die Hand. Die Peritonitis ist damit gut beherrschbar.
Die wichtigste Grundlage für den Therapieerfolg bildet jedoch immer eine schnelle Behandlung - und Voraussetzung dafür ist ein erfolgreiches Training der Patienten: Sie müssen bei trübem Dialysat im Zentrum vorstellig werden, damit die Diagnose gestellt und eine antibiotische Therapie rechtzeitig begonnen werden kann. Kimmel gab für die Sensibilisierung der Patienten einen praktischen, alltagstauglichen Tipp: Wenn die Artikelüberschriften einer Tageszeitung nicht mehr durch den Beutel hindurch lesbar sind, sollte der Patient mit dem Beutel sein nephrologisches Zentrum aufsuchen.
#Der Patientenwille - ausschlaggebend für das Therapieergebnis
Wie wichtig es ist, die Patienten aktiv einzubinden, hob auch Prof. Werner Riegel, Darmstadt, hervor. Patienten in Entscheidungsprozessen und der Therapieauswahl zu involvieren, hat einen erheblichen Einfluss auf das Therapieergebnis der PD, sogar auf das Outcome: 2009 zeigten Portolés et al. [2], dass die Patienten, die zur PD - sei es durch die Vorsorgungsstruktur o. Ä. - "gezwungen" wurden, ein deutlich schlechteres Überleben aufwiesen als die freiwilligen PD-Patienten. Auch die ISPD-Leitlinie unterstreicht, dass die Wahl für eines der beiden Verfahren beim Neudialysepatienten liegen sollte - zumindest, wenn keine Kontraindikationen vorliegen. Wie Riegel mit Verweis auf Gomez et al. [3] ausführte, entscheiden sich mehr Patienten für ein Heimdialyseverfahren, wenn sie zuvor umfassend über beide Verfahren informiert wurden. Diese Erkenntnis bestätigte sich auch in den "Fit für Dialyse"-Schulungen und anderen Schulungsprogrammen.
#"Qualitätsmonitoring" durch den PET
Die Beurteilung des Bauchfells ist wichtig, um das richtige PD-Verfahren auswählen und eine optimale Behandlungsqualität erreichen zu können. Für die Bestimmung der peritonealen Transportfunktion wird der peritoneale Äquilibrationstest (PET) durchgeführt, dessen praktische Aspekte Dr. Hans-Peter Müller, Pirmasens, ausführte. Beim Test sollte in jedem Falle eine 3,86-prozentige Glukoselösung verwendet werden, da durch den erhöhten osmotischen Druck auch eine Aussage über die Intaktheit der Aquaporinkanäle getroffen werden kann.
Der klassische PET ist mit einer Untersuchungsdauer von über 4 Stunden ein relativ zeitintensiver Test. Neuere Entwicklungen wie der einfachere Mini-PET sind eine zeitsparende Alternative. Bei Ultrafiltrationsproblemen sollte aber zumindest ein Double-Mini-PET als Steuerungsinstrument und zur Probendifferenzierung durchgeführt werden.
#Qualitätssteigerung durch die adaptierte APD
Ein innovatives Verfahren, um die Dialyseeffizienz maßgeblich zu steigern, stellte Prof. Michel Fischbach, Straßbourg (Frankreich), vor. Die A-APD (adaptierte apparative PD), eine Glukose-, Volumen- und zeitgesteuerte angepasste Cyclertherapie, bei der zur Steigerung der Ultrafiltration zunächst kleine Volumina mit kurzen Verweilzeiten eingefüllt werden, und später dann, um eine verbesserte Clearance zu erreichen, große Volumina mit langen Verweilzeiten, steigere die Dialyseeffizienz maßgeblich. Dies haben Studien bereits gezeigt [4]: Die Ultrafiltration erhöht sich um bis zu 100 ml/d und auch die Natriumelimination sei mit 18-32 mmol/d deutlich besser als bei der herkömmlich durchgeführten APD. Ein schöner Nebeneffekt ist zudem die verbesserte Blutdruckkontrolle, die aus der optimierten Flüssigkeitsbalance resultiere. Der Cycler der Firma Fresenius Medical Care ist mit wenigen Handgriffen vom Arzt bzw. Pflegeteam auf ein adaptiertes Schema programmierbar, so Fischbach. Damit könnten bei gleichem Aufwand und Kosten viele APD-Patienten von der erhöhten Effizienz profitieren.
#Wasser- und Natriumhaushalt - "In must be out!"
Wie sehr die Patienten von einer erhöhten Wasser- und Natriumentfernung profitieren, führte Prof. Marianne Haag-Weber, Straubing, aus. Allein eine Erhöhung der Natriumelimination um 0,6 g/d und der Gesamt-Wasser-Entfernung um 100 ml/d/1,73 m2 vermindert das relative Mortalitätsrisiko bereits um 10 %. Die simple Konsequenz für die Patienten lautet daher: Was dem Körper zugeführt wird, muss auch wieder herausdialysiert werden - oder neudeutsch verkürzt: "In must be out!". Je nach Verweilzeit können mit der PD 6-8 g Natrium pro Liter Ultrafiltration entfernt werden. Zusätzlich können Patienten mit Nierenrestfunktion bei einer Ausscheidung von 500 ml noch 4 g Salz eliminieren. Das Problem ist aber, dass die Patienten durch ihre Ernährung schnell auf eine Zufuhr von bis zu 20 g/d kommen. Hier müssen diätetische Programme für Pa-tienten ansetzen.
#Präzise Erfassung des Flüssigkeitsstatus: ein wichtiger Qualitätsparameter
Die Natriumrestriktion ist auch ein wichtiger Faktor für die Vermeidung der Hypervolämie, wie Dr. Lars Kihm, Heidelberg, ausführte. Neben einer positiven Salzbilanz sind die Abnahme der Nierenrestfunktion oder der Rückgang der peritonealen Ultrafiltration häufige Ursachen der Überwässerung. Die Hypervolämie ist mit einem Anstieg der Mortalität assoziiert, was die regelmäßige, möglichst genaue Beurteilung des Volumenstatus des Patienten umso wichtiger macht.
Der Body Composition Monitor (BCM, Fresenius Medical Care), ein modernes Multifrequenzgerät, erfasst die quantitative Überwässerung schnell und präzise und eignet sich daher gut für den klinischen Alltag. Gemessen werden die Anteile des extrazellulären Wassers sowie das Gesamtkörperwasser, was eine genaue Erfassung des Harnstoffverteilungsvolumens ermöglicht. Maßnahmen zur Therapie der Hypervolämie können neben einer kochsalzarmen Diät auch die Optimierung des Dialyseregimes, aber auch die Verwendung natriumamer Dialysate sein.
#Vorteil der PD: Längerer Erhalt der renalen Restfunktion
Für einen ausgewogenen Wasser- und Salzhaushalt spielt zudem der Erhalt der renalen Restfunktion (RRF) eine wichtige Rolle. Die RRF korreliert mit dem Überleben und kann das Mortalitätsrisiko sogar stärker reduzieren als die Dialysedosis [5], wie PD Horst-Walter Birk, Gießen, erläuterte. Der Erhalt der RRF ist ein klinischer Vorteil der PD, worauf sich auch das Konzept "PD first" stützt. So sei die PD als anfängliche Nierenersatztherapie zu empfehlen, allerdings sollte rechtzeitig, wenn sich die Ultrafiltrationsfähigkeit des Peritoneums erschöpft hat, auf die Hämodialyse (HD) umgestellt werden.
Die neuen Diabetes-Versorgungsleitlinien empfehlen bereits die PD als Verfahren der ersten Wahl: "Wegen der Option einer eigenverantwortlichen Behandlung, einer besseren Prognose in den ersten Behandlungsjahren, längere Aufrechterhaltung der Nierenrestfunktion sowie der Möglichkeit einer kontinuierlichen Ultrafiltration und Entgiftung sollte die Peritonealdialyse als Einstiegsbehandlung favorisiert werden" [6].
#Katheterfehlfunktion: Prävention und Management
Katheterfehlfunktionen können die PD einschränken, weshalb die Prävention und ein effizientes Management dieser Komplikationen notwendig sind. Die meisten Ein- und Auslaufstörungen können durch eine genaue Prüfung erkannt und behoben werden. Selbst umgeschlagene Katheter lassen sich durch abführende Maßnahmen in den Griff bekommen und müssen nicht gleich chirurgisch korrigiert werden. Bei Leckagen ist allerdings oft eine chirurgische Entfernung und Neuimplantation notwendig. Interne Leckagen entstehen durch Materialermüdung oder mechanische Einwirkungen, während externe Leckagen meistens direkt nach der Implantation auftreten - übrigens häufiger beim offenen chirurgischen Verfahren als beim laparoskopischen, so Prof. Thomas Mettang, Wiesbaden. Zur Prävention von Katheterfehlfunktionen müssen Chirurg und Nephrologe eng zusammenarbeiten.
#Management von Hernien - eine interdisziplinäre Aufgabe
Diese interdisziplinäre Zusammenarbeit ist auch für das Management von Hernien notwendig, wie Dr. Christian Friedrichsohn, Villingen-Schwenningen, erläuterte. Zur Hernienprävention ist in jedem Falle eine klinische Untersuchung des Bauchs vor der Katheteranlage zu empfehlen. Bilden sich jedoch erst im Verlaufe des Verfahrens Hernien - auch die Dauer an der PD ist dafür ein Risikofaktor -, müsse schnell eine chirurgische Sanierung erfolgen. Wichtig ist natürlich, dass der Chirurg mit den Erfordernissen der PD vertraut ist. Ein frühzeitiges und strukturiertes Management ermöglicht dann die Fortsetzung der PD ohne Therapiepause oder Verfahrenswechsel.
#PD vor Nierentransplantation
Die PD ist im Vergleich zur HD ein gleichwertiges Verfahren, besonders auch im Hinblick auf eine mögliche Nierentransplantation (NTX), wie Gastgeber Schwenger ausführte. PD-Patienten haben eine deutlich schnellere Funktionsaufnahme des Transplantats, unklar ist, ob sie auch ein erhöhtes Risiko für Gefäßthrombosen in der Frühphase aufweisen [7]. Die Infektionskomplikationsrate nach einer NTX ist bei beiden Verfahren vergleichbar, doch PD-Patienten weisen ein besseres Transplantat- wie auch Patientenüberleben auf [8].
Schwenger schränkte zwar ein, dass die deutliche Überlegenheit das Resultat einen Subgruppeneffekts sein könnte - PD-Patienten seien oft "fitter" als HD-Patienten. In einer eigenen aktuellen Analyse unter Berücksichtigung der Patientensubgruppen, zeigte sich die PD nur noch bei den kränkeren Patienten in Bezug auf Patientenüberleben der HD überlegen [9]. Schwenger hob in diesem Zusammenhang insbesondere die Bedeutung der RRF als positiven Faktor hervor: Diese korreliert mit einer geringeren Mortalität und könne somit eine Erklärung für das bessere Abschneiden dieser PD-Patienten liefern.
#PD nach Nierentransplantation
Auch nach einem Transplantatversagen ist die PD ein geeignetes Nierenersatzverfahren, so PD Andreas Fußhöller, Geldern. Zwar nimmt die Nierenrestfunktion bei transplantierten PD-Patienten schneller ab als bei Neu-PD-Patienten [10], bleibt jedoch länger erhalten als unter der HD. Dies führe zu einer erhöhten GFR (glomeruläre Filtrationsrate) und somit zu einem verbesserten Überleben. Aus diesem Grunde sei laut Fußhöller bei guter RRF von einer Transplantatektomie abzusehen, die ansonsten mit einem Überlebensvorteil assoziiert ist.
Als Fazit des 3. Süddeutschen Peritonealdialyse-Seminar lässt sich festhalten: Die PD ist ein in jeder Hinsicht gleichwertiges Nierenersatzverfahren - und sollte daher stärker, als es bislang in Deutschland der Fall ist, zum Einsatz kommen.
Dr. Bettina Albers, Weimar
Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung der Fresenius Medical Care GmbH, Bad Homburg. Die Beitragsinhalte stammen vom "3. Süddeutsches Peritonealdialyse-Seminar", Universitätsklinikum Heidelberg, unterstützt von der Fresenius Medical Care GmbH, Bad Homburg. Die Autorin ist Mitarbeiterin der PR-Agentur albersconcept, Weimar. |
Literatur
- 1 Im Internet: http://www.ispd.org/lang-en/treatmentguidelines/guidelines
- 2 Portolés J, et al. Perit Dial Int. 2009; 29 150-157
- 3 Gomez G C, et al. PDI. 1999; 19 171-177
- 4 Fischbach M, Warady B A. Pediatr Nephrol. 2009; 24 1633-1642
- 5 Termorshuizen F, et al. JASN. 2004; 15 1061-1070
- 6 Im Internet: http://www.diabetes.versorgungsleitlinien.de
- 7 Snyder J J, et al. Kidney Int. 2002; 62 1956-1957
- 8 Goldfarb-Rumyantzev A S, et al. AJKD. 2005; 46 537-549
- 9 Schwenger V, et al. Nephrol Dial Transplant. 2011; [in press]
- 10 Davies S J. PDI. 2001; 21 280-284
Literatur
- 1 Im Internet: http://www.ispd.org/lang-en/treatmentguidelines/guidelines
- 2 Portolés J, et al. Perit Dial Int. 2009; 29 150-157
- 3 Gomez G C, et al. PDI. 1999; 19 171-177
- 4 Fischbach M, Warady B A. Pediatr Nephrol. 2009; 24 1633-1642
- 5 Termorshuizen F, et al. JASN. 2004; 15 1061-1070
- 6 Im Internet: http://www.diabetes.versorgungsleitlinien.de
- 7 Snyder J J, et al. Kidney Int. 2002; 62 1956-1957
- 8 Goldfarb-Rumyantzev A S, et al. AJKD. 2005; 46 537-549
- 9 Schwenger V, et al. Nephrol Dial Transplant. 2011; [in press]
- 10 Davies S J. PDI. 2001; 21 280-284