Trotz leitliniengerechtem Notfallmanagement sterbe noch immer etwa jeder zehnte Patient
mit Akutem Koronarsyndrom (AKS) innerhalb der nächsten 12 Monate, zitierte Prof. Uwe
Zeymer, Ludwigshafen, aktuelle Ergebnisse aus dem prospektiven ACOS-Register [1]. Dies führe wieder einmal vor Augen, dass die Betroffenen, auch wenn sie das akute
Ereignis gut überstehen, Hochrisikopatienten bleiben.
Als ein therapeutischer Ansatz, die Prognose von AKS-Patienten langfristig zu verbessern,
hat sich die orale Thrombozytenaggregationshemmung etabliert. Referenzsubstanz, an
der sich alle Newcomer messen lassen müssen, ist Clopidogrel. Ein solcher Newcomer
ist Ticagrelor (BriliqueTM) - Prototyp der neuen chemischen Substanzklasse der Cyclo-Pentyl-Triazolo-Pyrimidine
(CPTP). Ticagrelor kann seit Januar 2011 - sofern keine spezifischen Kontraindikationen
vorliegen in Kombination mit Azetylsalizylsäure - zur Prävention atherothrombotischer
Ereig-nisse bei erwachsenen Patienten mit Akutem Koronarsyndrom/Myokardinfarkt verordnet
werden. Es wird empfohlen, die Therapie über bis zu 12 Monate beizubehalten.
Grundlage für die Zulassung von Ticagrelor sind die Ergebnisse der PLATO-Studie (PLATelet
Inhibition and Patient Outcomes) mit 18 624 Patienten [2]. Die Population deckte das gesamte Spektrum von AKS-Formen ab - Instabile Angina
Pectoris, Myokardinfarkte ohne oder mit ST-Streckenhebung im EKG (NSTEMI und STEMI).
Die Randomisierung erfolgte innerhalb von 24 Stunden nach dem Indexereignis zu Ticagrelor
oder Clopidogrel.
Nach einem Jahr waren im Ticagrelor-Arm signifikant weniger Ereignisse des primären
Endpunkts (Myokardinfarkt, kardiovaskulärer Tod oder Schlaganfall) aufgetreten als
im Clopidogrel-Kollektiv (9,8 vs. 11,7 %; p = 0,0003), ohne dass dieser Vorteil mit
einer erhöhten Inzidenz schwerer Blutungskomplikationen hatte erkauft werden müssen
(11,6 vs. 11,2 %; p = 0,43). Die Überlegenheit von Ticagrelor hatte sich in PLATO
früh gezeigt: Der Unterschied zu Clopidogrel war bereits nach 30 Tagen signifikant
(4,8 vs. 5,4 %; p = 0,045) - mit zunehmendem Trend im weiteren Studienverlauf.
Ticagrelor ist nach Aussage von Prof. Hugo Katus, Heidelberg, der erste orale Thrombozytenaggregationshemmer,
der in einer kontrollierten klinischen Studie bei AKS-Patienten die kardiovaskuläre
Mortalität im Vergleich zu Clopidogrel signifikant senken konnte (4,0 vs. 5,1 %; p
= 001). Ebenfalls signifikant niedriger war die Zahl der Myokardinfarkte (5,8 vs.
6,9 %; p = 0,005).
Der Wirkstoff ist aufgrund seiner Studiendaten bereits in die "Guidelines for Myocardial
Revascularization" der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie und der European
Society for Cardio-Thoracic Surgery aufgenommen worden und erhielt sowohl für Patienten
mit STEMI als auch NSTEMI eine Klasse-I-Empfehlung mit dem Evidenzgrad B [3].
Foto: Thieme Verlagsgruppe, Fotograf: Sudio Nordbahnhof
Gabriele Blaeser-Kiel, Hamburg
Quelle: Pressekonferenz "Akutes Koronarsyndrom: Neue Therapieoptionen" am 14. Dezember
2010 in Frankfurt. Veranstalter: AstraZeneca