Erhalten Patienten mit Rektumkarzinom vor der Operation eine Strahlentherapie, sinkt
die Rückfallrate deutlich. Darauf weist die Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie
(DEGRO) anlässlich einer Studie aus den Niederlanden hin. Durch eine präoperative
Strahlentherapie verringerte sich die Wahrscheinlichkeit, dass der Tumor wiederkehrt,
um mehr als die Hälfte.
Verzicht auf Strahlentherapie durch verbesserte OP-Technik?
Krebsoperationen im unteren Abschnitt des Darms, dem Rektum oder Mastdarm, sind technisch
schwierig. Lange Zeit kam es bei fast jedem zweiten Patienten zu einem Lokalrezidiv.
"Eine Strahlentherapie war deshalb fester Bestandteil der Behandlung", berichtet DEGRO-Präsidentin
Prof. Rita Engenhart-Cabillic, Direktorin der Abteilung für Strahlentherapie am Universitätsklinikum
Gießen und Marburg. In den letzten Jahren hat sich die Operationstechnik deutlich
verbessert. Bei der totalen mesorektalen Exzision (TME) entfernen die Chirurgen mit
dem Rektum auch das umgebende Gewebe, in das der Tumor als erstes eindringt. "Die
TME hat die Gefahr von Lokalrezidiven deutlich gesenkt. Vor diesem Hintergrund war
unklar, ob eine Strahlentherapie überhaupt noch notwendig ist", so Engenhart-Cabillic.
Diese Frage war Gegenstand einer niederländischen Studie, an der fast 1900 Patienten
teilnahmen [1]. Die Ergebnisse wurden Ende 2010 auf der Jahrestagung der American Society for Radiation
Oncology (ASTRO) vorgestellt. Nur jeder zweite Patient erhielt vor der Operation eine
Strahlentherapie. Durchschnittlich 11 Jahre nach der Operation war es ohne Bestrahlung
bei 11,1 % der Patienten zu einem Lokalrezidiv gekommen. Mit einer Strahlentherapie
sank die Rate auf 5,1 %. "Die Ergebnisse zeigen, dass eine Bestrahlung vor der Operation
fester Bestandteil der Therapie bei Rektumkarzinom sein sollte", betont Engenhart-Cabillic.
Selbst wenn die Pathologen im Randbereich des entfernten Rektums keine Tumorzellen
mehr nachweisen konnten, wurde die Häufigkeit von Lokalrezidiven deutlich verringert.
Bei diesen Patienten verbesserte die Strahlentherapie auch die Überlebenschancen.
Studie ergibt: Strahlentherapie fördert Erhalt der Lebensqualität
In fortgeschrittenen Stadien des Rektumkarzinoms kann die Strahlentherapie das Leben
jedoch nicht verlängern. "Das Schicksal vieler Patienten wird von Fernmetastasen bestimmt,
die sich bereits zum Operationszeitpunkt gebildet haben", erläutert die DEGRO-Präsidentin.
Doch auch diesen Patienten nutze die Strahlentherapie, da jeder Rückfall im Beckenbereich
die Behandlungsmöglichkeiten einschränke und starke Schmerzen verursache. Die Strahlentherapie
leistet hier einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Lebensqualität.