Pneumologie 2011; 65(3): 131
DOI: 10.1055/s-0031-1275232
Pneumo-Fokus

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Bronchialkarzinom – Hoher Vitamin-B6- und Methioninspiegel reduziert Erkrankungsrisiko

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Publication Date:
10 March 2011 (online)

 
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Ein Mangel an B-Vitaminen kann das Risiko für DNA-Schäden und Genmutationen erhöhen sowie die Genexpression verändern. In einer großen Kohortenstudie konnten M. Johansson et al. zeigen, dass ein hoher Vitamin-B6- und Methionin-Serumspiegel tatsächlich mit einem geringeren Lungenkrebsrisiko verbunden ist, unabhängig vom Raucherstatus.
JAMA 2010; 303 : 2377–2385

Auf eine mögliche Beziehung zwischen Vitamin B6 und der Entstehung von Lungenkrebs wiesen Wissenschaftler bereits mit Ergebnissen einer randomisierten finnischen Studie hin, in die fast 30 000 Raucher aufgenommen wurden. Die Studie erlaubte jedoch zum einen wegen ihrer limitierten Größe keine sichere Aussage, zum anderen war nicht auszuschließen, dass Rauchen den Vitamin-B6-Spiegel senkt und ein niedriger Vitamin-B6-Spiegel somit kein eigenständiger Risikofaktor ist. In einer großen Kohortenstudie, an der 10 europäische Länder beteiligt waren, beschäftigten sich die Experten erneut mit der Frage nach der Rolle von B-Vitaminen bei der Entstehung von Lungenkrebs. Für die European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition (EPIC) wurden zwischen 1992 und 2000 mehr als 500 000 Erwachsene rekrutiert. Von ihnen waren 385 747 bereit, sich für die Untersuchung von 4 B-Vitaminen (B2, B6, B9 [Folsäure], B12), Methionin und Homocystein Blut abnehmen zu lassen. Bis 2006 erkrankten in diesem Kollektiv 899 Personen an Lungenkrebs. Ihnen stellte man 1770 Kontrollpersonen gegenüber, die in Nationalität, Geschlecht, Alter und Zeitpunkt der Blutabnahme übereinstimmten. In der Gesamtkohorte fand sich eine klare Abhängigkeit der altersstandardisierten Lungenkrebsinzidenz vom Raucherstatus: pro 100 000 Personenjahre 6,6 bei männlichen und 7,1 bei weiblichen Nichtrauchern; 44,9 bei männlichen und 23,9 bei weiblichen Exrauchern und 156,1 bei männlichen sowie 100,9 bei weiblichen Rauchern.

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Peripheres Bronchialkarzinom im linken Mittelgeschoss (schwarzer Pfeil). Unabhängig vom Raucherstatus bieten hohe Vitamin-B-6-Spiegel einen statistisch signifikanten Schutz vor Lungenkrebs, so das Ergebnis der Studie (Bild: Kirchner J. Trainer Thoraxdiagnostik. Thieme 2010).

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Risikoreduktion auch bei Rauchern

Nach Adjustierung an den Raucherstatus zeigte sich, dass hohe Vitamin-B6-Spiegel einen statistisch signifikanten Schutzeffekt aufwiesen. Das Lungenkrebsrisiko der Teilnehmer in der 4. versus der in der 1. Quartile des Vitamin-B6-Spiegels war um 56 % geringer (p < 0,000001); ähnlich verhielt es sich beim Methioninspiegel. Hier ließ sich eine Risikoreduktion um 48 % (p < 0,000001) beobachten. Auch in den Untergruppen von Nichtrauchern, Exrauchern und Rauchern fand sich jeweils eine konsistente Abnahme des Lungenkrebsrisikos in der 4. versus der 1. Quartile des Vitamin-B6- und Methioninspiegels. Eine Risikoreduktion um 32 % (p = 0,001) wurde auch bei Teilnehmern mit einem Folatspiegel in der 4. versus 1. Quartile beobachtet. In den Untergruppen war dieser Effekt nur bei Exrauchern und Rauchern zu beobachten.

Bei einer Einteilung der Teilnehmer nach dem medianen Spiegel von Vitamin B6 und Methionin zeigte sich für die Gruppe oberhalb des Medians eine Reduktion des Lungenkrebsrisikos um 59 % (p < 0,001) im Vergleich zur Gruppe unterhalb des Medians. In den Subgruppen ergaben sich folgende Werte: Nichtraucher 64 % (p = 0,002), Exraucher 49 % (p = 0,001), Raucher 58 % (p < 0,001).

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Fazit

Ein Vitamin-B6-und Methionin-Serumspiegel oberhalb des Medians ist mit einer Reduktion des Lungenkrebsrisikos in einem Folgezeitraum von etwa 5 Jahren um mindestens 50 % verbunden. Liegt zusätzlich der Folatspiegel oberhalb des Medians, ist das Risiko sogar um zwei Drittel geringer. Die Risikoreduktion war unabhängig vom Raucherstatus. Die Höhe des Risikos blieb auch bei zunehmender Follow-up-Zeit konstant. Dies weist darauf hin, dass die Assoziation zwischen B-Vitaminen und Lungenkrebs nicht durch eine präklinisch bereits vorhandene Erkrankung erklärt werden kann, so die Autoren.

Martin Bischoff, Planegg

 
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Peripheres Bronchialkarzinom im linken Mittelgeschoss (schwarzer Pfeil). Unabhängig vom Raucherstatus bieten hohe Vitamin-B-6-Spiegel einen statistisch signifikanten Schutz vor Lungenkrebs, so das Ergebnis der Studie (Bild: Kirchner J. Trainer Thoraxdiagnostik. Thieme 2010).