Trotz der Behandlung mit RAAS-Inhibitoren (RAAS: Renin-Angiotensin-Aldosteron-System)
haben Diabetiker ein erhöhtes Risiko für ein progredientes Nierenversagen - ein Risiko,
welches mit dem Ausmaß der Proteinurie korreliert. Die VITAL[1]-Studie [1] sollte zeigen, ob die Therapie mit dem selektiven VDR-Aktivator Paricalcitol bei
Patienten mit diabetischer Nephropathie die Albuminurie reduziert.
Die multinationale, placebokontrollierte, doppelblinde Studie schloss Patienten mit
einer Diabetes und Albuminurie ein, die schon seit mindestens 3 Monaten einen ACE-Hemmer
(ACE: "angiotensin converting enzyme") oder Angiotensin-Rezeptor-Blocker in stabiler
Dosis erhalten hatten. Zwischen Februar 2007 und Oktober 2008 konnten von 904 gescreenten
Diabetikern 281 im Alter von 64-65 Jahren und einer eGFR ("estimated glomerular filtration
rate") von 39-42 ml/min/1,73 m2 eingeschlossen und computergestützt 1:1:1 randomisiert werden. Sie erhielten zusätzlich
zur RAAS-Blockade 24 Wochen lang entweder Placebo (n = 93), 1 µg/d Paricalcitol (n
= 93) oder 2 µg/d Paricalcitol (n = 95). Primärer Endpunkt der Studie war die prozentuale
Änderung der mittleren UACR ("urinary albumin-to-creatinine ratio") in beiden Paricalcitolgruppen
gegenüber der Placebogruppe vom Studienbeginn bis zur letzten Messung unter der Behandlung.
Signifikante Effekte auf die Albuminurie
Signifikante Effekte auf die Albuminurie
Die Änderung der UACR betrug -3 % (von 61 auf 60 mg/mmol) in der Placebogruppe. In
der 1-µg-Paricalcitol-Gruppe waren es -14 % (von 63 auf 54 mg/mmol, p = 0,23), ein
Ergebnis, das die statistische Signifikanz verfehlte. Die Patientengruppe, die 2 µg
Paricalcitol erhalten hatte, zeigte jedoch gegenüber der Placebogruppe bereits nach
4 Wochen eine für den Rest der Studiendauer anhaltende, signifikante UACR-Reduktion
zwischen -18 % und -28 % (p = 0,014). Der Patientenanteil, der einen UACR-Rückgang
um mindestens 15 % erreichte - was als klinisch relevant eingestuft wurde - betrug
in der 2-µg-Paricalcitol-Gruppe 55 % und war damit gegenüber der Placebogruppe statistisch
signifikant (Abb. [1]).
Abb. 1 Primärer/sekundärer Endpunkt: Effekt von Paricalcitol auf die UACR. Prozentuale
durchschnittliche Veränderung vom Ausgangspunkt zu der letzten UACR unter Behandlung
mit kombinierten Dosierungen verglichen mit Placebo. UACR = "urinary albumin-to-creatinine ratio"
Weitere Ergebnisse, Sicherheit und unerwünschte Wirkungen
Weitere Ergebnisse, Sicherheit und unerwünschte Wirkungen
Parallel zur Albuminuriesenkung wurde unter 2 µg Paricalcitol ein geringerer, jedoch
reversibler Abfall der eGFR und des Blutdrucks beobachtet, was vermutlich auf einen
hämodynamischen Effekt hindeutet. In der Gruppe, die 2 µg Paricalcitol erhalten hatte,
kam es bei denjenigen Patienten zur stärksten Absenkung der UACR, welche die höchste
Natriumausscheidung (> 178 mmol/d) aufwiesen. Die UACR-Änderung war nach Studienende
mit dem Absetzen von Paricalcitol reversibel. Dies spricht dafür, dass es sich dabei
um einen substanzspezifischen Effekt von Paricalcitol handelt.
Die Inzidenz unerwünschter Wirkungen war in allen 3 Gruppen vergleichbar. Hyperkalzämien
- definiert als 2 aufeinanderfolgende Serumkalziumwerte von > 2,62 mmol/l - traten
nur sehr selten auf und die Verteilung war zwischen den Gruppen nicht signifikant
unterschiedlich. Auch in dieser Studie bestätigte sich somit, dass die selektive VDR-Aktivierung
kaum mit Vitamin-D-assoziierten Risiken behaftet ist.
Auch hinsichtlich der Kreatininverdopplung oder des Eintretens der Dialysepflicht
gab es keine Gruppenunterschiede, ebenso wenig hinsichtlich CrP (C-reaktives Protein),
Fibrinogen, IL-6 (Interleukin-6), TNFα (Tumornekrosefaktor alpha), Aldosteron und
der Plasma-Renin-Aktivität. Das PTH (Parathormon) stieg in der Placebogruppe bis zum
Ende der Medikationsphase an, in den Paricalcitolgruppen sank es dagegen signifikant
ab.
Schlussfolgerung für die Praxis
Schlussfolgerung für die Praxis
Die 24-wöchige Therapie mit täglich 2 µg Paricalcitol zusätzlich zur RAAS-Inhibition
verbesserte bei Patienten mit diabetischer Nephropathie signifikant die residuale
Albuminurie - besonders bei Patienten mit hoher alimentärer Natriumzufuhr, die oft
gegen RAAS-Inhibitoren resistent sind. Darüber hinaus war die Therapie sicher und
gut verträglich Paricalcitol könnte daher besonders bei Diabetikern ein neuartiger
Ansatz einer "Add-on"-Therapie sein, um die renale Gefährdung zu mindern.
Dr. Martina Berthold, Weimar
Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung der Abbott GmbH, Ludwigshafen.
Er wurde im Auftrag der Abbott GmbH, Ludwigshafen, von Frau Dr. Berthold (Medizinerin)
erstellt.
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