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DOI: 10.1055/s-0031-1274148
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York
Orale Therapie bei Typ-2-Diabetes – Wie geht es weiter nach den Glitazonen?
Publication History
Publication Date:
25 February 2011 (online)
Nachdem Rosiglitazon vom Markt genommen wurde und Pioglitazon ab April fast aus der Verordnungsfähigkeit fällt, diskutierten Experten auf der Herbsttagung der DDG in Berlin, wie diese therapeutische Lücke zu füllen sei. "Wie etwa ist nun das häufige Problem der Niereninsuffizienz zu managen?", fragte Dr. Axel Versen, niedergelassener Diabetologe aus Friedrichshafen. Pioglitazon kann unabhängig vom Grad der Niereninsuffizienz (NI) eingenommen werden. Dies ist jetzt schwierig bei oralen Antidiabetika. So fällt Metformin bereits bei einer Clearance von weniger als 60 ml/min aus. Die 3 DPP-4-Hemmer sind bei leichter NI zugelassen, bei mittlerer und schwerer NI ist lediglich in den USA - zumindest für Saxagliptin und Sitagliptin - eine Dosisanpassung möglich. In Europa aber ist diese flexible Handhabung (noch) nicht möglich.
#Empfehlungen zur Substitution
Der niedergelassener Diabetologe Dr. Hans-Martin Reuter, Jena, stellt die momentanen Empfehlungen von Zulassungsbehörden und G-BA (Gemeinsamer Bundesausschuss) als Ersatzlösungen bei bisheriger Glitazongabe dar. In der Monotherapie sollte - je nach individueller Konstellation - auf Metformin, Sitagliptin, einen Sulfonylharnstoff (SH) oder Acarbose umgestellt werden. In der Kombinationstherapie werden nun als Partner des Metformins DPP-4-Hemmer, Inkretinmimetika, SH, Acarbose, Insulin oder Insulin plus Sitagliptin empfohlen. In der Abwägung der einzelnen Substanzen machte Reuter bei SH den Vorteil geltend, dass es billig sei, aber Gewichtszunahme und Hypoglykämieneigung müssen in Kauf genommen werden. Diese Nachteile haben die DPP-4-Hemmer nicht, allerdings sind sie teurer.
Aus der Sicht des Pharmakologen verglich Oliver Chung, Kiel, die neuen Wirkstoffe der inkretinbasierten Substanzen. Er sieht bei den Inkretinmimetika ein unphysiologisch langes Wirkintervall, "während das körpereigene GLP 1 nur bedarfsabhängig aktiv ist." Ferner machte er darauf aufmerksam, dass durch eine verlängerte Magenpassage, mit dem positiven Nebeneffekt des Sättigungsgefühls und der damit assoziierten Gewichtsabnahme, die Resorption anderer Medikamente behindert werden kann.
Hier ist das Wirkprinzip der DPP-4-Inhibitoren physiologischer. "Es verlängert lediglich die beim Typ-2-Diabetiker pathologisch verkürzte Halbwertszeit des GLP 1." Im pharmakologischen Vergleich der DPP-4-Hemmer sind viele Ähnlichkeiten feststellbar. Bezüglich Interaktionen haben Sitagliptin und Vildagliptin gegenüber Saxagliptin den Vorteil der geringen Metabolisierung über das CYP-System. Können bei leichter NI noch alle 3 Substanzen gegeben werden, so ist das Vildagliptin jedoch bei leichter bis mäßiger Unterfunktion der Leber kontraindiziert. Zudem ist Sitagliptin das einzige derzeit für die Monotherapie zugelassene Präparat.
Reimund Freye
Quelle: Satellitensymposium: "Quo vadis Therapiefreiheit?" Im Rahmen der 4. Herbsttagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft, Berlin, 5. November 2010. Veranstalter: Berlin Chemie.