physiopraxis 2011; 9(2): 6
DOI: 10.1055/s-0031-1273177
physioforum

Zum Artikel „Neue Hochschule in Fellbach in Gründung”, pp 9/10 – Verbände in der Pflicht

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Publication Date:
18 February 2011 (online)

 
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Uns ärgert, dass Physiotherapeuten die Aus- und Fortbildung weitgehend selbst finanzieren müssen und ihr Wissen dann für das Gemeinwohl einsetzen – eine sehr bequeme Lösung für Staat und Arbeitgeber. Die Akademisierung lässt hoffen, dass das irgendwann ein Ende findet und der Staat mehr finanzielle Verantwortung übernimmt. Studiengänge an staatlichen Hochschulen bieten einen erschwinglichen Qualifikationszuwachs und sind nicht primär von finanziellen Interessen geleitet. Anders bei manch privater Hochschule. Die „Hochschule für Gesundheitswissenschaften” fiel uns auf, da sie von einem Berufsverband gegründet wurde. Von diesen erwarten wir jedoch, dass sie alles dafür tun, dass unsere Studiengänge an öffentlichen Hochschulen eingerichtet werden. Wir fragen uns, welches Interesse ein Verband an dieser Entwicklung hat bzw. wie viel Energie er noch dafür aufzubringen bereit ist, wenn er gleichzeitig damit beschäftigt ist, Studiengänge an einer eigenen privaten Hochschule aufzubauen. Auch den Titel der Hochschule finden wir unglücklich. Die Begriffe „Public Health” und „Gesundheitswissenschaften” werden meist synonym verwendet. Sie stehen für ein besonderes Profil, das verschiedene wissenschaftliche Disziplinen gemeinsam denkt. Ein solches Profil ist bei dieser Hochschule nicht erkennbar, selbst, wenn weitere Einzelstudiengänge mit Gesundheitsbezug eingerichtet würden. Auch weisen die Gründer keine wissenschaftliche Expertise in diesem Bereich auf. Wir wünschen uns, dass die Disziplin Gesundheitswissenschaften nicht durch eine willkürliche Verwendung des Begriffes verwässert wird.

Erstaunt hat uns auch die positive Berichterstattung der physiopraxis. Von ihr wünschen wir uns differenzierte und kritische Beiträge.

Heiko Jahn und Eva Trompetter, beide Physiotherapeuten, MPH und wissenschaftliche Mitarbeiter an der Uni und FH Bielefeld

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Antwort des Berufsverbandes VPT

Viele Berufsverbände fordern vom Staat Maßnahmen zur Förderung der Aus- und Weiterbildung ihrer Mitglieder und damit des Berufsstandes. Doch der Verband Physikalische Therapie (VPT) tut mehr: Er fordert nicht nur, er gründet selbst eine Hochschule und schafft so Studienplätze. Er trägt damit Sorge „für die Verbreitung und Vertiefung der wissenschaftlichen Erkenntnisse auf dem Gebiet der Physikalischen Therapie und deren praktische Anwendung” gemäß der verbandseigenen Satzung. Durch die Hochschulgründung übernimmt der Verband Verantwortung für eine akademische Ausbildung.

Neben dem grundständigen Bachelor-Studiengang bereiten wir zudem einen berufsbegleitenden Studiengang Physiotherapie und einen Master-Studiengang vor. Es sind auch Studiengänge für weitere Gesundheitsberufe und für Gesundheitsökonomie vorgesehen – deshalb auch die Bezeichnung Hochschule für Gesundheitswissenschaften.

Die VPT Hochschule ist eine gemeinnützige und damit nicht gewinnorientierte Einrichtung. In vielen Ländern haben private Hochschulen lange Tradition und gehören zu den besten Einrichtungen. Wir sehen unsere Hochschule für Gesundheitswissenschaften nicht als Konkurrenz zu den staatlichen Hochschulen, sondern als sinnvolle Ergänzung.

Die Gründer der VPT Hochschule für Gesundheitswissenschaften in Fellbach