Zusammenfassung
Das Ogilvie-Syndrom (akute Pseudoobstruktion des Kolons) ist eine seltene und ernste
Komplikation nach Sectio caesarea und anderen abdominalen Eingriffen mit einer Letalität
von 15–20 %. Bei einer assoziierten Ischämie oder Perforation beträgt die Letalität
36–50 %. Die Datenlage zur Prävalenz ist unsicher. Es wird geschätzt, dass das Ogilvie-Syndrom
zu 0,1 % nach chirurgischen Eingriffen, zu 0,05 % bei Patienten mit einem Trauma und
zu 0,3 % bei Patienten mit schweren Verbrennungen vorkommt. Es ist durch ein adynamisches,
nicht obstruiertes Kolon gekennzeichnet, mit rascher Progression der Dilatation des
Zäkums, rechten Hemikolons und Colon transversum. In der Literatur werden einige kasuistische
Fälle des Ogilvie-Syndroms nach Sectio caesarea beschrieben. Bei der Ätiologie und
Pathogenese herrscht weitgehend Uneinigkeit. Es werden jedoch prädisponierende Faktoren
diskutiert wie urologische, gynäkologische und orthopädische Eingriffe im Abdomen,
Traumata im Retroperitonealraum, Sepsis, virale Infektionen und metabolische Faktoren,
die zu einer Imbalance des autonomen Nervensystems führen. Die am besten dokumentierte
Therapie des ACPO ist die intravenöse Gabe von Neostigmin. Der Erfolg konservativer
Maßnahmen wird mit 20 bis 90 % beschrieben. Ab einer Dilatation des Kolons über 12 cm
Länge und bei Progression des Krankheitsbilds ist eine rasche koloskopische Dekompression
bzw. eine chirurgische Intervention erforderlich. Auch wenn das Ogilvie-Syndrom selten
nach gynäkologischen und geburtshilflichen Eingriffen auftritt, ist es für Gynäkologen
wichtig, Symptome möglichst früh zu erkennen und schnell zu intervenieren, um gefürchtete
Komplikationen wie Ischämie oder Perforation zu verhindern. Im Folgenden wird über
eine Patientin mit Ogilvie-Syndrom nach Sectio caesarea berichtet. Es werden Symptome,
diagnostische Maßnahmen und Therapiemöglichkeiten dargestellt. Auf der Basis einer
internetwissenschaftlichen Literatursammlung (PubMed) wurde der Fall recherchiert.
Schlüsselwörter
Ogilvie‐Syndrom - akute Pseudoobstruktion des Kolons - Sectio caesarea - Neostigmin
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Claudia Müller-Aufdemkamp
Krankenhaus Landshut-Achdorf Frauenklinik
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