Diabetes aktuell 2010; 8(8): 388
DOI: 10.1055/s-0030-1270584
Forum der Industrie

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2. Nationaler Workshop Diabetes-Versorgung – Insulin - die Therapie der Wahl?

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Publication Date:
03 January 2011 (online)

 
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Die Zivilisationskrankheit Diabetes mellitus Typ 2 ist die andere Seite der Medaille "Wohlstand": die Patienten werden immer jünger, die Folgekosten für kardiovaskuläre Erkrankungen steigen. Eine Lebensstilveränderung ist für viele Patienten mit großen Anstrengungen verbunden, fast erleichtert steigen sie auf die "bequemeren" Medikamente um, wie Prof. Dr. Stephan Jacob, Villingen-Schwenningen, hervorhob. "Seit Jahrzehnten sind die epidemiologischen Zusammenhänge zwischen der Güte der Stoffwechseleinstellung und Komplikationen klar: je schlechter der HbA1c-Wert, umso häufiger sind die Komplikationen", sagte Jacob. Im Umkehrschluss schien naheliegend, dass eine Senkung des HbA1c-Wertes das Risiko für Komplikationen reduziere. "Aber betrachtet man die Daten aus der evidenzbasierten Medizin, so findet man keine eindeutigen Hinweise, dass die strenge Einstellung der Glykämie einen signifikanten Vorteil für die Patienten bringt, im Gegenteil, wir haben lernen müssen, dass die strengere Therapie auch vermehrt Nebenwirkungen wie Hypoglykämien und Gewichtszunahme mit sich bringt", erklärte Jacob.

Er verwies auf Daten aus Großbritannien, die zeigen, dass bestimmte effektive glukosesenkende Therapie-Strategien für Patienten potenziell sogar als gefährlich eingestuft werden (Tzoulaki et al. 2009, Currie et al. 2010). Ein Paradigmenwechsel stehe bevor, fasste Jacob seine Ausführungen zusammen, "denn eine reine "HbA1c-Senkung" ohne Berücksichtigung der Physiologie und der Nebenwirkungen wie Gewichtszunahme und Hypoglykämie hat versagt."

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Zunehmende Insulinisierung

Obwohl die Leitlinien bei manifestem Diabetes mellitus den Einstieg in die medikamentöse Therapie zunächst mit oralen Antidiabetika, z. B. Metformin und Sufonylharnstoffen vorsehen, hat der Verbrauch an Insulin im Lauf der vergangenen Jahre stark zugenommen, wie die Analysen von Prof. Bertram Häussler, IGES-Institut Berlin, zeigten. "In den vergangenen 12 Jahren ist die Zahl der Typ-2-Diabetiker, die mit Insulin behandelt werden, um eine Million Patienten gestiegen. Dies kommt einem Anstieg auf mehr als das Doppelte gleich, während die Zahl der Diabetiker insgesamt nur um ein Drittel gestiegen ist," sagte Häussler. Allerdings sei seit 2008 ein deutlich gebremstes Verordnungsvolumen für Insuline zu verzeichnen, auch in den DMP sei ein Rückgang des Anteils der mit Insulin behandelten Diabetiker zu beobachten.

Neuere Studien zeigten jedoch, so Jacob, dass auch die bisherige, zielwertorientierte Insulinversorgung von Typ-2-Diabetikern durch Hypoglykämien und Gewichtszunahme Schaden stiften kann. Neue Antidiabetika müssen sich heutzutage in Endpunktstudien bezüglich der Effektivität, Sicherheit und Verträglichkeit beweisen. Für die verschiedenen Insulintherapieformen wie BOT, CT, SIT oder ICT lägen aber keine Endpunktstudien vor.

Ines Landschek

Quelle: 2. Nationaler Workshop Diabetes-Versorgung, Berlin 1.12.2010. Veranstalter: AstraZeneca, Bristol-Myers Squibb