Der Arzt Dr. Peter Rittich, Hamburg, betreut mit seinem Team seit vielen Jahren Dialysepatienten
auf Kreuzfahrten.
? Herr Dr. Rittich, für welche Patienten mit Dialysepflicht kommt eine Schiffreise
infrage?
Dr. Peter Rittich: Salopp gesagt: Wer sich selbst versorgen kann, wird auch eine Kreuzfahrt bewältigen.
Reiseziel und -dauer sollten allerdings mit dem betreuenden Facharzt abgesprochen
sein. Die Dialysepflichtigkeit an sich bereitet keine Schwierigkeiten, aber mitunter
können Begleiterkrankungen die Reisefähigkeit einschränken. Was jedoch Gehprobleme
betrifft - auch ein Rollator darf mit aufs Schiff!
? Wie gestaltet sich die Dialysebehandlung bei den von Ihnen bzw. Ihrem Team betreuten
Reisen?
Rittich: Wir haben auf den Schiffen zwischen 3 und 8 Dialyseplätzen (plus Reservegeräte),
die umschichtig genutzt werden können und sich in 2 separaten Räumen befinden. Alle
Geräte sind vom Typ Fresenius 4008 B und 4008 S. Betreut werden unsere Patienten von
einem Dialysearzt und 2 Dialyseschwestern, bei Bedarf gibt es auch technische Unterstützung.
? Was sind die logistischen Anforderungen an eine Schiffsdialyse?
Rittich: Tatsächlich ist die Logistik eine Herausforderung. Wir holen vorzugsweise das komplette
Verbrauchsmaterial vor Reiseantritt an Bord, das sind bei einer Weltreise beträchtliche
Mengen. Müssen wir wegen großer Nachfrage nachrüsten, gehen die Paletten mit Dialysematerial
zusammen mit den Lebensmitteln in Containern an Bord. Sehr selten kaufen wir auch
im Ausland.
? Was ist aus ärztlicher Sicht vor dem Antritt der Reise zu beachten?
Rittich: Prinzipiell nehmen alle Patienten ihre Medikamente in ausreichender Menge selbst
mit an Bord, denn Nachschub ist im Ausland schwer zu bekommen. Oft muss das gewünschte
Präparat erst bestellt werden - das funktioniert nicht, wenn das Schiff in wenigen
Stunden den Hafen verlässt. Das Angebot in unserer Bordapotheke ist zwangsläufig begrenzt
und konzentriert sich auf den Bedarf für Notfälle. Zu kühlende Medikamente werden
von Zeit zu Zeit in einer entsprechenden Box an Bord geliefert. Das gilt auch für
Erythropoetinpräparate, sofern uns das Rezept vorliegt. Patienten mit Hepatitis können
wir nur dann zur Dialyse aufnehmen, wenn eine maschinelle, personelle und räumliche
Trennung gewährleistet ist. Am ehesten ist eine solche Regelung auf den Schiffen MS
Deutschland, MS Delphin und MS Delphin Voyager möglich, weil es dort Einzel- bzw.
Zweibettzimmer gibt.
Ein Wort zu Reiseimpfungen: Diese sind für unsere Patienten kritisch zu beurteilen,
insbesondere in Bezug auf Lebendimpfstoffe. Deshalb akzeptieren die Behörden beim
Verzicht auf eine Gelbfieberimpfung den Impfpasseintrag "aus medizinischen Gründen
nicht geimpft". Bei der Prophylaxe zum Schutz vor Malaria, Cholera und Typhus/Parathyphus
ist gemäß der zu erwartenden Infektionsrisiken zu entscheiden. Uneingeschränkt zu
empfehlen ist der Schutz vor Hepatitis A.
Das Interview führte Dr. Beate Grübler, Hannover.