Diabetes aktuell 2010; 8(7): 328-329
DOI: 10.1055/s-0030-1269795
Forum der Industrie

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Typ-2-Diabetes – Tagesprofil zeigt morgendliche Blutzuckerspitzen und weist den Weg zur Therapieverbesserung

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Dr. Dietrich Franke

Facharzt für Allgemeinmedizin und Diabetologe DDG

Email: Franke@DrDFranke.de

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Publication Date:
25 November 2010 (online)

 
Table of Contents

Wenn die Blutzuckerwerte über einen längeren Zeitraum hinweg vor allem morgens deutlich erhöht sind, kann dies auf eine unzureichende basale Insulinausschüttung der ß-Zellen hinweisen. Diese kann mit einer Umstellung der ausschließlichen Therapie mit oralen Antidiabetika (OAD) auf eine basalunterstützte orale Therapie (BOT) abgefedert werden. Die folgende Kasuistik zeigt, dass der Hausarzt sich bei der Einschätzung der Stoffwechsellage nicht allein auf den HbA1c-Wert stützen, sondern auch Blutzuckertages- und Wochenprofile gemeinsam mit dem Patienten studieren und besprechen sollte.

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Fallbeschreibung

Die 58 Jahre alte Postzustellerin hat einen Typ-2-Diabetes, der seit 4 Jahren bekannt ist und bislang mit Metformin 1000 mg (1-0-1) und Glibenclamid 3,5 mg (1-0-0) behandelt wird. Sie wiegt bei einer Körpergröße von 1,61 m 78 kg und ist damit übergewichtig (BMI 30,1). Diabetes mellitus Typ 2 ist nicht die einzige Erkrankung aus dem metabolischen Formenkreis: Darüber hinaus hat die Patientin eine arterielle Hypertonie und eine Dyslipidämie. Bislang sind keine Diabetes-Folgekomplikationen aufgetreten, doch der HbA1c-Wert ist mit 61,7 mmol/mol (7,8%) zu hoch. Ein grafisch aufbereitetes Blutzucker-Wochenprofil soll Aufschluss darüber geben, durch welche Maßnahmen sich die Stoffwechsellage der 58-Jährigen verbessern lässt.

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Diagnose

Die Verlaufskurve der Messwerte des Wochenprofils zeigt in der grafischen Darstellung auf einen Blick, dass nur 7 der insgesamt 50 gemessenen Blutzuckerwerte im Zielbereich von 80 bis 140 mg/dl (4,4 bis 7,8 mmol/l) liegen. Hypoglykämien und auch Werte unterhalb des Zielbereichs sind nicht zu verzeichnen, folglich liegen 43 Messwerte (86 %) oberhalb des Zielbereichs. Der durchschnittliche Blutzuckerwert liegt bei 181,4 mg/dl (10 mmol/l), wobei die Werte zwischen 122 und 284 mg/dl (6,8 und 15,8 mmol/l) stark schwanken (Abb. [1]). Die glykämische Variabilität ist mit einer Schwankungsbreite von 162 mg/dl (9 mmol/l) sehr hoch.

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Abb. 1 Der Wochen-Verlauf bei Typ-2-Diabetes unter OAD-Therapie zeigt insgesamt einen zu hohen Blutzuckerverlauf mit starken Schwankungen.

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Erkennen von Auffälligkeiten

Hervorzuheben ist die gute Messdisziplin der Patientin: Aus ihren grafisch aufbereiteten Tagesprofilen geht hervor, dass sie regelmäßig gegen 7:00 Uhr morgens ihren Nüchternblutzucker, vormittags gegen 9:00 Uhr ihren postprandialen Blutzucker, mittags gegen 12:00 Uhr ihren Blutzuckerwert vor dem Mittagessen, nachmittags gegen 14:00 Uhr ihren postprandialen Blutzucker, gegen 18:00 Uhr ihren Blutzuckerspiegel vor dem Abendessen, gegen 20:00 Uhr erneut ihren postprandialen Blutzucker und abends gegen 22:00 Uhr ihren Blutzuckerwert vor dem Schlafengehen gemessen hat. Diese Messfrequenz spricht zum einen dafür, dass die 58-Jährige ausreichend geschult ist, um sinnvolle Messzeitpunkte zu wählen - schließlich hat eine Messung 2 Stunden nach dem Essen mehr Aussagekraft als eine Messung unmittelbar nach der Mahlzeit. Sie zeigt zum anderen auch die Bereitschaft der Patientin, sich konsequent an ein bestimmtes Messschema zu halten. Dank der konsequenten und regelmäßigen Messungen lässt sich in den grafisch aufbereiteten Tagesprofilen auch leicht ein immer wiederkehrendes Muster erkennen: So sind für den hohen Durchschnittswert vor allem regelmäßige Blutzuckerspitzen nach dem Frühstück verantwortlich: Hier steigt der Blutzuckerwert regelmäßig auf über 250 mg/dl (13,9 mmol/l). Wie die Grafik in Abbildung [2] zeigt, liegen alle anderen Werte zwar ebenfalls im hyperglykämischen Bereich, die Verlaufskurve ist aber wesentlich flacher.

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Abb. 2 Im Vergleich zeigen die Tagesprofile auffällige Blutzuckerspitzen nach dem Frühstück.

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Ursachenforschung

Als Ursache für die auffälligen morgendlichen Blutzuckerspitzen kommt eine unzureichende basale Insulinsekretion in Frage. Aufgrund der fortschreitenden Insulinresistenz hat sich die Response der insulinproduzierenden ß-Zellen im Pankreas auf hohe Blutzuckerkonzentrationen verschlechtert, die körpereigene Insulinausschüttung ist folglich nicht mehr ausreichend und kann postprandiale Hyperglykämien nicht verhindern. Da die Patientin neben ihrem Typ-2-Diabetes auch unter Übergewicht, Bluthochdruck und einem gestörten Fettstoffwechsel leidet, sind die Ursachen für ihre regelmäßigen Hyperglykämien aber auch in der Ernährung zu suchen.

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Accu-Chek Forum: Fortbildung mit Fokus auf intensive Falldiskussionen

Die vorliegende Kasuistik zeigt, dass ein isolierter HbA1c-Wert noch keine differenzierte Bewertung der Stoffwechsellage ermöglicht und auch eine hohe glykämische Variabilität nicht erkennbar macht. Grafisch aufbereitete Tages- und Wochenprofile hingegen geben auf den ersten Blick Hinweise auf auffällige Muster und liefern damit Ansätze für die Verbesserung der Therapie. Gelegenheit zur ausführlichen Diskussion weiterer konkreter Fälle gibt es beim Accu-Chek Forum, einer Veranstaltungsreihe von Roche Diagnostics mit dem Motto "Mehr erkennen, mehr erreichen", die medizinischem Fachpersonal die Vorzüge des modernen Diabetes Managements vermittelt. Neben der Therapieverbesserung soll mithilfe des Diabetes Managements gezeigt werden, wie Praxisabläufe optimiert und Patienten zum strukturierten Messen, Analysieren und Lenken ihrer Blutzuckerwerte motiviert werden können. Auf Basis des strukturierten Messens können die Patienten - gemeinsam mit ihrem Behandlungsteam - besser und schneller Handlungen zur Verbesserung ihrer Therapie ableiten.

"Einfach mehr Diabeteswissen" ist ein vierstündiges Seminar für Medizinische Fachangestellte, das die Grundlagen zu Diabetes und zur strukturierten Blutzuckermessung vermittelt und die Nutzung von Accu-Chek Smart Pix erläutert. Es besteht aus einem theoretischen Teil und einem Übungsteil mit Blutzuckermessgeräten und Laptops für praktische Übungen mit Accu-Chek Smart Pix.

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"Blickdiagnose Diabetes" (und ein weiteres, aus einem bereits bestehenden regionalen Qualitätszirkel organisiertes Thema) ist ein vierstündiges Seminar für Hausärzte, das den Teilnehmern die Vorteile des Auslesens von Blutzuckerwerten mit Accu-Chek Smart Pix vermittelt. Es besteht aus einem theoretischen Teil und einem Übungsteil mit Blutzuckermessgeräten und Laptops für praktische Übungen mit Accu-Chek Smart Pix.

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Weitere Informationen: http://www.accu-chek-forum.de

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Empfehlungen und Ausblick

Leitliniengerechte Therapieziele für die Patientin sind ein HbA1c unter 48 mmol/mol (6,5 %), Nüchternwerte zwischen 80 und 120 mg/dl (4,4 bis 6,7 mmol/l), postprandiale Werte unter 140 mg/dl (7,8 mmol/l) und die Vermeidung von Hyperglykämien sowie die Verhinderung einer Gewichtszunahme.

Um das zu erreichen, sollte die Patientin zunächst versuchen, die Nüchternblutzuckerwerte zu normalisieren. Als Ergänzung der unzureichenden basalen Insulinsekretion empfiehlt sich die Umstellung von einer reinen OAD-Therapie auf eine basalunterstützte orale Therapie (BOT) mit NPH-Insulin zur Nacht. Aufgrund seiner langen Wirksamkeit ist das NPH-Insulin geeignet, die hohen Nüchternwerte zu normalisieren. Abends gespritzt deckt das NPH-Insulin auch das Mittagessen am Folgetag noch ab, sodass die Patientin kein weiteres Insulin mehr spritzen muss.

Um das Risiko nächtlicher Hypoglykämien zu vermeiden, könnten alternativ die Gabe von Metformin 1000 mg (0-0-2) in Erwägung gezogen werden, mit gleichzeitiger Reduzierung des NPH-Insulins. In jedem Fall sind vor allem in der Anfangszeit der Therapieumstellung nächtliche Kontrollmessungen empfehlenswert, um mögliche verschlafene Hypoglykämien aufzudecken. Eine weitere sinnvolle Maßnahme ist die Einnahme von Glibenclamid etwa eine halbe Stunde vor dem Frühstück. Dadurch kann die Patientin erhöhte postprandiale Werte absenken.

Neben den medikamentösen Therapieanpassungen sollte die Patientin den Einfluss von Ernährung und Bewegung im Alltag berücksichtigen: Um die postprandialen Blutzuckerspitzen nach dem Frühstück zu vermeiden, sollte sie Nahrungsmittel mit weniger Kohlehydrateinheiten (KE) und einem niedrigeren glykämischen Index (GI) wählen. Des Weiteren könnte es helfen, nach dem Essen zum Beispiel spazieren zu gehen, da Bewegung nachweislich den Blutzuckerspiegel senkt und das Gewichtsmanagement unterstützt.

Um die Blutzuckerwerte der Patientin im Tagesverlauf auch nach der Therapieanpassung im Blick zu behalten, sollte die 58-Jährige weiterhin in bestimmten Abständen und in Absprache mit ihrem Hausarzt Tages- oder Wochenprofile anlegen. Zu sinnvollen Zeitpunkten gemessene Blutzuckerwerte in Form von Tages- und Wochenprofilen, idealerweise auch grafisch aufbereitet, ermöglichen eine deutlich differenziertere Bewertung des Therapieverlaufs als der alleinige Fokus auf die Entwicklung des HbA1c-Wertes.

Quelle: Roche Diagnostics Deutschland.

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Email: Franke@DrDFranke.de

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Abb. 1 Der Wochen-Verlauf bei Typ-2-Diabetes unter OAD-Therapie zeigt insgesamt einen zu hohen Blutzuckerverlauf mit starken Schwankungen.

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Abb. 2 Im Vergleich zeigen die Tagesprofile auffällige Blutzuckerspitzen nach dem Frühstück.

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