Der Klinikarzt 2010; 39(10): 473
DOI: 10.1055/s-0030-1268359
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Eigenverantwortung stärken – Gerinnungs-Selbstmanagement bei Vorhofflimmern

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02 November 2010 (online)

 
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Über ein Drittel der Patienten mit Vorhofflimmern (AF) ist über 75 Jahre alt und selten tritt die Krankheit isoliert auf - in 90 % der Fälle liegt eine kardiovaskuläre Grunderkrankung vor, wie z. B. eine Hypertonie (70 %), eine Herzklappenerkrankung (36 %) oder eine Koronare Herzkrankheit (28 %). Dies sind wichtige Erkenntnisse aus Untersuchungen des Kompetenznetzes Vorhofflimmern (AFNET) an über 10 000 Patienten, die über einen Zeitraum von bis zu 5 Jahren nachverfolgt wurden.

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Erforschung der Versorgungsrealität

Das AFNET wurde 2004 gegründet und hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Versorgungsrealität der Patienten mit AF zu erforschen. Darüber berichtete Prof. Gerhard Steinbeck, München, bei einem Presseroundtable von Roche Diagnostics GmbH und er machte deutlich, dass wir in Deutschland wegen der zunehmenden Alterung der Bevölkerung auch mit einer weiter zunehmenden Zahl von Patienten mit AF rechnen müssen. Über eine Million Patienten sind es bereits heute, aber jeder Vierte über 40-Jährige wird im Lauf seines Lebens ein Patient mit AF werden und dies häufig erst beim Auftreten von Komplikationen "erfahren". Mit die folgenschwerste Komplikation des AF ist der akute Schlaganfall mit seinen gravierenden Folgen für das weitere Leben der Betroffenen.

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Therapieempfehlungen im internationalen Vergleich

Sistiert das AF nicht von selbst, was relativ häufig der Fall ist, wird Risikopatienten eine Therapie mit oralen Antikoagulanzien empfohlen, entweder ASS oder - bei hohem Risiko - meist in Form von Vitamin-K-Antagonisten (gerade eben hat die Federal Drug Administration der USA das Dabigatran auch für diese Indikation zugelassen). In Deutschland erhalten nach Steinbeck 71 % der Patienten mit hohem Risiko laut Register eine solche antithrombotische Therapie, im internationalen Vergleich ein guter Wert, wie er betont. Das Risiko sollte nach Prof. Marcus Haass, Mannheim, mit dem CHADS2-Score bestimmt werden (Tab. [1]). Während in den nationalen und internationalen Leitlinien Konsens über eine Einstellung des INR im Bereich zwischen 2,0 und 3,0 besteht, gibt es nach Haass einen hohen Bedarf für die Harmonisierung beim Therapiemonitoring. Statt der häufig üblichen INR-Kontrolle in der ärztlichen Praxis sollte vermehrt ein engmaschiges Monitoring z. B. in Form eines flexiblen Gerinnungs-Selbstmanagements eingesetzt werden. Dies, so Haass, ermögliche es sehr viel besser, den INR im Zielbereich zu halten und Komplikationen zu vermeiden.

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Tab. 1 CHADS2-Score zur Abschätzung des Schlaganfallrisikos bei Vorhofflimmern.

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Schulungsprogramm für Patienten

In diesem Zusammenhang berichtete Dr. Dietrich Ney, Hamburg über das SPOG-Programm (Schulungsprogramm für Patienten unter oraler Gerinnungshemmung). Dabei werden geeignete Patienten in Kleingruppen in der Klinik oder in der Praxis mit klaren und übersichtlichen Lehrmaterialien geschult und erhalten zum Abschluss der Schulung ein "Patientenbuch" als Nachschlagewerk. Die Patienten seien nach der Schulung nicht nur in der Lage, den INR-Wert mit dem CoaguChekXS-System korrekt zu bestimmen, sie hätten auch in vielen Übungen gelernt, die Dosis des Vitamin-K-Antagonisten im Bedarfsfall anzupassen, erklärt Ney. Der Patient wechsle so von der passiven in eine aktive Rolle und die Eigenverantwortung werde in hohem Maß gestärkt.

Günther Buck, Weilheim

Quelle: "Stellenwert des Gerinnungs-Selbstmanagements bei Vorhofflimmern". 6. Mannheimer Pressekreis von Roche Diagnostics GmbH am 14. Juni 2010 in Mannheim

 
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Tab. 1 CHADS2-Score zur Abschätzung des Schlaganfallrisikos bei Vorhofflimmern.