Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2010; 17(5): 211
DOI: 10.1055/s-0030-1267894
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York

Wieviel Sauerstoff braucht der Mensch eigentlich?

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Publication Date:
18 October 2010 (online)

 
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    An sich ist die Frage einfach beantwort: so viel, wie seine Organe jeweils gerade verbrauchen. Wenn wir uns aber anschauen, wie verschwenderisch wir oft mit der Gabe von Sauerstoff umgehen, sei es in der Anästhesie, aber auch in der Notfallmedizin, frage ich mich oft, ob das wirklich so richtig sein kann. In seinem Editorial, das gerade in der Zeitschrift Critical Care erschienen ist (Crit Care 2010; 14: 191), thematisiert Paul Schumacker genau dieses Problem. Gerade zu Beginn unseres Lebens, während der Fetalzeit, brauchen wir besonders wenig Sauerstoff. Und ist nicht möglicherweise eine "permissive Hypoxie" manchmal günstiger?

    In diesem Heft beleuchten Martin Burtscher und Kollegen, wie es unserem Organismus mit zunehmender Höhe gelingt, trotzdem noch genügend Sauerstoff auch für langdauernde Ausdauerbelastungen über die Lunge und den Blutkreislauf schließlich an die einzelnen Zellen zu bringen. Am Beispiel eines besonders leistungsfähigen Höhenbergsteigers werden die wichtigsten Faktoren aufgeführt, die notwendig sind, damit die Besteigung des Mount Everest eine Tagestour wird. Sie verdeutlichen auch, dass eine extrem hohe Sauerstoffaufnahme in Tallage gar nicht zwingend notwendig ist, da der dafür notwendige hohe Blutfluss in den Lungenkapillaren eine höhere Sauerstoffaufnahme in großen Höhen gar nicht zulassen würde.

    Diese spannenden, physiologischen Aspekte dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass trotzdem das Bergsteigen in diesen Höhen mit einem großen Risiko behaftet ist. Der von Martin Burtscher beschriebene Bergsteiger musste dieses Jahr am K2 umdrehen, da die äußeren Bedingungen einer "Tagestour" entgegenstanden. Genauso musste auch Gerlinde Kaltenbrunner umdrehen, nachdem ihr Seilpartner tödlich abgestürzt ist.

    Höhenbergsteigen bleibt eine gefährliche Risikosportart, für die Training wichtig ist. Genauso wichtig ist aber, dass die Umgebungsbedingungen stimmen. Dass dies nicht immer der Fall ist, mussten dieses Jahr auch Millionen Menschen in Pakistan und Indien feststellen, als extreme Monsunregen riesige Regionen überschwemmten. Möglicherweise ist dies schon ein Zeichen des Klimawandels, wenn in an sich trockenen Regionen (wie dieses Jahr in Ladakh geschehen), plötzlich extreme Wassermassen vom Himmel kommen und Schlammlawinen ganze Dörfer vernichten. Hoffen wir, dass sich das in den nächsten Jahren nicht so extrem fortsetzt und diese Länder weiter Ziel von Wanderern und Bergsteiger bleiben können.

    Denn welche Faszination erfolgreiche Besteigungen auf uns ausüben, können Sie vom 12.-14.11.2010 in Garmisch-Partenkirchen erleben, im Rahmen des 2. Forum Bergmedizin, einer gemeinsamen Veranstaltung der Deutschen Gesellschaft für Berg- und Expeditionsmedizin zusammen mit der Österreichischen Gesellschaft für Alpin- und Höhenmedizin. Luis Stitzinger wird von der ersten Skibefahrung der Diamirflanke am Nanga Parbat berichten, Wolfgang Schaffert von einsamen Treks in Bhutan. Das medizinische Programm lockt ebenfalls mit interessanten Vorträgen, die Details finden Sie auf der BExMed-Seite weiter hinten im Heft.

    Dr. Rainald Fischer, München

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