Dialyse aktuell 2010; 14(8): 434
DOI: 10.1055/s-0030-1267886
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Lebendnierentransplantation – Steinmeiers Organspende löst Grundsatzdebatte aus

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Publication Date:
14 October 2010 (online)

 
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SPD-Oppositionsführer Frank-Walter Steinmeier hat Ende August eine Niere an seine schwer erkrankte Frau Elke Büdenbender gespendet. Beide haben die Operation gut überstanden. Steinmeier hat sich daraufhin für einige Zeit aus dem aktiven politischen Geschehen zurückgezogen.

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Chronischer Organmangel

"Eine solche Nierenspende ist ein altruistischer Akt, den man dem Spender gar nicht hoch genug anrechnen kann", äußerte sich Prof. Jan Galle, Lüdenscheid, Sprecher der DGfN (Deutsche Gesellschaft für Nephrologie). Steinmeier wies darauf hin, dass er sich "mangels Alternative und weil die Voruntersuchungen es erlauben" für diesen Schritt entschieden hatte.

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Die Lebendnierenspende ist eine gute Alternative zur Dialysebehandlung: In Deutschland herrscht ein chronischer Organmangel, weshalb die Wartezeit auf eine Leichennierentransplantation circa 5-6 Jahre beträgt. "Das ist zu lang, denn viele Patienten sind dann aufgrund verschiedener Begleiterkrankungen nicht mehr transplantierbar", erklärte Galle. Es gibt daher keine andere Möglichkeit als die Lebendnierenspende, wenn man die Wartezeit auf eine Leichennierentransplantation verkürzen will, die mit einer Dialysebehandlung überbrückt wird. In Deutschland warten über 8 000 Dialysepatienten auf eine Nierentransplantation. Dies sind fast 3-mal so viele, wie pro Jahr transplantiert werden.

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Zustimmungs- oder Widerspruchsregelung?

Die Frage "Zustimmungs- in eine Widerspruchsregelung umwandeln?" ist aus dem aktuellen Anlass in das Kreuzfeuer einer politischen Debatte geraten. Die Widerspruchsregelung besagt, dass ein Mensch zu Lebzeiten der Organspende widersprechen muss - andernfalls geht man von seinem Einverständnis zur Organentnahme nach dem Tod aus. Die derzeit geltende Zustimmungsregelung ermöglicht eine Organentnahme nur dann, wenn der Besitzer seinen ausdrücklichen Willen pro Organspende (etwa durch einen Organspendeausweis) bekundet hat. Allerdings haben nur circa 17 % der Deutschen einen Organspendeausweis.

In den einzelnen Parteien gehen die Meinungen hierzu teilweise auseinander: CDU-Gesundheitsexperte Rolf Koschorrek ist für die Widerspruchslösung, sein Parteikollege Jens Spahn ist jedoch dagegen - er schlägt stattdessen vor, jungen Menschen ab 18 Jahren etwa mit dem Führerschein einen Organspendeausweis auszuhändigen. In der FDP fordert Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, offen über das Thema zu sprechen, während Bundesgesundheitsminister Philip Rösler sagt, einen direkten Zusammenhang zwischen rechtlicher Grundlage und Spenderzahl gebe es nicht. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach war wiederum für eine parteiübergreifende Gesetzesinitiative zur Widerspruchsregelung.

Christian Schäfer, Stuttgart

Quellen: Pressemeldung der DGfN, Deutsche Stiftung Organtransplantation, Ärzte Zeitung

 
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