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DOI: 10.1055/s-0030-1265779
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York
Bundesrat rückt Therapieaufwand in den Mittelpunkt – Bessere Chancen auf Schwerbehindertenausweis für Diabetiker
Publication History
Publication Date:
27 August 2010 (online)
- Therapieaufwand löst Nachweis schwerer Unterzuckerungen ab
- Schwerbehindertenausweis hat berufliche und finanzielle Vorteile
Der Bundesrat hat die Voraussetzungen geändert, unter denen Diabetiker in Zukunft einen Schwerbehindertenausweis beantragen können. Nach der Neuregelung ist nun der Behandlungsaufwand für die Bewilligung ausschlaggebend und nicht wie bisher das Behandlungsergebnis. "Für Diabetiker, die sich Insulin spritzen oder eine Insulinpumpe tragen, kann die neue Regelung eine große Verbesserung bringen", begrüßt Dr. Jürgen Hoß aus dem Berufsverband der diabetologischen Schwerpunktpraxen in Nordrhein (BdSN) die Bundesratsentscheidung.
#Therapieaufwand löst Nachweis schwerer Unterzuckerungen ab
Ab sofort gelten Diabetiker als schwerbehindert, wenn sie täglich mindestens 4 Insulininjektionen benötigen, deren jeweilige Dosis sie abhängig von Blutzucker, Ernährung und Bewegung selbst anpassen. Zudem müssen die Patienten durch "erhebliche Einschnitte" gravierend in ihrer Lebensführung beeinträchtigt sein. Genauer definiert sind diese "erheblichen Einschnitte" in der neuen Verordnung nicht, was sowohl Vor- als auch Nachteile mit sich bringen kann. Insgesamt bewerten die Diabetologen die Neuregelung als vorteilhaft für Diabetes-Patienten. "Bisher mussten Diabetiker schwere Unterzuckerungen nachweisen, um als Schwerbehinderte anerkannt zu werden. Nun lassen sich aufgrund des Schwerbehindertenausweises keine Rückschlüsse mehr auf die Stoffwechseleinstellung ziehen", erklärt Hoß. Insbesondere für Arbeitnehmer sei dies eine Verbesserung, da schwerbehinderte Diabetiker bislang häufig für bestimmte Berufe als ungeeignet galten, da Arbeitgeber von häufigen Unterzuckerungen ausgingen.
#Schwerbehindertenausweis hat berufliche und finanzielle Vorteile
Ein Schwerbehindertenausweis bringt in Deutschland sowohl berufliche als auch finanzielle Vorteile mit sich. So haben Schwerbehinderte als Ausgleich ihrer Benachteiligungen im Alltag einen Anspruch auf Zusatzurlaub und steuerliche Vergünstigungen. Eine Steuerersparnis bei der Einkommenssteuer erhalten auch die Eltern diabeteskranker Kinder und Jugendlicher mit Schwerbehindertenstatus. Der Ausweis kann beim Versorgungsamt beantragt werden. Das Versorgungsamt holt Befunde von den behandelnden Ärzten ein. Die Überprüfung erfolgt durch einen Vertragsarzt des Versorgungsamtes, der den Grad der Behinderung festlegt. Für einen Schwerbehindertenausweis muss ein Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 vorliegen. "Dazu sollten alle Antragsteller eine ausführliche Dokumentation ihrer Blutzuckermessungen und Insulinanpassungen zusammen mit dem Antrag einreichen", empfiehlt Hoß. Sollten die Versorgungsämter der neuen Regelung nicht folgen, sollte der Patient Widerspruch einlegen. Aber auch Diabetiker, bei denen ein GdB zwischen 30 und 50 festgestellt wurde, können einen Gleichstellungsantrag bei der Agentur für Arbeit stellen. "Eine solche ,Gleichstellung' bedeutet vor allem für den Arbeitsplatz erhebliche Vorteile wie einen erweiterten Kündigungsschutz", argumentiert Hoß.
Quelle: Presseinformation des Berufsverband der diabetologischen Schwerpunktpraxen in Nordrhein (BdSN)