Diabetes aktuell 2010; 8(5): 202
DOI: 10.1055/s-0030-1265776
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Psychologische Betreuung von Diabetikern – Diabetes und Depression in Kombination ist gefährlich

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Publikationsdatum:
08. September 2010 (online)

 
Inhaltsübersicht

Menschen mit Depressionen haben ein erhöhtes Risiko, an Typ-2-Diabetes mellitus zu erkranken. Aber auch eine bestehende Diabetes-Erkrankung erhöht das Risiko, eine Depression zu entwickeln. Kommen beide Erkrankungen zusammen, potenzieren sich die negativen Folgen für Lebensqualität und Lebensdauer der Betroffenen: Im Vergleich mit Diabetikern ohne Depressionen leiden depressive Diabetiker 11-mal häufiger unter Komplikationen an den kleinen Blutgefäßen. Die Gefahr von Schädigungen an den großen Gefäßen, die zu Durchblutungsstörungen oder Herzinfarkt führen können, ist um das 2,5-Fache erhöht.

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Diabeteserkrankung erhöht Risiko für eine Depression

Jede chronische Erkrankung kann das Risiko für eine Depression oder depressive Verstimmungen erhöhen. Die negativen Folgen sind bei Diabetes jedoch besonders hoch: Eine erfolgreiche Behandlung des Diabetes erfordert die aktive Mitarbeit des Patienten. "Depressionen stellen hierbei eine große Barriere dar, da sie sowohl die Motivation zur Behandlung als auch die Durchführung der Therapiemaßnahmen nachhaltig erschweren", betont Mit-Autor PD Dr. Bernhard Kulzer, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Psychologie und Verhaltensmedizin der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG) und Geschäftsführer des Forschungsinstitutes der Diabetes-Akademie Bad Mergentheim (FIDAM), in einer aktuellen Veröffentlichung. Damit steige die Gefahr von Spätkomplikationen des Diabetes wie Verlust des Augenlichts, Fußamputation oder Dialysepflicht.

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Depressionen steigern das Risiko für Typ-2-Diabetes

Umgekehrt haben Menschen mit Depressionen ein erhöhtes Risiko an einem Typ-2-Diabetes zu erkranken. Das liegt zum einen daran, dass die Depression die Risikofaktoren Übergewicht und Bewegungsmangel verstärkt. Außerdem ist die psychische Erkrankung selber ein unabhängiger Risikofaktor: Depressive Störungen können mit einem stressbedingten Anstieg der Kortisolwerte im Blut einhergehen, die wiederum eine Insulinresistenz fördern.

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Bessere psychologische Betreuung notwendig

diabetesDE und DDG fordern deshalb, dass Menschen mit Depressionen gezielt auf einen Typ-2-Diabetes untersucht werden. Betroffene Diabetiker benötigen außerdem eine psychologische Betreuung, vor allem zu Beginn der Erkrankung, und wenn erstmals Spätkomplikationen auftreten. Ein Verzicht auf eine psychologische Betreuung verschlechtert nicht nur Lebensqualität und Lebensdauer der Diabetiker. US-Studien belegen, dass die Kosten für die Behandlung von depressiven Diabetespatienten um ein Vielfaches höher liegen als bei Diabetikern ohne Depression.

Quelle: Kulzer B, Hermanns N, Kruse J. Diabetologe 2010; 6: 255-265