Z Orthop Unfall 2010; 148(4): 379
DOI: 10.1055/s-0030-1265238
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York

Gelenkersatz – Biomarker zum Nachweis von Infektionen

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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
17. August 2010 (online)

 
Inhaltsübersicht

In der bestehenden Schwierigkeit mit der sicheren und idealerweise präoperativen Detektion von Implantatinfektionen besteht nach wie vor die Notwendigkeit zur Verbesserung der Nachweismethodik durch innovative Strategien. Diese prospektive klinische Studie untersucht die Genauigkeit einer neuen Methode, die durch den spezifischen Nachweis von Botenstoffen in der Synovialflüssigkeit Infektionen nachweisen soll. Synovial Fluid Biomarkers for Periprosthetic Infection, Clin. Orthop. Relat. Res. (2010) 468: 2017–2032

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Einleitung

Die korrekte Diagnosestellung einer Implantatinfektion nach Gelenkersatz ist entscheidend für eine adäquate Therapieplanung. Der direkte Bakteriennachweis gestaltet sich oft schwierig. Falsch negative oder durch Kontamination auch falsch positive Ergebnisse stellen dabei ein Problem dar. Auch der indirekte Nachweis einer Entzündungsreaktion über systemische Blutserumparameter oder auch über die Zytologie der Synovialflüssigkeit haben zahlreiche Fehlerquellen, bzw. sind von der Interpretation des Chirurgen abhängig.

In diesem Zusammenhang hat die Arbeitsgruppe um Deirmengian in der Vergangenheit bereits eine Methodik entwickelt und veröffentlicht, die den spezifischen Nachweis von Botenstoffen, wie sie bei bakteriellen Infektionen durch die Leukozyten in der Synovialflüssigkeit exprimert werden, ermöglicht. Hierin sehen die Autoren das Potenzial, einen schnellen und kostengünstigen Test für den periprothetischen Infektnachweis zu entwickeln. In der vorliegenden Studie soll nun in einer prospektiven klinischen Studie die Sensitivität, Spezifität und Genauigkeit dieser Biomarkeranalyse überprüft werden.

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Methodik

Es wurde präoperativ Synovialflüssigkeit von 51 Patienten gewonnen, bei denen eine Knierevision aufgrund einer Implantatinfektion oder eines aseptischen Implantatversagens durchgeführt wurde. Diese wurde per ELISA auf 23 definierte Biomarker analysiert und entsprechend der zugeordneten Gruppe auf die Sensitivität, Spezifität, positiven prädiktiven Wert (PPW), negativen prädiktiven Wert (NPW) und die Genauigkeit untersucht, bzw. mit anderer Infektdiagnostik korreliert.

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Für Protheseninfektionen sind meist Staphylokokken verantwortlich (Bild: Thieme Verlagsgruppe, Fotograf: Thomas Stephan).

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Ergebnisse

Zwölf der 23 Biomarker zeigten spezifische und signifikant erhöhte Werte in der septischen im Vergleich zur aseptischen Gruppe. Für das IL-1 und das IL-6 ergab sich eine Sensitivität, Spezifität, ein PPW und NPW und eine Genauigkeit von nahezu 1.

Dr. med. Tilman Calliess

Orthopädische Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover

eMail: tilman.calliess@ddh-gruppe.de

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Kommentar

Die hier vorgestellte Biomarkeranalyse stellt einen vielversprechenden Ansatz zur Detektion von Implantatinfektionen dar. Die Arbeitsgruppe konnte Biomarker in der Synovialflüssigkeit nachweisen, die spezifisch im Falle einer bakteriellen Infektion um mehr als das 100-Fache erhöht waren. In ihrer Studie wies das Verfahren sogar eine höhere Genauigkeit als die Diagnostik per Blutserumanalyse auf. Dabei könnte sich diese Analytik v. a. durch eine einfache, schnelle und kostengünstige Handhabung im Klinikalltag bewähren.

Allerdings ist die Aussagekraft dieser Werte noch mit Limitierungen zu sehen. Es wurde ein kleines und sehr heterogenes Patientenkollektiv in die Studie einbezogen. Problematisch ist auch, dass sich die Klassifizierung der Patienten dabei rein auf den Bakteriennachweis oder das klinische Bild einer Infektion stützt. Damit ist u. a. ein besonderes Problem der Infektdiagnostik nicht adressiert: Es bleibt unklar, ob die sog. Low-Grade-Infektionen, die häufig falsch negative Bakterienkulturergebnisse aufweisen, über diese Methodik zu einem höheren Prozentsatz detektiert werden können. Auch wird nicht klar, ob und wie die Testgenauigkeit von einer laufenden Antibiotikatherapie beeinflusst wird. Für die weitere Validierung der genannten Ergebnisse ist eine weiterführende Studie erforderlich, die wohlmöglich auch als prospektive Multicenterstudie geplant ist.

Dr. med. Tilman Calliess

 
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Für Protheseninfektionen sind meist Staphylokokken verantwortlich (Bild: Thieme Verlagsgruppe, Fotograf: Thomas Stephan).