Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2010; 17(4): 194-195
DOI: 10.1055/s-0030-1264965
DTG-Mitteilungen

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NECTM-Nachlese – Kongress mit nordeuropäischem Charakter

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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
16. August 2010 (online)

 
Inhaltsübersicht

Unter dem Vorsitz von Prof. Gerd-Dieter Burchard fand vom 26.-29. Mai die "3. Northern European Conference on Travel Medicine" (NECTM) statt, zu dem fast 700 Kongressteilnehmer nach Hamburg gekommen waren. Der größte Anteil der Besucher kam, wie bei den früheren Kongressen auch, aus den skandinavischen Ländern, aus Irland, Schottland und Großbritannien. Nur relativ wenig deutsche niedergelassene Ärzte mit reisemedizinischem Engagement waren vertreten, was aber natürlich an der Dauer der Konferenz und sicher auch an den doch hohen Eintrittsgebühren gelegen haben kann. Es wurde meiner Meinung nach deutlich, wieviel besser die Reisemedizin in den anderen Ländern organisatorisch in das öffentliche Gesundheitswesen integriert ist als bei uns.

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Festabend unter norddeutschem Stern

Gerd Burchard hatte mit einem immensen Arbeitspensum und seinen vielen internationalen Kontakten ein sehr interessantes und vielfältiges Programm zusammengestellt, das einerseits die Standards nicht vernachlässigte, andererseits aber auch Raum für individuelle und hamburgische Themen bot. So stand auch der Festabend mit einem Dinner im überdachten und festlich dekorierten Innenhof des Museums für Hamburgische Geschichte (das nun neudeutsch Hamburg Museum heißt) mit Shantymusik und einem Rundgang im Inneren des Hauses unter einem norddeutschen Stern.

Sehr anregend fand ich die Besichtigung des in das Museum integrierten Schiffsrumpfes, der die Atmosphäre eines Dampfschiffes des Hanseatischen Lloyd aus der Zeit um 1920 widerspiegelte. Da an die Stirnwand dieses Raumes ein filmisches Hafenpanorama projiziert wurde, hatte man die sehr eindringliche Illusion, dass der Schiffsrumpf mit den Elbwellen sogar schwankte - anfangs glaubten wir alle an einen mechanischen Trick, eine Art Hebewerk; das wurde allerdings von einem Museumsmitarbeiter mit den Worten kommentiert: Da hätten wir aber ein Problem, wenn der hier echt schwanken würde - und nein, es war NICHT der Aperitifsekt, der diese Illusion bei uns hervorrief. Die Gäste hielten an den langen Tafeln bis spät abends aus - und dann lag die Reeperbahn mit all ihren traditionellen und modernen Attraktionen ja nicht weit.

Schon der Auftakt am Vorabend des Treffens war ein Höhepunkt: Prof. Heinz Mehlhorn, Parasitologe aus Düsseldorf, trug aus seinem zusammen mit Prof. Johannes W. Grüntzig verfassten Buch vor, von dem unter dem Titel "Expeditions into the Empire of Plagues" gerade eine englische und gegenüber der deutschen Erstauflage erweiterte Fassung erschienen ist. Da ich vertretungsweise einen Teil der Rezitate übernehmen sollte, kann ich nun sagen "I was Robert Koch"! Dieses Buch zur Geschichte der deutschen wissenschaftlichen Expeditionen in die Kolonien ("Medizinische Himmelfahrtskommandos") und zum Werk von Robert Koch und vielen anderen ist eine fabelhaft illustrierte, farbige und historisch-spannende Pflichtlektüre für jeden Reise- und Tropenmediziner.

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Ein Highlight: Der Programmpunkt "Fair Tourism"

Für mich persönlich war einer der interessantesten Programmpunkte der am letzten Vormittag stattfindende Teil zur Frage des "Fair Tourism". Unterschiedliche Referenten sprachen zu diesem Thema - aber alle aus ihrer sehr persönlichen Perspektive. Die Finnin Mari Mero war aus Schweden mit dem Fahrrad angereist und hatte so schon einen aktiven und gesunden Beitrag zum Thema des umweltfreundlichen Reisens geleistet, sie sprach zum Thema "Tourism responding to the challenge of climate change".

Nick Middleton berichtete in seinem Vortrag zum Thema "Cultural aspects of tourism - Our common responsibility" mit einem selbstironischen, nichtsdestotrotz aber ernstlich beunruhigenden Filmbeitrag über seine Begegnung mit menschenscheuen Kopfjägern in Indonesien, die in schwindelerregender Höhe in Baumhäusern leben - Begründung ihres Häuptlings: "Es ist sicher, gibt wenig Mücken und man hat einen schönen Blick ..." Middletons Botschaft war, dass gegenseitiger Respekt einerseits für den Reisenden das Erlebnis steigert, dadurch andererseits aber auch für den "Bereisten" die Begegnung mit dem Fremden etwas Positives sein kann. Leider war dieser Teil des Kongresses aufgrund des Termins schon nicht mehr so gut besucht. Aber man kann eben nicht alles gleichzeitig terminieren.

Ein solcher Kongress kann in diesem Rahmen nicht ohne die Unterstützung der Industrie stattfinden und wir waren - als ja auch finanziell in der Verantwortung stehende Organisatoren - dankbar für ihre Beteiligung. Allerdings war die Qualität und der Stil der industriegestützten Veranstaltungen von sehr unterschiedlichem Niveau. Dies wurde von den Teilnehmern auch sehr bewusst wahrgenommen und zum Teil heftig kritisiert. Ich fühlte mich in diesem Zusammenhang an Budapest erinnert - ich habe ja bereits einmal in diesen Mitteilungen mein Unbehagen an der industriellen Einflussnahme auf diese Veranstaltungen geäußert.

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Seien Sie im Mai 2012 in Dublin dabei

Der nächste NECTM, zu dem wir sie jetzt schon alle herzlich einladen, findet im Mai 2012 in Dublin statt. Wieder wird die DTG zu den Mitveranstaltern gehören und eine finanzielle Einlage leisten - wie es auch die anderen Fachgesellschaften für Hamburg getan haben. Innerhalb der ausrichtenden Gruppe (eine Liste und auch alle Abstracts finden Sie unter http://www.nectm.com) kam es zu einem Gespräch über eine Erweiterung dieses Kreises - so wird Polen, als Ostseeanrainer, neu aufgenommen werden. Es bestand aber vor allem unter den Skandinaviern Konsens, dass der nordeuropäische Charakter der Veranstaltung gewahrt bleiben soll. Seien wir also gespannt auf Irland und denken Sie dran: Früh zu buchen und auch die Mitgliedschaft in der DTG sichert günstige Preise.

Dr. Hinrich Sudeck, Hamburg

(Der Text ist die persönliche Meinung des Autors und keine offizielle Stellungnahme der DTG.)

 
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