Neben den klassischen Formen der Hämophilie, wie Typ A und B, treten auch weitere
Erkrankungen mit erhöhter Blutungsneigung auf, z. B. Faktor-XIII-Mangel. Dieser ist
nur schwierig zu erkennen und wird dementsprechend selten diagnostiziert, erklärte
Prof. Johannes Oldenburg, Bonn. FXIII katalysiert als letztes Glied in der Gerinnungskaskade
nach Aktivierung durch Thrombin und Kalzium-Ionen die Bildung von kovalenten Peptidbindungen
und wird daher auch als fibrinstabilisierender Faktor bezeichnet.
Homozygoten FXIII-Mangel prophylaktisch substituieren
Homozygoten FXIII-Mangel prophylaktisch substituieren
Beim schweren homozygoten FXIII-Mangel (Häufigkeit 1:1,4 Millionen) treten bei der
Geburt meist starke Nabelschnurblutungen auf. Beide Geschlechter sind gleichermaßen
betroffen. Fast alle Betroffenen leiden unter spontanen Blutungen und verstärkten
Blutungen bereits bei kleineren Verletzungen mit ausgeprägter Hämatombildung. Die
Patienten berichten über schwere Blutungen in Muskeln und Gelenken, aber auch lebensbedrohliche
Gehirnblutungen.
Betroffene mit einem heterozygoten FXIII-Mangel sind dagegen meist asymptomatisch
oder weisen nur eine leicht erhöhte Blutungsneigung auf. Auch Schwangerschaften können
beeinträchtigt sein. "Allein in Deutschland gibt es vermutlich rund 80000 Betroffene
mit milder heterozygoter Verlaufsform", so Oldenburg, der die Inzidenz auf rund 1:1000
schätzt. Bisher werden diese Formen jedoch nur unzureichend diagnostiziert, da FXIII
in den Routinebestimmungen, z. B. partielle Thromboplastinzeit (PTT) oder Thromboplastinzeit
(TPZ; Quick), nicht erfasst wird. Am besten kann ein entsprechender Mangel durch Bestimmung
des FXIII-Plasmaspiegels diagnostiziert werden. Zusätzlich sind Genanalysen möglich.
Substitutionstherapie
Substitutionstherapie
Die lange Halbwertszeit von FXIII ermöglicht ein 4-wöchiges Dosierungsintervall. Eine
Dauersubstitution ist nur bei Patienten mit schwerem homozygoten FXIII-Mangel erforderlich.
Bei akuten Blutungen und zur Prophylaxe von Blutungen im Zusammenhang mit operativen
Eingriffen oder bei Schwangerschaften ist eine am Bedarf orientierte FXIII-Gabe induziert.
Gegenwärtig wird FXIII noch mit Plasmakonzentraten substituiert. Seit 2008 ist auch
ein rekombinantes Präparat in Phase III der klinischen Prüfung.
"Der FXIII-Mangel ist der bisher noch am wenigsten erforschte Gerinnungsfaktorenmangel.
Auch welche Modifikation an FXIII welche Veränderung mit sich bringt, ist unklar,
insbesondere für Patienten mit milder Verlaufsform", so das Fazit von Oldenburg. "Es
wäre wünschenswert, dass dieser Mangel mehr Aufmerksamkeit findet."
Dr. Katrin Wolf, Eitorf
Quelle: Fachpresseworkshop "The many Faces of bleeding Disorders"am 19.4.2010 in Bonn,
veranstaltet von Novo Nordisk Pharma GmbH, Mainz
Die Autorin ist freie Journalistin
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