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DOI: 10.1055/s-0030-1256668
Ist die Hyponatriämie (HN) ein Prognosefaktor für das Gesamtüberleben der Patienten mit Lungenkarzinom?
Is Hyponatremia a Prognostic Marker of Survival for Lung Cancer?- Zusammenfassung
- Abstract
- Einleitung
- Material und Methoden
- Ergebnisse
- Diskussion
- Schlussfolgerung
- Literatur
Zusammenfassung
Lungenkarzinompatienten entwickeln häufig eine Hyponatriämie (HN) im Rahmen eines Syndroms der inadäquaten ADH-Ausschüttung (SIADH). Die Elektrolytstörung geht mit einer erhöhten Morbidität und Mortalität einher. Ob sich die HN auf das Gesamtüberleben von Lungenkarzinompatienten auswirkt und möglicherweise als Prognosefaktor dienen kann, ist unklar und wurde in der vorliegenden monozentrischen, retrospektiven Analyse untersucht.
Ausgewertet wurden die Überlebensdaten von 2048 Lungenkarzinompatienten ohne und 97 mit einer dokumentierten HN.
Das Überleben der Lungenkarzinompatienten mit HN war gegenüber denen mit normwertigem Natrium reduziert (10,08 ± 1,68 vs. 12,12 ± 0,48 Monate; Gesamtüberleben (Overall Survival, OS) nach 2 Jahren: 24,4 % ± 5,8 vs. 30,8 % ± 1,3, p = 0,08). Insbesondere Patienten mit einer schweren HN (Natriumwerte unter 125 mmol/l) zeigten ein deutlich kürzeres Gesamtüberleben (OS (2 Jahre) 11,8 % ± 6,9, p = 0,12). Eine Normalisierung der Natriumwerte über 138 mmol/l führte zu einem verlängerten medianen Überleben (13,32 ± 1,44 Monate, p = 0,007), während das mediane Überleben bei fehlender Korrektur der Natriumwerte über 138 mmol/L nur bei 5,16 Monaten lag (p = 0,007). Die HN trat vor allem in fortgeschrittenen Tumorstadien (IIIb + IV nach UICC 7) auf.
Die Daten zeigen einen Einfluss der HN auf das Gesamtüberleben von Lungenkarzinompatienten. Sowohl das Ausmaß der HN (Natriumwerte < 125 mmol/l) als auch die Normalisierung der Natriumwerte im Krankheitsverlauf (Natriumwerte > 138 mmol/l) wirken sich auf das Überleben aus. Zusammenfassend wird belegt, dass der Natriumwert im Serum einen möglichen Prognosefaktor für das Gesamtüberleben von Lungenkarzinompatienten darstellt.
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Abstract
Hyponatremia is frequently observed on the basis of syndrome of inappropriate antidiuretic hormone hypersecretion (SIADH) in patients suffering from lung cancer. This electrolyte imbalance is associated with higher mortality and morbidity. If hyponatremia influences survival of lung cancer remains controversial. In the current study we retrospectively analysed if survival is directly impacted by hyponatremia and evaluated if hyponatremia is a prognostic marker for lung cancer.
We analysed 2048 patients with lung cancer without and 97 (4.7 %) with hyponatremia in a single center study (ELK Berlin/Tumor-Centre-Buch, Germany).
Median survival in lung cancer with hyponatremia was reduced compared to normonatremic median survival (10.08 ± 1.68 vs. 12.12 ± 0.48 month, overall survival (OS) after 2 years was 24.4 % ± 5.8 vs. 30.8 % ± 1.3, p = 0.08). Sodium levels below 125 mmol/l were associated with reduced survival (OS (2 years) 11.8 % ± 6.9 vs. 34.3 % ± 8.5, p = 0.12). Correction of plasma sodium above 138 mmol/l was correlated to extended median survival (13.32 ± 1.44 month, p = 0.007) while median survival was only 5.16 month (p = 0.007) if plasma sodium could not be elevated above 138 mmol/l. The occurrence of hyponatremia was associated with advanced disease (tumor stage IIIb + IV, UICC version 7).
These data suggest that hyponatremia can influence survival of patients with lung cancer. The degree of hyponatremia (lowest plasma sodium) and its normalization (maximal plasma sodium) can modify median survival. In summary, the data indicate that plasma sodium could be a relevant prognostic marker of survival for lung cancer.
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Einleitung
Das Lungenkarzinom ist weltweit der häufigste solide Tumor [1], in Deutschland der zweithäufigste beim Mann und der dritthäufigste bei der Frau – es erkranken jedes Jahr ca. 48 000 Patienten [2]. Dabei ist das Lungenkarzinom die am häufigsten zum Tode führende Tumorerkrankung [1] [3]. Die 5-Jahres-Überlebensrate beträgt in Deutschland etwa 15 % für Männer und 18 % für Frauen [2]. Der Häufigkeitsgipfel liegt zwischen dem 55. und 65. Lebensjahr. Bei 13 – 18 % liegt ein kleinzelliger Tumorsubtyp (SCLC) vor, bei den übrigen ein nichtkleinzelliger (NSCLC) [4].
Die wichtigsten Prognosefaktoren für das SCLC sind das Krankheitsstadium, der performance status, das Geschlecht [5] [6] und die Laktatdehydrogenase (LDH) [7] [8]. Die Prognose des NSCLC ist hauptsächlich vom Krankheitsstadium abhängig. Weiterhin ist ebenfalls der performance status ein wichtiger prädiktiver Marker, insbesondere im Hinblick auf eine chirurgische Tumorresektion [1]. Weitere relevante Prognosefaktoren konnten bisher nicht etabliert werden und somit nicht in den aktuellen S3-Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und der Deutschen Krebsgesellschaft kommentiert werden.
Vor allem SCLC-, aber auch NSCLC-Patienten entwickeln häufig eine Hyponatriämie (HN), verursacht durch eine inadäquate Sekretion des Hormons ADH (SIADH). Generell ist die HN eine häufige Elektrolytstörung, die bereits am Tag der Hospitalisierung bei 14,5 % der Patienten diagnostiziert wird [9]. Die HN kann zu lebensbedrohlichen neurologischen Komplikationen führen und ist mit einer 60-fach erhöhten Morbidität und Mortalität der hospitalisierten Patienten assoziiert [10] [11] [12]. Bei Patienten mit Leberzirrhose, Herzinsuffizienz und neurologischen Störungen ist die HN ein etablierter prädiktiver Marker für die Mortalität. Bisher zeigten einige retrospektive Studien, dass die HN auch einen möglichen, signifikanten Prognosefaktor beim SCLC darstellt, während ein großer Teil der Studien dies nicht bestätigen konnte [13]. Die aktuelle S3-Leitlinie führt die HN nicht als Prognosefaktor für das Lungenkarzinom auf.
In der vorliegenden retrospektiven Analyse wurde untersucht, ob sich die HN auf das Gesamtüberleben des kleinzelligen und nichtkleinzelligen Lungenkarzinoms auswirkt und einen Prognosefaktor dieser Krankheitsentitäten darstellt.
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Material und Methoden
Der Normbereich des Natriumwertes im Serum liegt bei 136 – 145 mmol/l. Eine schwere Hyponatriämie (HN) ist mit Natriumwerten unter 125 mmol/l definiert.
Es wurden die Überlebensdaten der Lungenkarzinompatienten mit einer dokumentierten HN, die sich von 2006 – 2009 in der Evangelischen Lungenklinik Berlin in Behandlung befanden, in Zusammenarbeit mit dem Tumorzentrum Buch ausgewertet und mit den Lungenkarzinomfällen ohne HN aus diesem Zeitraum verglichen.
Für diese Patienten wurden jeweils der niedrigste und der höchste Natriumwert bestimmt. Zudem wurden Daten zur Alters- und Geschlechtsverteilung, zur Tumorentität und zum Tumorstadium (TNM-Klassifikation nach UICC 7/IASLC 2009) erhoben.
Das Gesamtüberleben dieser Patienten wurde in Abhängigkeit des Geschlechts und des jeweiligen Tumorsubtyps (SCLC oder NSCLC) im Vergleich zur Normgruppe (normonatriäme Lungenkarzinome) dargestellt.
Zudem wurde der Einfluss der HN-Ausprägung untersucht. Dazu wurden das Gesamtüberleben der HN-Patienten mit einem niedrigsten Natriumwert unter 125 mmol/l mit dem Gesamtüberleben der HN-Patienten, deren niedrigster Natriumwert über 125 mmol/l lag, verglichen.
Weiterhin wurde die Auswirkung der HN-Korrektur auf das Gesamtüberleben untersucht. Dazu wurden Überlebensdaten der HN-Patienten, die im Krankheitsverlauf einen maximalen Natriumwert von 138 mmol/l und mehr erreichten, denen gegenübergestellt, bei denen keine Korrektur des Natriumwertes über 138 mmol/l erzielt wurde.
Die statistischen Datenanalysen erfolgten mit dem Programm PASW/SPSS 18.0. Die Berechnung der Überlebenskurven wurde mittels Kaplan-Meier-Überlebensfunktion und Gruppenvergleiche mittels Log-Rank-Test durchgeführt.
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Ergebnisse
Im Diagnosezeitraum 2006 – 2009 wurden vom Tumorzentrum Buch 2048 Lungenkarzinomfälle ohne Hyponatriämie (HN) und 97 (4,7 %) Lungenkarzinompatienten mit einer dokumentierten HN erfasst. Diese unterteilen sich in 296 kleinzellige Lungenkarzinome (SCLC) ohne HN und 49 SCLC mit HN sowie 1752 nichtkleinzellige Lungenkarzinome (NSCLC) ohne HN und 48 NSCLC mit HN. Somit sind 14,2 % der SCLC und 2,7 % der NSCLC von der HN betroffen ([Tab. 1]).
keine HN (n) |
HN (n) |
|
SCLC |
296 |
49 (14,2 %) |
NSCLC |
1752 |
48 (2,7 %) |
Gesamt |
2048 |
97 (4,7 %) |
HN: Hyponatriämie; SCLC: kleinzelliges Lungenkarzinom (small cell lung cancer); NSCLC: nichtkleinzelliges Lungenkarzinom (non small cell lung cancer); n: Anzahl der Patienten.
Die folgende Tabelle zeigt die Verteilung für das SCLC und das NSCLC jeweils mit und ohne HN auf das Geschlecht, das Alter und das Tumorstadium ([Tab. 2]).
SCLC: kleinzelliges Lungenkarzinom (small cell lung cancer); NSCLC: nichtkleinzelliges Lungenkarzinom (non small cell lung cancer); n: Anzahl der Patienten; Stadium I–IV nach TNM-Klassifikation UICC 7/IASLC 2009.
Insgesamt wiesen die Lungenkarzinompatienten mit HN gegenüber denen mit normwertigem Natrium (Normgruppe) ein deutlich reduziertes Überleben auf (medianes Überleben 10,08 ± 1,68 vs. 12,12 ± 0,48 Monate, mit einem Gesamtüberleben (Overall Survival, OS) nach 2 Jahren von 24,4 % ± 5,8 vs. 30,8 % ± 1,3; p = 0,08) ([Abb. 1]).


Insbesondere Natriumwerte unter 125 mmol/l waren mit einem kürzeren Gesamtüberleben assoziiert (OS nach 2 Jahren: 11,8 % ± 6,9 vs. 34,3 % ± 8,5; p = 0,12) ([Abb. 2]).


Dabei waren die niedrigsten Natriumwerte der HN-Patienten folgendermaßen verteilt: Bei 3 Patienten lag der niedrigste Natriumwert <110 mmol/l, bei 12 Patienten zwischen 110 – 115 mmol/l, bei 9 Patienten zwischen 115 – 120 mmol/l, bei 21 Patienten zwischen 120 – 125 mmol/l, bei 36 Patienten zwischen 125 – 130 mmol/l und bei 16 Patienten zwischen 130 – 135 mmol/l.
Unabhängig von der Tumorentität zeigten NSCLC- und SCLC-Patienten mit HN ähnliche Überlebenskurven (OS nach 2 Jahren: 25.2 % ± 7,6 für NSCLC vs. 23.5 % ± 8,5 für SCLC; p = 0,82; vs. 30,8 % ± 1,3 für Lungenkarzinome mit normwertigem Natrium; p = 0,08) ([Abb. 3]).


NSCLC mit HN wiesen ein medianes Überleben von 9 ± 1,44 Monaten und damit ein kürzeres Überleben auf als die Gruppe der NSCLC mit normwertigem Natrium (medianes Überleben: 12,96 ± 0,6 Monate) (OS nach 2 Jahren: 25,2 % ± 7,8 vs. 33,2 % ± 1,5) (p = 0,056).
Eine zwischenzeitliche Normalisierung der Natriumwerte über 138 mmol/l war sowohl bei SCLC- als auch bei NSCLC-Patienten mit einem verlängerten Überleben assoziiert. Für beide Entitäten fand sich hier ein medianes Überleben von 13,32 ± 1,44 Monaten (OS nach 2 Jahren: 29,3 % ± 8,1; p = 0,007), während das mediane Überleben bei fehlender Korrektur der Natriumwerte über 138mmol/l nur bei 5,16 ± 1,92 Monaten lag (OS nach 2 Jahren: 13,1 % ± 6,9; p = 0,007) (6,6 ± 2,64 Monate, p = 0,017 für das NSCLC und 5,04 ± 1,2 Monate für das SCLC, p = 0,14) ([Abb. 4 – 6]). Aus den Daten ging nicht hervor, ob die Korrektur der HN durch eine konkrete Intervention zur HN-Korrektur erfolgte oder ob es im Rahmen der antineoplastischen Therapie zur Normalisierung der Natriumwerte kam.


Lungenkarzinompatienten mit Hyponatriämie mit Natriumkorrektur über 138 mmol/l (grüne Kurve); Lungenkarzinompatienten mit Hyponatriämie ohne Natriumkorrektur über 138 mmol/l (blaue Kurve).


Normgruppe: SCLC ohne Hyponatriämie (blaue Kurve); SCLC mit Hyponatriämie mit Natriumkorrektur über 138 mmol/l (orange Kurve); SCLC mit Hyponatriämie ohne Natriumkorrektur über 138 mmol/l (grüne Kurve).


Normgruppe: NSCLC ohne Hyponatriämie (blaue Kurve); NSCLC mit Hyponatriämie mit Natriumkorrektur über 138 mmol/l (orange Kurve); NSCLC mit Hyponatriämie ohne Natriumkorrektur über 138 mmol/l (grüne Kurve).
Die HN trat vor allem in den fortgeschrittenen Tumorstadien auf. 75,5 % der SCLC und 73,3 % der NSCLC mit HN wiesen Fernmetastasen entsprechend dem Tumorstadium IV (nach UICC Version 7) auf.
Es waren 63 männliche und 34 weibliche Lungenkarzinompatienten von der HN betroffen. Das Gesamtüberleben nach 2 Jahren betrug für Frauen 9,9 % ± 6,6 und für Männer 35,1 % ± 7,6 (p = 0,08). Somit zeigten Frauen ein deutlich kürzeres Überleben als Männer, sind aber insgesamt seltener von der HN betroffen (Männer : Frauen 2 : 1) ([Abb. 7]).


Von einer schweren HN mit Natriumwerten unter 120 mmol/l waren Männer und Frauen ungefähr gleich häufig betroffen, während bei HN-Patienten mit Natriumwerten über 120 mmol/l sowie insgesamt Männer jeweils häufiger als die Frauen vertreten waren.
Das Alter der Lungenkarzinompatienten mit HN betrug bei Diagnosestellung im Mittelwert 64,6 Jahre, der Median lag bei 67,4 Jahren. Bei den Patienten mit einem Diagnosealter über 70 Jahre glich sich die Geschlechtsverteilung an, darunter waren die Männer häufiger vertreten ([Abb. 8]).


orange: weiblich; blau: männlich.
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Diskussion
Die Hyponatriämie (HN) ist ein häufiges Phänomen bei hospitalisierten Patienten und tritt besonders beim kleinzelligen Lungenkarzinom (SCLC) vermehrt auf. Die vorliegende monozentrische, retrospektive Analyse umfasste 2048 Lungenkarzinomfälle ohne HN und 97 mit HN. Somit lag der Anteil der HN-Patienten an allen Lungenkarzinomen bei 4,7 %. 14,2% der SCLC und 2,7 % der NSCLC waren von der HN betroffen. Diese Häufigkeiten sind vergleichbar mit Analysen anderer Arbeitsgruppen. Hier finden sich in der Literatur Berichte über 453 SCLC-Fälle mit einer HN-Häufigkeit von 44 %, in einer anderen Gruppe von 350 SCLC wiesen 11 % und von 428 NSCLC wiesen 1,6 % eine HN auf [13] [14].
Die Analyse der SCLC- und NSCLC-Patienten mit HN zeigte ähnliche Überlebenskurven für beide Patientengruppen, nach 2 Jahren lebten noch 23,5 % bzw. 25,2 % der Patienten, das mediane Überleben betrug für SCLC und NSCLC zusammen 10,08 Monate. Diese Ergebnisse entsprechen den Überlebensdaten der metastasierten Tumorstadien (Stadium IV bzw. extensive disease) des Staging Projekts der International Association for the Study of Lung Cancer, welche die Daten von mehr als 5000 Lungenkarzinompatienten enthält [15] [16].
Die HN trat vor allem in den fortgeschrittenen Stadien auf. 75,5 % der SCLC und 73,3 % der NSCLC mit HN befanden sich im Tumorstadium IV. Daher stellt die HN vor allem für fortgeschrittene Tumorstadien einen möglichen Prognosefaktor dar. Weiterhin deutet dies auf einen Zusammenhang der HN mit einem metastasierten Stadium hin und lässt annehmen, dass die HN möglicherweise ein Maß für die Tumorlast darstellt. Eine Assoziation von niedrigen Natriumwerten mit der Tumorlast fand sich ebenfalls in der aktuellen Untersuchung von 453 Patienten mit SCLC der oben genannten Arbeitsgruppe [13].
Das mediane Überleben der Lungenkarzinompatienten mit normwertigem Natrium betrug 12,12 Monate gegenüber 10,08 Monaten bei hyponatriämen Patienten. Nach 2 Jahren lebten noch 30,8 % aller Lungenkarzinomfälle gegenüber 24,4 % der HN-Gruppe. Damit weisen Lungenkarzinome mit HN ein deutlich kürzeres Überleben auf als Lungenkarzinome mit normalen Natriumwerten. Insbesondere Natriumwerte unter 125 mmol/l, wie sie bei 46 % der HN-Patienten vorlagen, waren mit einem kürzeren Gesamtüberleben assoziiert, nach 2 Jahren lebten hier nur noch 11,8 % der Patienten. SCLC-Patienten mit HN zeigten ein ähnliches Überleben wie NSCLC-Patienten mit HN. In der Literatur finden sich einige große retrospektive Studien, die die HN bei SCLC als statistisch signifikanten negativen Prognosefaktor zeigen [17] [18], während andere Analysen dies nicht bestätigen konnten [19] [20].
Längere Überlebenszeiten fanden sich bei Lungenkarzinompatienten mit HN, die im Krankheitsverlauf eine Normalisierung der Natriumwerte über 138 mmol/l erreichen. Vor allem bei SCLC-Patienten mit HN führte eine zwischenzeitliche Korrektur der Natriumwerte über 138 mmol/l zu einem deutlich verlängerten Gesamtüberleben. Die aktuelle Studie zur HN bei SCLC bestätigt, dass die Patienten, bei denen sich die Natriumwerte zwischenzeitlich normalisierten, eine bessere Prognose aufwiesen als die mit dauerhafter HN [13]. Es ist jedoch nicht geklärt, ob die Korrektur der HN durch Flüssigkeitsrestriktion und NaCl-Gabe oder durch die antineoplastische Therapie einen positiven Einfluss auf das Gesamtüberleben der Lungenkarzinompatienten mit SIADH nimmt. Da die Ergebnisse dieser und anderer Studien [13] darauf hinweisen, dass sich die HN-Korrektur positiv auf die Prognose der Lungenkarzinome auswirkt und eine antineoplastische Therapie nicht bei allen Lungenkarzinompatienten mit SIADH zu einem Ansteigen der Natriumwerte im Serum führt, ist eine gezielte Maßnahme zur HN-Korrektur zu empfehlen.
Insgesamt zeigten die Daten, dass die HN, und im Speziellen der jeweils niedrigste und der jeweils höchste Natriumwert, einen Einfluss auf das Gesamtüberleben hat. Es besteht ein Zusammenhang des Gesamtüberlebens mit der Höhe des Natriumwertes, das Überleben ist umso länger, je höher jeder Natriumwert ist.
Weiterhin zeigten unsere Untersuchungen, dass die männlichen Lungenkarzinompatienten fast doppelt so häufig von der HN betroffen waren wie die weiblichen, aber ungefähr dreifach längere Überlebenszeiten aufwiesen. Dagegen beschrieben weitere groß angelegte HN-Studien an hospitalisierten Patienten mit verschiedenen malignen und benignen Grunderkrankungen eine Gleichverteilung der HN zwischen beiden Geschlechtern [9] ohne Assoziation des Geschlechts mit Störungen der Natriumkonzentration im Serum [21]. Es ist nicht klar, ob die HN bei Frauen zu einer schlechteren Prognose führt oder andere Faktoren zur erhöhten Mortalität beitragen. Für Lungenkarzinome allgemein erweist sich das männliche Geschlecht als nachteilig [22] und Frauen weisen in allen Untergruppen, aber besonders beim SCLC, eine bessere Prognose auf [5] [6]. Weitere Untersuchungen sind hier nötig.
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Schlussfolgerung
Unsere Daten konnten zeigen, dass die Hyponatriämie (HN) nicht nur für Herzinsuffizienz und Leberzirrhose, sondern ebenfalls sowohl für das kleinzellige als auch für das nichtkleinzellige Lungenkarzinom einen Prognosefaktor darstellen kann und deutlich mit einem kürzeren Gesamtüberleben assoziiert ist. Der Natriumwert sollte immer bestimmt und als Prognoseparameter im Zusammenhang mit dem klinischen Verlauf genutzt werden. Ein entscheidendes Kriterium für eine bessere Prognose insbesondere beim SCLC stellt die Normalisierung der Natriumwerte im Verlauf dar. Da sich die Korrektur der HN möglicherweise entscheidend auf den Krankheitsverlauf auswirkt, ist eine Hyponatriämietherapie zu empfehlen.
Es bleibt zu evaluieren, ob sich dabei vor allem verschiedene Therapieregime zur HN-Korrektur (Wasserrestriktion, NaCl-Substitution, Vasopressin-Antagonisten) positiv auf den Krankheitsverlauf und das Gesamtüberleben auswirken oder ob letztendlich die antineoplastische Therapie den entscheidenden Beitrag zur HN-Korrektur liefert.
Da eine Assoziation der HN mit der Tumorlast anzunehmen ist, stellt sich die Frage, ob alle HN-Patienten gleichermaßen zu behandeln sind oder Patienten mit fortgeschrittenem Tumorstadium einer aggressiveren HN-Therapie bedürfen. Nähere Untersuchungen zum Risikoprofil sind diesbezüglich notwendig.
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# Interessenkonflikt Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Danksagung
Wir bedanken uns bei Fr. Dipl. Phys. H. Lüders und Hr. F. Schönball für die detaillierte Datenerfassung und statistische Analyse. Unser besonderer Dank gilt allen Patienten und unserem Team an der ELK.
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Literatur
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Korrespondenzadresse
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Lungenkarzinompatienten mit Hyponatriämie mit Natriumkorrektur über 138 mmol/l (grüne Kurve); Lungenkarzinompatienten mit Hyponatriämie ohne Natriumkorrektur über 138 mmol/l (blaue Kurve).


Normgruppe: SCLC ohne Hyponatriämie (blaue Kurve); SCLC mit Hyponatriämie mit Natriumkorrektur über 138 mmol/l (orange Kurve); SCLC mit Hyponatriämie ohne Natriumkorrektur über 138 mmol/l (grüne Kurve).


Normgruppe: NSCLC ohne Hyponatriämie (blaue Kurve); NSCLC mit Hyponatriämie mit Natriumkorrektur über 138 mmol/l (orange Kurve); NSCLC mit Hyponatriämie ohne Natriumkorrektur über 138 mmol/l (grüne Kurve).




orange: weiblich; blau: männlich.