Diabetes aktuell 2010; 8(3): 108
DOI: 10.1055/s-0030-1255416
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Typ-2-Diabetes – Glitazone und kardiovaskuläres Risiko

Winfried Keuthage
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Dr. med. Winfried Keuthage

Münster

Publication History

Publication Date:
02 June 2010 (online)

Table of Contents

Die American Heart Association und das American College of Cardiology Foundation fassten die aktuell verfügbaren Daten zu Thiazolidinionen und kardiovaskulärem Risiko, besonders zur ischämischen Herzkrankheit zusammen und leiteten daraus Empfehlungen zum Einsatz der Thiazolidinionen ab.

Die Risikoreduktion von sowohl mikrovaskulären als auch makrovaskulären Erkrankungen zählt zu den wichtigsten Therapiezielen in der Behandlung von Patienten mit Typ-2-Diabetes. Die Vermeidung einer hyperglykämischen Stoffwechsellage möglichst mit einem HbA1c-Zielwert unter 7 % ist besonders dann anzustreben, wenn dies früh nach der Manifestation des Typ-2-Diabetes und dauerhaft ohne Auftreten von Hypoglykämien möglich ist. Wird dieses Ziel unter einer Lebensstiländerung allein nicht erreicht, ist der Einsatz von einem oder mehreren Antidiabetika zu empfehlen.

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Studienergebnisse zu Glitazonen

Auf Basis der derzeitigen Studienlage kann beim Einsatz von Thiazolidindionen (Glitazonen) nicht von einer Verringerung kardiovaskulärer Ereignisse ausgegangen werden. Im Gegenteil erhöhen sie das Risiko einer Herzinsuffizienz. Metaanalysen ließen die Befürchtung aufkommen, dass darüber hinaus Rosiglitazon das Risiko ischämischer Herzerkrankungen steigert. Zum jetzigen Zeitpunkt fehlt es aber an ausreichend Daten auf Basis randomisierter kontrollierter Studien, um die Frage der kardiovaskulären Sicherheit von Rosiglitazon und Pio-glitazon abschließend beurteilen zu können. Insofern kann bei Patienten, bei denen unter einem Glitazon die Stoffwechsellage gut ist, die Therapie beibehalten werden. Falls aber Patient oder behandelnder Arzt ein Absetzen des Glitazons favorisieren, kann auf ein anderes Antidiabetikum umgestellt werden, wohl wissend, dass der Effekt anderer Antidiabetika auf ischämische Herzerkrankungen auch nicht ausreichend untersucht ist.

Die Ergebnisse der Metaanalysen zu Rosiglitazon und die Ergebnisse der ACCORD-Studie haben bewusst gemacht, dass die Rolle der Hyperglykämie in der Pathogenese und Prävention ischämischer Herzerkrankungen beim Typ-2-Diabetes nicht geklärt ist.

Weitere Studien sind erforderlich, um die Effekte aller aktuell und zukünftig verfügbaren Antidiabetika auf kardiovaskuläre Ereignisse zu untersuchen. In der Zwischenzeit müssen Patienten und behandelnde Ärzte eine Abwägung treffen zwischen einerseits den bekannten Vorteilen einer verbesserten Stoffwechsellage mittels Antidiabetika auf mikrovaskuläre Erkrankungen und anderseits den unklaren oder fehlenden Informationen zum Effekt dieser Medikamente auf makrovaskuläre Erkrankungen.

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Kardiovaskulärer Nutzen verschiedener Therapien

Belegt werden konnte bisher eine Risikoreduktion von makrovaskulären Erkrankungen und Mortalität für Lebensstiloptimierung, Acetylsalicylsäure (insbeson-dere bei vorbestehender kardiovaskulärer Erkrankung) sowie zahlreiche antihypertensive und lipidsenkende Medikamente.

Von allen oralen Antidiabetika ist der kardiovaskuläre Nutzen von Metformin am besten untersucht. In der United Kingdom Prospective Diabetes Study (UKPDS) fand sich in der Metformin-Gruppe eine signifikante Risikoreduktion (RR) für diabetesassoziierte Todesfälle (RR 42 %, p = 0,017), alle diabetesassoziierten Endpunkte (RR 32 %; p = 0,0023) und Myokardinfarkt (RR 39 %; p = 0,01). Dagegen fand sich in einer kleinen UKPDS-Subgruppe unter der Kombination Metformin und Sulfonylharnstoff eine erhöhte Zahl diabetesassoziierter Todesfälle. Nichtsdestotrotz ist Metformin – zusammen mit einer Lebensstiloptimierung – als First-Line-Therapie zu empfehlen, insbesondere bei adipösen Typ-2-Diabe-tikern. Demgegenüber gibt es keinen Konsens, welche Substanzklasse vorrangig als Second-Line-Therapie zur Reduzierung mikrovaskulärer Komplikationen eingesetzt werden sollte bzw. welchen Effekt die verschiedenen Substanzklassen auf makrovaskuläre Erkrankungen haben.

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Fazit

Hyperglykämien sollten frühzeitig entdeckt und – möglichst unter Vermeidung von Hypoglykämien – behandelt werden.

Metformin ist Mittel der 1. Wahl, insbesondere bei übergewichtigen Patienten.

Der Einsatz von Glitazonen führt nicht zu einer Verringerung kardiovaskulärer Ereignisse.

Es fehlen Daten, die eine Überlegenheit von Pioglitazon im Vergleich zu Rosiglitazon belegen.

Glitazone erhöhen das Risiko einer Herzinsuffizienz und sollten nicht bei Patienten mit einer Herzinsuffizienz NYHA-Stadium III/IV eingesetzt werden.

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Quelle

  • 1 Kaul S et al.. Thiazolidinedione Drugs and Cardiovascular Risks. A Science Advisory From the American Heart Association and American College of Cardiology Foundation.  Circulation. published online 2010; 
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Dr. med. Winfried Keuthage

Münster

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Quelle

  • 1 Kaul S et al.. Thiazolidinedione Drugs and Cardiovascular Risks. A Science Advisory From the American Heart Association and American College of Cardiology Foundation.  Circulation. published online 2010; 
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Dr. med. Winfried Keuthage

Münster