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DOI: 10.1055/s-0030-1255120
Ataxie – Training verbessert Motorik
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
21. Mai 2010 (online)


Holm Thieme (hoth), MSc, ist Physiotherapeut und kommt aus Kreischa. Er ist Lehrbeauftragter an verschiedenen Physiotherapie- und Fachhochschulen.
Ein intensives Training verbessert die motorische Leistungsfähigkeit und reduziert die Koordinationsstörung bei Patienten mit zerebellärer Ataxie.
Dr. Winfried Ilg und sein Team aus Tübingen untersuchten den Effekt eines vierwöchigen intensiven Koordinationstrainings bei 16 Patienten, die aufgrund degenerativer Veränderungen des Kleinhirns oder seiner afferenten Bahnsysteme ataktisch waren. Um die Effekte der Intervention zu erfassen, wendeten die Forscher zwei Ataxie-Skalen, die Berg-Balance-Skala sowie verschiedene Gangparameter, Gleichgewichtsaufgaben und Koordinationstests an. Außerdem nutzten sie die Goal-Attainment-Skala, um herauszufinden, inwieweit die Patienten ihre Therapieziele erreicht hatten. Die Werte bestimmten sie acht Wochen vor der Intervention, direkt vor der Intervention, direkt nach der Intervention und nochmals acht Wochen später. Das Training fand dreimal pro Woche für jeweils eine Stunde statt und beinhaltete verschiedene statische und dynamische Gleichgewichts- und Koordinationsübungen. In der trainingsfreien Zeit zu Beginn der Studie beobachteten Ilg und sein Team keine Veränderungen bei den Ergebnisparametern. Während der Intervention verbesserten sich jedoch die ataktischen Symptome der Patienten sowie ihre Gleichgewichtsfähigkeit, ihre Gehgeschwindigkeit und ihre Schrittlänge. Diese Verbesserungen waren auch acht Wochen nach der Intervention noch nachweisbar.
Die Autoren dieser Studie stellten fest, dass die Patienten mit einer direkten zerebellären Schädigung mehr und länger anhaltend von dem Training profitierten als diejenigen mit einer Schädigung der afferenten Bahnen. Dieser Effekt bestätigte sich zum Beispiel dadurch, dass die Patienten ihre erwarteten Ziele auf der Goal-Attainment-Skala übertroffen hatten.
hoth
#Kommentar
Trotz Mängel im Design – unter anderem fehlt die Kontrollgruppe – ist diese Untersuchung sehr bedeutend: Erstens, weil es eine der wenigen Studien ist, die den Effekt von Physiotherapie bei Patienten mit Ataxie untersucht. Zweitens, weil sie trainingsbedingte positive Veränderungen zeigt, die unabhängig vom Krankheitsverlauf sind. Drittens, weil sie belegt, dass diese Veränderungen anhaltend sind. Viertens, weil die physiotherapeutischen Inhalte klar wiedergegeben sind. Und fünftens, weil die Untersuchung darauf hinweist, dass Unterschiede in der Lokalisation der Schädigung bedeutsam für die Therapieeffekte zu sein scheinen und dafür, wie lange sie anhalten.

