Junge Erwachsene, die psychisch erkrankt sind, wünschen sich Normalität und Autonomie
und somit spezielle Angebote. Zu diesem Ergebnis kam die Psychologin Kirsten Stelling
mit ihrem Team von der Universität Leipzig in Zusammenarbeit mit der katholischen
Hochschule in Aachen.
Die Forscher führten mit 16 Patienten einer Erwachsenenpsychiatrie problemzentrierte
Interviews zu sozialen und beruflichen Aspekten durch. Die Teilnehmer waren zwischen
20 und 31 Jahre alt und hatten verschiedene psychiatrische Erkrankungen. Für alle
war die Beziehung zu Familienmitgliedern schwierig und der Auszug in eine Wohngruppe
ein wichtiger Entwicklungsschritt. Sie wünschten sich mehr Kontakt zu Nichtbetroffenen
und Abstand zu ebenfalls Betroffenen, obwohl gerade Letztere das größte Verständnis
aufbrächten. Viele wollten vorläufig keine Paarbeziehung, obwohl ihnen diese generell
wichtig sei. Sie gaben an, momentan nicht in der Lage zu sein, eine Familie zu gründen.
Die meisten Befragten glaubten, professionelle Unterstützung beim (Wieder-)Einstieg
in den Arbeitsmarkt zu benötigen, einige äußerten sich aber auch kritisch zu diesen
Maßnahmen. Spezielle Hilfsangebote wie betreutes Wohnen bewerteten sie prinzipiell
positiv.
Da das Bewältigen von Entwicklungsschritten durch eine psychische Erkrankung erschwert
ist, schließen die Forscher auf einen Bedarf an Gruppenangeboten speziell für junge
Menschen. Denn: Diese haben in vielerlei Hinsicht andere Unterstützungsbedürfnisse
als ältere Menschen.
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Psychiatrische Praxis 2009; 36: 119–124