DO - Deutsche Zeitschrift für Osteopathie 2011; 9(01): 35-36
DOI: 10.1055/s-0030-1250708
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Karl F. Haug Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG Stuttgart

Von Littlejohn lernen: Osteopathie als angewandte biologische Wissenschaft (Teil 2)

Martin Pöttner
,
Christian Hartmann
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Publication Date:
07 February 2011 (online)

Littlejohn und Still, die beiden Gründerväter der Osteopathie, haben in ihren Schriften die Osteopathie als eine Form der angewandten Biologie verortet, in der sich – wie in Teil 1 aufgezeigt (DO 4/2010) – vitalistische und mechanistische Aspekte spannungsreich verbinden. Diese Verortung, die die „Ganzheitlichkeit“ der Osteopathie betont, ist nicht nur von historischem und methodischem Interesse, sie hat vielmehr Auswirkungen auf berufspolitische Fragestellungen: In der Beantwortung der Frage, ob Osteopathie zu gleichen Teilen biologische Wissenschaft und Philosophie ist und somit als eigenständige Therapieform Anerkennung findet.

Warum ist, wie in Teil 1 ausgeführt, der Ansatz Littlejohns als „ganzheitlich“ zu bezeichnen? Littlejohn modifiziert in seiner Psychophysiologie die Aussagen von Still – Körper, Geist und Seele sind eine Funktionseinheit, die als ein vereintes Ganzes fungieren – dahingehend, dass er zwischen dem subjektiven und objektiven Geist unterscheidet: Während der objektive Geist wissenschaftlich psychophysiologisch z. T. experimentell beobachtet, belebt der subjektive Geist den Menschen. Diese „Belebung“ findet über neuronale Prozesse im Gehirn statt. Das entscheidende Phänomen ist das Schwingungsphänomen, das Littlejohn im gesamten Körper als (prinzipiell messbaren) Rhythmus oder Arhythmus feststellt. Darin zeigt sich zeichenhaft die Lebenskraft. Littlejohn befindet sich mit seiner Psychophysiologie, die die durchaus diskutable Erörterung der „höheren psychischen Funktionen“ des Menschen enthält, auf der Höhe des damaligen Diskurses. Sie war Grundlage seiner Vorlesung, die er in Abstimmung mit Still ab 1899 zum Thema Psychologie an der American School of Osteopathy hielt. Seiner Meinung nach erforderte die grundlegend „ganzheitliche“ Auffassung der Osteopathie dringend eine Auseinandersetzung mit diesem Thema, damit die Studierenden für ihre Praxis hinreichend vorbereitet waren.

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