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DOI: 10.1055/s-0030-1249740
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York
Zeit zum Umdenken? – Die Entleerung einer einfachen Nierenzyste kann sich positiv auf einen erhöhten Blutdruck auswirken
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
01. März 2010 (online)
Quelle: Zerem E, Imamovic G, Omerovic S. Simple renal cysts and arterial hypertension: does their evacuation decrease the blood pressure? J Hypertens 2009, 27: 2074-2078
Thema: Bereits im Studium und auch in der Ausbildung zum Nephrologen wird vermittelt, dass man die unkomplizierten Nierenzysten nach Möglichkeit ignoriert und weder operativ noch interventionell durch eine Punktion behandeln sollte. In der Regel gelten die Zysten als ungefährlich. Diese Ansicht müssen wir nun vielleicht für den Einzelfall revidieren.
Eine Arbeitsgruppe aus Bosnien und Herzegovina hat überprüft, wie das Verhältnis zwischen einer einfachen Nierenzyste und dem arteriellen Hochdruck ist. Zusätzlich wurde getestet, ob man bei einem erhöhten Blutdruck und Vorliegen einer simplen Nierenzyste, durch Entleerung der Zysten einen positiven Effekt auf den Blutdruck erreichen kann.
Projekt: Zunächst wurde untersucht, wie der Zusammenhang zwischen der Zystengröße und dem Auftreten eines Hypertonus war. Dazu wurden 188 Patienten rekrutiert, bei denen eine einfache Nierenzyste durch Zufall diagnostiziert worden war. Die Patienten wurden in Hypertoniker und Normotoniker eingeteilt. Im 2. Teil der Studie wurde die simple Nierenzyste bei den Patienten mit dem Hochdruck entleert.
Ergebnis: Wie in einer Querschnittsanalyse ganz klar gezeigt werden konnte, wiesen hypertone Patienten in der Regel vom Volumen und vom Durchmesser her die größten Zysten auf. Das Alter war in beiden Studiengruppen vergleichbar, in beiden Gruppen waren mehr Männer als Frauen.
Im 2. Schritt führte man nun eine Entleerung der Zysten bei den Patienten mit Hypertonie durch. Bei über der Hälfte der behandelten Patienten (29 von 62) sank der Blutdruck deutlich in den normotensiven Bereich. Bei ungefähr 30 % der Patienten kam es zu keiner Veränderung des Blutdrucks und bei einigen wenigen kam es zu einer geringen Veränderung des Blutdrucks, ohne dass eine Normotonie erreicht wurde.
Fazit: Die Studie zeigt klar, dass große Nierenzysten durchaus einen Einfluss auf die Entstehung eines hohen Blutdrucks haben können. Bei einem Teil der Patienten kann der Blutdruck durch eine Entleerung der simplen Zyste sogar wieder längerfristig normoton werden.
Key words: Hypertonie - Zyste - Entleerung
Prof. Markus van der Giet, Berlin
Kommentar
Die Studie unterstützt in der durchgeführten Größe erstmals einen bereits seit vielen Jahren vermuteten Zusammenhang. Wie bei Patienten mit Zystennieren schon lange bekannt ist, sind die Zysten zum Teil ursächlich für die Entstehung des hohen Blutdrucks. Der erhöhte Blutdruck ist zum Teil bei diesen Patienten sehr schwer zu beherrschen [1]. Mechanistisch wird vor allem eine Aktivierung des Renin-Angiotensin-Systems beobachtet. Daher wird vermutet und derzeit überprüft, ob die Patienten mit Zystennieren von einer frühzeitigen intensiven Therapie durch Hemmstoffe des Renin-Angiotensin-Systems profitieren [2].


Bild: Polycystic_kidneys,_gross_pathology_20G0027_lores.jpg
In der Literatur gab es immer wieder Hinweise, dass auch große einfache Nierenzysten einen Einfluss auf die Entstehung einer Hypertonie haben könnten. Die meisten Berichte hierzu sind jedoch einfache anekdotische Fallbeispiele bzw. kleinere Studien, die rein beobachtender Natur waren [3]. Aber die vorliegende Studie geht hier deutlich weiter. Es gibt nicht nur eine Assoziation zwischen Hypertonie und der Größe der beobachteten einfachen Nierenzysten, bei den Hypertonikern wurde auch eine Zystenentleerung durchgeführt. Dadurch kam es bei einem Teil der Patienten zu einem guten Absinken des Blutdrucks, der über die ganze Gruppe auch als signifikant anzusehen ist.
Gründe sind in der Studie nicht identifiziert und es ist auch nicht klar, warum der Blutdruck nur bei einem Teil der Patienten absinkt, während andere gar nicht reagieren. Dies könnte vergleichbar zu Patienten mit hämodynamisch relevanter Nierenarterienstenose sein, bei denen durch eine Intervention bei einigen Patienten der Blutdruck gut abfällt und bei anderen nicht. Interessant ist aber, dass auch simple Nierenzysten einen Einfluss auf den Blutdruck haben. Ist die Blutdruckeinstellung schwierig, kann die Entleerung der Zyste daher vielleicht eine Option sein.
Prof. Markus van der Giet, Berlin
Literatur
- 01
Schrier R W.
Renal volume, renin-angiotnesin-aldosterone system, hypertension, and left ventricular
hypertrophy in patients with autosomal dominant polycystic kidney disease.
J Am Soc Nephrol.
2009;
20
1888-1893
MissingFormLabel
- 02
Cadnapaphornchai M A, McFan K , Strain J D, et al .
Prospective change in renal volume and function in children with ADPKD.
Clin J Am Soc Nephrol.
2009;
4
820-829
MissingFormLabel
- 03
Ekart R , Hojs R , Karjnc I .
Simple renal cysts and hypertension.
Wien Klin Wochenschr.
2001;
113 (Suppl. 3)
43-46
MissingFormLabel
Literatur
- 01
Schrier R W.
Renal volume, renin-angiotnesin-aldosterone system, hypertension, and left ventricular
hypertrophy in patients with autosomal dominant polycystic kidney disease.
J Am Soc Nephrol.
2009;
20
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- 02
Cadnapaphornchai M A, McFan K , Strain J D, et al .
Prospective change in renal volume and function in children with ADPKD.
Clin J Am Soc Nephrol.
2009;
4
820-829
MissingFormLabel
- 03
Ekart R , Hojs R , Karjnc I .
Simple renal cysts and hypertension.
Wien Klin Wochenschr.
2001;
113 (Suppl. 3)
43-46
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Bild: Polycystic_kidneys,_gross_pathology_20G0027_lores.jpg