Der Klinikarzt 2010; 39(2): 60
DOI: 10.1055/s-0030-1249720
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Beitrag des Immunsystems bei Darmkrebs – Früherkennung mittels Chemokine-Konzentration?

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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
01. März 2010 (online)

 
Inhaltsübersicht

Wenn Darmkrebs in einem frühen Stadium entdeckt wird, kann die Erkrankung meist ohne Chemotherapie durch einen chirurgischen Eingriff erfolgreich behandelt werden. Trotz der scheinbar guten Prognose kehrt die Krankheit allerdings in 10-40 % der Fälle zurück, und bis zu 50 % dieser Patienten sterben innerhalb der nächsten 5 Jahre. Bislang existieren keine wirklich verlässlichen Kriterien, anhand derer man diese Risikogruppe identifizieren könnte. Neue Studien belegen, dass nicht nur der Tumor selbst, sondern auch das Immunsystem eine entscheidende Rolle für den Krankheitsverlauf spielt.

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Untersuchung zellulärer Signalwege bei Darmkrebs

Die Klinische Forschergruppe "Molekulare Tumorbiologie" an der TU München untersucht zelluläre Signalwege, die bei der Entstehung von Darmkrebs verändert sind. Untersuchungen an Dickdarmtumoren hatten auffällige Veränderungen von sogenannten Interferon-regulierten CXC-Chemokinen ergeben, die abhängig vom jeweiligen Stadium des Tumors waren. Diese Chemokine zeigten einen engen Zusammenhang mit der Überlebenschance der Tumorpatienten nach einer den Krebs entfernenden Operation: eine hohe Konzentration der Chemokine im Tumor ging mit einer guten Prognose einher. Chemokine bewirken beispielsweise die Rekrutierung von T-Lymphozyten, die den Tumor gezielt angreifen können. Außerdem beeinflussen sie die Versorgung des Tumors mit Blutgefäßen. Dieser Prozess der Angiogenese ist für das Tumorwachstum von großer Bedeutung.

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Abb. 1 Darstellung von T-Zellen in einem Dickdarmtumor. Die Braunfärbung an dem Gewebepräparat mit einem spezifischen Antikörper (anti-CD3) zeigt zahlreiche T-Zellen, die zwischen den Drüsenstrukturen der Tumorzellen liegen (Zellkerne blau gefärbt). Es handelt sich hier um einen Tumor mit guter Prognose, der eine starke Chemokin-Expression und auch eine hohe Anzahl von T-Lymphozyten im Tumor aufweist. Vergrößerung: 200-fach. Foto: AG Janßen

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Prognose korreliert mit Konzentration der Chemokine im Tumor

Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe deuten darauf hin, dass bei Patienten mit guter Prognose, die eine hohe Konzentration der Chemokine im Tumor aufweisen, auch eine höhere Zahl von Immunzellen in den Darmtumoren vorliegt. Diese T-Lymphozyten besitzen den Rezeptor für die CXC-Chemokine auf ihrer Zelloberfläche. Für ihre aktuellen Untersuchungen setzt die Münchner Arbeitsgruppe ein genetisch definiertes Mausmodell ein, um zu einem definierten Zeitpunkt in Darmtumoren die Chemokin-Produktion "an-", oder "auszuschalten". Dieses Modellsystem bietet einen hohen Grad an experimenteller Kontrolle, es kann somit gezielt nach den kausalen Effekten der Immun-Botenstoffe gesucht werden. Ziel dieses Forschungsprojekts ist es, eine leichtere Identifizierung derjenigen Patienten zu ermöglichen, die ein erhöhtes Risiko für einen Krankheitsrückfall tragen. Langfristig soll damit zudem ein neuer Weg der therapeutischen Beeinflussung bei Dickdarmkrebs eröffnet werden. Das Forschungsprojekt begann im Jahr 2007 und wird von der Wilhelm Sander Stiftung gefördert.

Quelle: idw-online

 
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Abb. 1 Darstellung von T-Zellen in einem Dickdarmtumor. Die Braunfärbung an dem Gewebepräparat mit einem spezifischen Antikörper (anti-CD3) zeigt zahlreiche T-Zellen, die zwischen den Drüsenstrukturen der Tumorzellen liegen (Zellkerne blau gefärbt). Es handelt sich hier um einen Tumor mit guter Prognose, der eine starke Chemokin-Expression und auch eine hohe Anzahl von T-Lymphozyten im Tumor aufweist. Vergrößerung: 200-fach. Foto: AG Janßen