Einführung
Einführung
Betrachtet man die Gesundheitsreformen der vergangenen Jahre, wird das Bemühen des
Gesetzgebers deutlich, unter dem Stichwort der "Verzahnung zwischen ambulanter und
stationärer Versorgung" die traditionelle Trennung beider Versorgungsbereiche aufzulockern.
Für niedergelassene Radiologen besteht darüber hinaus eine wirtschaftliche Notwendigkeit,
mit anderen Partnern zur Auslastung der vorhandenen Geräte, insbesondere im Bereich
der Schnittbilddiagnostik, zusammenzuarbeiten. Die schnelle technische Überalterung
der Geräte und die Notwendigkeit zur ständigen technischen Innovation aus Gründen
der Wettbewerbsfähigkeit, aufgrund der Abhängigkeit des Radiologen von überweisenden
Ärzten, hat den durchschnittlichen Praxiskostenanteil in dieser Fachgruppe stark ansteigen
lassen. Die radiologische Praxis in der Zukunft wird deshalb nur wirtschaftlich überleben
können, wenn sie mit anderen Partnern (niedergelassenen Kollegen, Krankenhausärzten
und Krankenhäusern) kooperativ zusammenarbeitet und gemeinsame Nutzungs- oder Investitionsentscheidungen
zu treffen vermag. Die bisherigen Erfahrungen belegen jedoch, dass eine engere Verzahnung
zwischen radiologischer Praxis und Krankenhaus problematisch ist, solange die Finanzierungsgrundlagen
unterschiedlich geregelt sind.
Abrechnungsfragen stehen im Vordergrund
Abrechnungsfragen stehen im Vordergrund
Neben der rechtlichen Zulässigkeit denkbarer Kooperationsformen steht auch die Abrechnung
von Leistungen niedergelassener Vertragsärzte für Patienten eines Krankenhauses immer
wieder im Fokus sowohl der sozialgerichtlichen als auch der zivilgerichtlichen Rechtsprechung.
So hatte der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem nachstehend besprochenen Urteil vom
12.11.2009 (Az.: III ZR 110/09) über die Abrechenbarkeit radiologischer Leistungen
eines niedergelassenen Arztes für Regelleistungspatienten eines Krankenhauses zu entscheiden.
Die wesentliche Kernaussage dieser jüngsten Entscheidung des BGH ist, dass Kooperationsverträge
zwischen Krankenhäusern und niedergelassenen Radiologen über die Hinzuziehung im Rahmen
der allgemeinen Krankenhausleistung nicht den Vorschriften der Gebührenordnung für
Ärzte (GOÄ) unterliegen.
Der dem Urteil des BGH vom 12.11.2009 (Az.: III ZR 110/09) zugrunde liegende Sachverhalt
betraf die Erbringung radiologischer Leistungen für Regelleistungspatienten eines
Krankenhauses durch eine radiologische Gemeinschaftspraxis. Das Krankenhaus selbst
verfügte in diesem Fall über keine eigene radiologische Fachabteilung. Entgegen einer
mündlichen Vergütungsvereinbarung zwischen dem Krankenhaus und dem früheren Praxisinhaber
über die Zugrundelegung eines einheitlichen Steigerungssatzes von 0,75 des Gebührensatzes
der GoÄ hatte die Gemeinschaftspraxis für die ihrerseits erbrachten Leistungen gegenüber
dem Krankenhaus überwiegend einen 1,2-fachen Gebührensatz abgerechnet. Mit ihrer Klage
verlangte nunmehr die radiologische Gemeinschaftspraxis den seitens des Krankenhauses
nicht gezahlten, sich aus den unterschiedlichen Steigerungssätzen ergebenden Differenzbetrag.
Das vorinstanzliche Berufungsgericht lehnte die Klage mit der Begründung ab, die mündliche
Vergütungsabrede über die Zugrundelegung des 0,75-fachen Gebührensatzes sei wirksam,
da die Vorschriften der GOÄ auf den Kooperationsvertrag zwischen den Prozessparteien
nicht unmittelbar anzuwenden seien. Dieser Rechtsauffassung hat sich der BGH angeschlossen
und die Revision der Gemeinschaftspraxis zurückgewiesen.
Allgemeine Krankenhausleistungen i.S.v. § 2 Abs. 2 S. 2Nr. 2 KHEntG
Allgemeine Krankenhausleistungen i.S.v. § 2 Abs. 2 S. 2Nr. 2 KHEntG
Ohne weitergehende Begründung führt der BGH in seinen Entscheidungsgründen zunächst
aus, dass die seitens der Gemeinschaftspraxis erbrachten radiologischen Leistungen
gem. § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntG) Bestandteil der allgemeinen
Krankenhaus-leistungen sind und folglich weder unmittelbar gegenüber dem Patienten
noch gegenüber der kassenärztlichen Vereinigung abzurechnen sind. Vielmehr seien diese
für die sachgerechte Behandlung des Patienten erforderlichen Leistungen über die Entgelte
der allgemeinen Krankenhausleistung entsprechend den Regelungen des KHEntG vergütet.
Keine unmittelbare Anwendung der GOÄ auf Kooperationsvereinbarungen zwischen Krankenhaus
und niedergelassenen Radiologen
Keine unmittelbare Anwendung der GOÄ auf Kooperationsvereinbarungen zwischen Krankenhaus
und niedergelassenen Radiologen
In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Rechtsstreit beriefen sich die Ärzte der
Gemeinschaftspraxis darauf, die mündliche Vereinbarung des 0,75-fachen Steigerungssatzes
verstoße gegen das Schriftformerfordernis des § 2 Abs. 2 GOÄ und sei aufgrund dessen
unwirksam. Dieser Ansicht ist der BGH im Einklang mit den Vorinstanzen mit Hinweis
auf die nicht zwingende Anwendbarkeit der GOÄ-Vorschriften auf das streitige Rechtsverhältnis
nicht gefolgt.
Die GOÄ ist grundsätzlich die maßgebliche Rechtsgrundlage der Honorare, die Ärzte
für Leistungen gegenüber Privatpatienten bzw. in § 11 Abs. 1 GOÄ genannten Leistungserbringern
verlangen können. Zu Recht weist der BGH in seinen Entscheidungsgründen darauf hin,
dass im zu entscheidenden Fall eine solche Fallgestaltung gerade nicht vorliegt. Das
Krankenhaus sei weder Leistungsempfänger noch Leistungserbringer im Sinne von § 11
Abs. 1 GOÄ, sondern gerade selbst auch Leistungserbringer der allgemeinen Krankenhausleistung,
welcher die Leistungen der Gemeinschaftspraxis im Verhältnis zum Patienten zugerechnet
würden. Bei dem zwischen den Prozessparteien bestehenden Rechtsverhältnis handele
es sich um einen Dienstvertrag, der auf die Komplettierung der vom Krankenhaus geschuldeten
allgemeinen Krankenhausleistung gerichtet sei. Im Rahmen dessen sei die Regelung der
Einzelheiten einer angemessenen Vergütung der ärztlichen Tätigkeit allein Sache der
Vertragsparteien, wobei diese sich selbstverständlich am ärztlichen Gebührenrecht
orientieren können.
Als weiteres Argument für die nicht unmittelbare Anwendung der GOÄ auf Vereinbarungen
zwischen Krankenhäusern und externen Ärzten führt der BGH die Verordnungsbegründung
zu § 2 Abs. 1 GOÄ an. § 2 Abs. 1 GOÄ berechtigt den Vertragsarzt zur Vereinbarung
einer von der GOÄ in der Höhe abweichenden Vergütung. Entsprechend der Verordnungsbegründung
gelte dies nicht nur für Vereinbarungen mit dem Patienten, sondern auch für Kollektivverträge
mit Leistungsträgern, die anstelle des Patienten die Vergütungspflicht übernehmen.
Verträge mit anderen Leistungserbringern würden in der Begründung jedoch gerade nicht
genannt, obwohl bereits zum Zeitpunkt des Erlasses der GOÄ Kooperationen in Form von
Konsiliarärzten üblich gewesen seien und deren Leistungen mit den allgemeinen Pflegesätzen
der Krankenhausbehandlung abgegolten worden seien. An diesem Rechtszustand habe sich
aus Sicht des BGH auch nichts trotz späterer Änderungen der GOÄ geändert. Es seien
keine Hinweise ersichtlich, dass die Regelungen der GOÄ, die durchweg dem Patientenschutz
dienen würden, zugleich einen verbindlichen Rahmen für Kooperationsverträge über die
Hinzuziehung vertragsärztlicher Leistungen im Rahmen allgemeiner Krankenhausleistungen
setzen wollten.
Im Ergebnis findet die GOÄ nach der BGH-Rechtsprechung nur dann auf Kooperationsverträge
im Rahmen der allgemeinen Krankenhausleistung Anwendung, wenn ihre Geltung durch die
Vertragsparteien ausdrücklich vertraglich vereinbart wurde.
Honorierung unterhalb des Gebührenrahmens der GOÄ
Honorierung unterhalb des Gebührenrahmens der GOÄ
Abschließend stellt der BGH in seinem Urteil vom 12.11.2009 (Az.: III ZR 110/09) fest,
dass die dem Sachverhalt dieser Entscheidung zugrunde liegende Vergütungsvereinbarung
auch nicht deshalb unwirksam sei, weil sie eine Honorierung unterhalb des Gebührenrahmens
der GOÄ vorsehe. Nach § 11 der Bundesärzteordnung (BÄO), der Ermächtigungsgrundlage
zum Erlass der GOÄ, sind in der GOÄ die Mindest- und Höchstsätze für die ärztlichen
Leistungen festzusetzen. In Verbindung mit § 2 Abs. 1 GOÄ, wonach eine von der GOÄ
in der Höhe abweichende Vergütung vereinbart werden kann, läge es nach Ansicht des
BGH in der Konsequenz dieser Regelung, dass Abweichungen in beide Richtungen gehen
können. Zur Unterstützung dieser Argumentation verweist der BGH auf die Berufsordnungen
der Ärztekammern, die ebenfalls eine Unterschreitung der Mindestgebühr nicht generell
verbieten würden, sondern nur dann, wenn die GOÄ in unlauterer Weise unterschritten
würde. Im vorliegenden Fall verneint der BGH eine Beeinflussung des Wettbewerbes in
unlauterer Weise, da durch das niedrig bemessene Honorar andere Radiologen nicht in
ihrer Tätigkeit behindert worden seien. So sei weder das Krankenhaus nach der Vereinbarung
verpflichtet gewesen, alle Patienten, die radiologische Leistungen benötigten, der
Gemeinschaftspraxis zuzuführen, noch die Gemeinschaftspraxis zur Behandlung der vom
Krankenhaus zugewiesenen Patienten verpflichtet gewesen. In der hier zu beurteilenden
Vergütungsvereinbarung eine unerlaubte Vorteilsgewährung im Sinne von § 31 BÄO zu
sehen, sei nach Ansicht des BGH eine fern liegende theoretische Überlegung.
Fazit und Ausblick
Fazit und Ausblick
Zentrale Frage des hier dargestellten Urteils des BGH war, ob die Vorschriften der
GOÄ im Fall einer Hinzuziehung eines niedergelassenen Radiologen in die allgemeine
Krankenhausleistung auf das interne Vertragsverhältnis zwischen Krankenhaus und externem
Arzt zwingend Anwendung finden oder nicht. Dies hat der BGH unter Hinweis auf den
Anwendungsbereich sowie Sinn und Zweck der GOÄ eindeutig verneint. Radiologe oder
Krankenhaus können sich im Rahmen der vorliegenden Leistungsbereiche nur dann auf
die Regelungen der GOÄ berufen, wenn deren Geltung vertraglich ausdrücklich vereinbart
wurde. Allerdings steht es den Kooperationspartnern offen, die GOÄ als Orientierungsmaßstab
für ihre Rechtsbeziehungen heranzuziehen. Im Rahmen dessen ist auch eine Vergütungsvereinbarung
wirksam, die den Mindestgebührensatz der GOÄ unterschreitet. Eine Unzulässigkeit kommt
diesbezüglich nur dann in Betracht, wenn in der Unterschreitung eine unlautere Wettbewerbsbeeinflussung
liegt. Den Entscheidungsgründen des BGH ist zu entnehmen, dass allein in der Vereinbarung
eines niedrigen Honorars nicht pauschal eine unlautere Beeinflussung des Wettbewerbs
oder sogar eine unerlaubte Vorteilsgewährung im Sinne von § 31 BÄO zu sehen sei. Entscheidend
dafür sind immer die Umstände des Einzelfalls.