Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2010; 45(2): 118-126
DOI: 10.1055/s-0030-1248147
Fachwissen
Topthema: Postoperatives Delir und kognitives Defizit
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Routinemäßiges Delirmonitoring auf der Intensivstation

How to assess delirium in mechanically ventilated patientsUlf Günther, Christian Putensen
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
12. Februar 2010 (online)

Zusammenfassung

Delir ist mit einer Inzidenz von bis zu 92% die häufigste psychiatrische Diagnose in der Intensivmedizin. Dennoch ist ein routinemäßiges Delirmonitoring in der deutschsprachigen Praxis kaum verbreitet. Häufiges Hindernis ist, dass Delirtests für den klinischen Alltag als zu kompliziert und zu zeitaufwendig abgelehnt werden; die lediglich subjektive klinische Abschätzung wird zumeist als ausreichend erachtet. Diese Arbeit stellt typische Probleme bei der Einführung von Delirtests dar und gibt praktische Tipps für das tägliche Delirmonitoring.

Abstract

Up to 92% of patients in ICU develop delirium, which may be missed without routinely monitoring. Delirium monitoring, though, is often deemed time consuming and dispensable, as mere clinical judgement is considered sufficient. This paper describes the general pitfalls during the introducing of a delirium screening tool and provides tips for daily delirum monitoring.

Kernaussagen

  • Die Einführung eines Delirtests auf Intensivstationen sollte durch Schulungen begleitet werden, um Inhalte und Ziele des Delirmonitorings zu verdeutlichen.

  • Ein Behandlungskonzept zur Prophylaxe und Therapie des Delirs, erstellt gemeinsam von ärztlichem und pflegerischem Personal, erhöht die Akzeptanz für ein Delirmonitoring und verdeutlicht das Ziel.

  • Das Delirmonitoring muss von allen Mitarbeitern des ICU-Teams beherrscht werden, da die Behandlung des Delirs aus pflegerischen, physiotherapeutischen, ärztlichen und medikamentösen Therapieanteilen besteht.

  • Das Delirmonitoring dient nicht nur dem Erfassen oder Ausschluss eines Delirs, sondern auch der Verlaufsdokumentation der Therapie.

  • Die einzelnen Kriterien des Delirtests sollten im Team erläutert, falsch-positive und falsch-negative Befunde diskutiert werden.

  • Falsch-positive Befunde ergeben sich vereinzelt aus dem Vorhandensein einzelner Delirmerkmale, ohne dass das Vollbild des Delirs erreicht wird („subsyndromales Delir„).

  • Die Kombination eines Delirtests mit einem Sedations-Score ermöglicht die Einteilung in die Delir-Subtypen „hypoaktiv“, „hyperaktiv“ und „gemischt„.

  • Da vor allem das hypoaktive Delir leicht übersehen wird, ist das routinemäßige Delirmonitoring die Voraussetzung für prophylaktische Maßnahmen und die Therapie des Delirs und seiner Komplikationen.

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Literatur

Dr. med. Ulf Günther
Prof. Dr. med. Christian Putensen

eMail: u.guenther@uni-bonn.de

eMail: christian.putensen@ukb.uni-bonn.de